Die Spechtmeisen

05. April 2018 | Kleine Vögel | 2 Kommentare

Ein gesprächiger Kleiber hoch oben im Geäst.

Wer derzeit durch den Berliner Grunewald streift, der hört links und rechts in den Bäumen diesen metallisch klingenden Ruf „tuit-tuit-tuit“. Manchmal lassen dieselben Vögel ein meisenähnliches „tsit“ hören oder ihren mal trillernden, mal pfeifenden Gesang. Das klingt dann wie „trürr“ oder „wihe-wihe-wihe …“.

Aber was sind das für Vögel?

Es sind Vertreter der Spechtmeisen, die die meisten unter einem anderen Namen kennen: Kleiber.

Aber „Spechtmeisen“ – das klingt sonderbar und ist doch ungemein passend. Der Begriff fasst Vogelarten in einer Familie zusammen, die einerseits oft  kaum größer als eine Meise sind und sich andererseits am Baumstamm so zu Hause fühlen wie ein Specht. Außerdem haben sie einen kräftigen Schnabel und sind Höhlenbrüter. Der Mauerläufer, den man in Berlin nicht findet, gehört in diese Familie der Spechtmeisen – und ebenso die verschiedenen Kleiberarten. Um den heimischen Kleiber geht es hier.

Alles im Blick und endlich Sonne.

So laut die etwa spatzengroßen Vögel auch rufen, sie zu entdecken, gelingt am ehesten im zeitigen Frühjahr, solange  die Bäume noch unbelaubt sind. Und große Kameraobjektive mögen die Kleiber definitiv nicht. Aber hat man den kleinen Kerl erstmal geortet, dann fällt eines leicht: ihn zu bestimmen.

Denn Kleiber sind die einzigen Vögel, die bei der Nahrungssuche gewöhnlich kopfabwärts am Stamm unterwegs sind. Und bei uns lebt nur eine Kleiberart, nämlich der Europäische Kleiber. Gut zu erkennen ist er an seinem dunklen Augenstreif, der grau-blauen Oberseite und dem weißen Hals.

Versteckspiel mit Kleiber

Da bin ich

Griffig beschrieben, ist die typische Kleiberkletterei in dem vielbändigen Grzimeks Tierleben (Kindler, Zürich, 1970, Bd. IX, S. 305):

Die stämmig gebauten Kleiber greifen hierbei abwechselnd jeweils mit einem Fuß weiter nach unten am Baumstamm, während sie sich mit dem anderen noch oben festhalten. Auch beim Aufwärtsklettern setzen sie den Fuß stets abwechselnd höher.

Dunkler Augenstreif und grau-blauer Rücken sind seine Kennzeichen.

Kein Stützschwanz

Im Gegensatz zu den Spechten nutzt der Kleiber seinen Schwanz nicht als Stütze, wenn er einen Baum hochklettert oder am Stamm sitzt. Und es gibt noch einen Unterschied: Er nistet zwar in Baumhöhlen, aber die meißelt er nicht selbst aus. Das schafft sein Schnabel nicht. Dazu schreibt Alfred E. Brehm, dessen Vater die Kleiber intensiv beobachtet hat (Brehms Tierleben, Leipzig und Wien, 1900, Bd1, Die Vögel, S.191):

Das Nest steht immer in Höhlungen, gewöhnlich in Baumlöchern, ausnahmsweise in Mauer- und Felsritzen. Sehr gern benutzt der kluge Vogel die vom Meister Specht gezimmerten Wohnungen zu seiner Kinderwiege, liebt aber nicht, dass die Thüre seiner Behausung größer sei als es für ihn nötig ist …

Brehm berichtet auch, wie der Kleiber das erreicht: Mit feuchter, möglichst lehmreicher Erde wird das Einflugloch so weit zugekleistert, dass nur ein Kleiberkörper hindurch passt. So schützt er sich vor sogenannten Nestfeinden, die es sich gerne selbst in der Höhle bequem machen würden – wie der Star – oder der Brut gefährlich werden können.

Krabbelt da ein Insekt?

Nein, es geht um Nistmaterial.

Damit ist auch klar, woher der Kleiber seinen wohlbekannten Namen hat: Das Weibchen „klebt“ oder „kleibt“ das Einflugloch so zurecht, dass es für die Vogeleltern und ihre Brut die richtige Durchschlupfgröße bekommt.

Nicht alle der weltweit 15 Kleiberarten „kleben“, und das Material ist bei den „Klebern“ nicht immer lehmhaltige Erde, es kann auch Baumharz sein. Und schließlich gibt es Kleiberarten wie den süd-osteuropäischen Felsenkleiber, der aufwendige Nestkugeln aus Erde baut und davor mit kunstvoller Klebetechnik eine Einflugröhre setzt.

Dünne Beine, lange Zehen und fast ein Spagat.

Europäischer Kleiber | Sitelle torchepot | European Nuthatch | Sitta europaea

Liebe Fans meiner Fotos, ich freue mich, wenn euch das eine oder andere Foto so gefällt, dass ihr es von meiner Website herunterladen möchtet. Allerdings sind alle mit ©Copyright geschützt. Darum fragt mich bitte per E-Mail vor jedem Download. Elke Brüser

2 Kommentare

  1. Ein sehr schöner Artikel. Erst in der vergangenen Woche könnte ich beobachten wie der Kleiber ein Baumloch nach seinen Wünschen bearbeitete. Bei uns hat der Kleiber sich gut vermehrt. Man sieht ihn jetzt immer häufiger. Hier, ist ein Essener Vorort, in der Nähe des Brutale Parks.

    Antworten
    • Das klingt gut, und ich werde künftig gezielt noch umgearbeiteten Einfluglöchern von Spechthöhlen fahnden. Aber vielleicht hat ja jemand ein schönes Foto von der kleibermäßigen Bearbeitung eines Baumhöhlenzugangs. Ich könnte das unter Wahrung des Copyrights im Blog zeigen. Einfach eine Mail an kontakt@fluegelschlag-birding.de.

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Vogel gesucht?

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Du ahnst es vielleicht schon: Im Wort Birding steckt der englische „bird“. Unter Vogelfreunden ist das ein Schlagwort für die Beobachtung der gefiederten Tierwelt – im Feld, wie man so schön sagt. Also draußen. Ein paar Anmerkungen dazu findest du → hier.

Frau mit Fernglas beobachtet etwas in der Ferne

Mit Fernglas und Kamera auf Vogel-„Jagd“ zu gehen, ist mancherorts geradezu ein Sport und von Wetteifer geprägt. Ich halte aber wenig davon, möglichst viele und auch seltene Arten aufspüren zu wollen, um sie akribisch in Listen zu erfassen. Mein Ding ist: stehen bleiben, lauschen und schauen, was Tiere so treiben.

Textes en français

Si cela t’intéresse: Ma chère amie Annie Riou a traduit quelques articles du blog en français. Et depuis 2023 Juliette Rakei, étudiante de la zoologie à Berlin et bilingue, fait des traductions. Merci! Tu les trouves ici.

Vogel des Jahres

Zwei schwarz-weiße Vögel mit teils schillernden Flügeln stehen sich gegenüber, unter ihnen ein kleiner Jungvogel.

2024  Der Kiebitz

Zwei Braunkehlchen sitzen auf einer Distelblüte, es sind Männchen und Weibchen.

2023  Das Braunkehlchen

Ein Rotkehlchen hockt auf einem Ast und füttert mit einem Wurm, den es im Schnabel hält, einen Jungvogel.

2022  Das Rotkehlchen

Wiedehopf mit gesträubter Haube - Ausschnitt aus einer Grafik im "Naumann" Bd.IV

2021  Der Wiedehopf

Eine rosabrüstige Taube sitzt auf einem Ast und blickt mit ihrem roten Auge zu uns.

2020  Die Turteltaube

Vier Lerchenvögel, in der Mitte ein adultes männliches Tier mit kleiner Holle.

2019  Die Feldlerche

Männlicher und weiblicher Star im Frühjahr im Prachtkleid - mit weißen Tupfern auf schwarzem Grund - auf einen Zweig sitzend.

2018  Der Star

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2017  Der Waldkauz

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2016  Der Stieglitz

Seevogel des Jahres

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2024  Der Sterntaucher

Brandseeschwalbe mit schwarzem Schädel und Mähne steht auf einem Felsen am Meer.

2023  Die Brandseeschwalbe

Ein möwenartiger Vogel steht auf einem Felsstein im nordisch anmutenden Meer

2022  Der Eissturmvogel

Der Jahresseevogel 2021 als Zeichnung: Zwei Weißwangengänse mit weißer Stirn und weißer Kehle vor einem nordischen Meer mit steilen Felsen.

2021  Die Weißwangengans

Auf einem Felsvorsprung am Meer steht eine Fluss-Seeschwalbe mit deutlich schwarzer Schnabelspitze. Links eine Zwergseeschwalbe und hinter ihr eine Küstenseeschwalbe.

2020  Die Fluss-Seeschwalbe

Eine schwarzweiß gemusterte Eiderente mit pfirsichfarbener Brust paddelt mit den Füßen im grünlich Meerwasser.

2019  Die Eiderente

Drei Sandregenpfeifer stehen am Meeresstrand. Links das Weibchen, rechts ein blasser gefärbter Jungvogel und in der Mitte das Männchen auf einem Stein. Jungtier

2018  Der Sandregenpfeifer

Vier Eisenten hocken auf Steinen im Wasser: großes männliches Tier mit brauner Brust, helleres weibliches Tier und zwei ebenfalls helle Jungvögel.

2017  Die Eisente

Drei Basstölpel in verschiedenen Altersstufen: weißes Baby, dunkler Jungvogel und weißer Altvogel mit gelblichem Kopf.

2016  Der Basstölpel

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