Die Spechtmeisen

Ein gesprächiger Kleiber hoch oben im Geäst.

Wer derzeit durch den Berliner Grunewald streift, der hört links und rechts in den Bäumen diesen metallisch klingenden Ruf „tuit-tuit-tuit“. Manchmal lassen dieselben Vögel ein meisenähnliches „tsit“ hören oder ihren mal trillernden, mal pfeifenden Gesang. Das klingt dann wie „trürr“ oder „wihe-wihe-wihe …“.

Aber was sind das für Vögel?

Es sind Vertreter der Spechtmeisen, die die meisten unter einem anderen Namen kennen: Kleiber.

Aber „Spechtmeisen“ – das klingt sonderbar und ist doch ungemein passend. Der Begriff fasst Vogelarten in einer Familie zusammen, die einerseits oft  kaum größer als eine Meise sind und sich andererseits am Baumstamm so zu Hause fühlen wie ein Specht. Außerdem haben sie einen kräftigen Schnabel und sind Höhlenbrüter. Der Mauerläufer, den man in Berlin nicht findet, gehört in diese Familie der Spechtmeisen – und ebenso die verschiedenen Kleiberarten. Um den heimischen Kleiber geht es hier.

Alles im Blick und endlich Sonne.

So laut die etwa spatzengroßen Vögel auch rufen, sie zu entdecken, gelingt am ehesten im zeitigen Frühjahr, solange  die Bäume noch unbelaubt sind. Und große Kameraobjektive mögen die Kleiber definitiv nicht. Aber hat man den kleinen Kerl erstmal geortet, dann fällt eines leicht: ihn zu bestimmen.

Denn Kleiber sind die einzigen Vögel, die bei der Nahrungssuche gewöhnlich kopfabwärts am Stamm unterwegs sind. Und bei uns lebt nur eine Kleiberart, nämlich der Europäische Kleiber. Gut zu erkennen ist er an seinem dunklen Augenstreif, der grau-blauen Oberseite und dem weißen Hals.

Versteckspiel mit Kleiber
Da bin ich

Griffig beschrieben, ist die typische Kleiberkletterei in dem vielbändigen Grzimeks Tierleben (Kindler, Zürich, 1970, Bd. IX, S. 305):

Die stämmig gebauten Kleiber greifen hierbei abwechselnd jeweils mit einem Fuß weiter nach unten am Baumstamm, während sie sich mit dem anderen noch oben festhalten. Auch beim Aufwärtsklettern setzen sie den Fuß stets abwechselnd höher.

Dunkler Augenstreif und grau-blauer Rücken sind seine Kennzeichen.

Kein Stützschwanz

Im Gegensatz zu den Spechten nutzt der Kleiber seinen Schwanz nicht als Stütze, wenn er einen Baum hochklettert oder am Stamm sitzt. Und es gibt noch einen Unterschied: Er nistet zwar in Baumhöhlen, aber die meißelt er nicht selbst aus. Das schafft sein Schnabel nicht. Dazu schreibt Alfred E. Brehm, dessen Vater die Kleiber intensiv beobachtet hat (Brehms Tierleben, Leipzig und Wien, 1900, Bd1, Die Vögel, S.191):

Das Nest steht immer in Höhlungen, gewöhnlich in Baumlöchern, ausnahmsweise in Mauer- und Felsritzen. Sehr gern benutzt der kluge Vogel die vom Meister Specht gezimmerten Wohnungen zu seiner Kinderwiege, liebt aber nicht, dass die Thüre seiner Behausung größer sei als es für ihn nötig ist …

Brehm berichtet auch, wie der Kleiber das erreicht: Mit feuchter, möglichst lehmreicher Erde wird das Einflugloch so weit zugekleistert, dass nur ein Kleiberkörper hindurch passt. So schützt er sich vor sogenannten Nestfeinden, die es sich gerne selbst in der Höhle bequem machen würden – wie der Star – oder der Brut gefährlich werden können.

Krabbelt da ein Insekt?
Nein, es geht um Nistmaterial.

Damit ist auch klar, woher der Kleiber seinen wohlbekannten Namen hat: Das Weibchen „klebt“ oder „kleibt“ das Einflugloch so zurecht, dass es für die Vogeleltern und ihre Brut die richtige Durchschlupfgröße bekommt.

Nicht alle der weltweit 15 Kleiberarten „kleben“, und das Material ist bei den „Klebern“ nicht immer lehmhaltige Erde, es kann auch Baumharz sein. Und schließlich gibt es Kleiberarten wie den süd-osteuropäischen Felsenkleiber, der aufwendige Nestkugeln aus Erde baut und davor mit kunstvoller Klebetechnik eine Einflugröhre setzt.

Dünne Beine, lange Zehen und fast ein Spagat.

Europäischer Kleiber | Sitelle torchepot | European Nuthatch | Sitta europaea



Liebe Fans meiner Fotos, ich freue mich, wenn euch das eine oder andere Foto so gefällt, dass ihr es von meiner Website herunterladen möchtet. Allerdings sind alle mit ©Copyright geschützt. Darum fragt mich bitte per E-Mail vor jedem Download. Elke Brüser

2 Kommentare zu “Die Spechtmeisen

  1. Ein sehr schöner Artikel. Erst in der vergangenen Woche könnte ich beobachten wie der Kleiber ein Baumloch nach seinen Wünschen bearbeitete. Bei uns hat der Kleiber sich gut vermehrt. Man sieht ihn jetzt immer häufiger. Hier, ist ein Essener Vorort, in der Nähe des Brutale Parks.

    1. Das klingt gut, und ich werde künftig gezielt noch umgearbeiteten Einfluglöchern von Spechthöhlen fahnden. Aber vielleicht hat ja jemand ein schönes Foto von der kleibermäßigen Bearbeitung eines Baumhöhlenzugangs. Ich könnte das unter Wahrung des Copyrights im Blog zeigen. Einfach eine Mail an kontakt@fluegelschlag-birding.de.

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