Salzberger Schwalbengeschichte

08. April 2018 | Vogelbücher | 6 Kommentare

Cover von "Die Salzberger Schwalbengeschichte" mit einem Fenster durch das eine Schwalbe hinausfliegt.Hoffentlich werde ich nicht dafür gescholten, dieses Buch so zu loben. Aber die Autorin Else Thomé, ausgebildet als Innenarchitektin, hat ihre jahrelangen Beobachtungen mehrerer Generationen von Rauchschwalben mitreißend zu Papier gebracht. Detailgenau und unterhaltsam sind ihre Beschreibungen der Schwalbenfamilien, die in ihrem Berchtesgardener Künstlerhaus auf dem Ofenrohr, auf einem Brettchen über der Ateliertür und sonst wo gebrütet haben.

Allerdings muss man es aushalten, dass Else Thomé das Verhalten „ihrer“ Rauchschwalben, von denen sie viele individuell kannte und nach der Rückkehr aus dem afrikanischen Winterquartier wie alte Bekannte begrüßte, ihren eigenen Wertvorstellungen folgend kommentiert oder auch bemisst. Und die stammen aus der Mitte des letzten Jahrhunderts.

Über die Beurteilungen dessen, was Herr und Frau Schwalbe und deren Kinder tun, kann man sich ärgern, sie so hinnehmen oder auch lächeln. Mir gelang letzteres, zumal die Autorin wusste, dass sie hier ihre Maßstäbe ansetzte.

Ein paar Kostproben

Nun ein paar Kostproben aus dem Buch, das ich antiquarisch ergattern und dessen Titel ich abfotografieren konnte. Es ist mit vielen Zeichnungen der Autorin und mit Fotos garniert:

Der Schwälber aus dem Vorjahr, der im Haus ein Nest gebaut hatte, ohne ein Weibchen mitzubringen, kommt aus dem Winterquartier in Afrika zurück und alles ist anders (S. 21):

Er gewann das Herz einer Schwalbendame. Sie war zart und hübsch, bedeutend kleiner als er und sichtlich beeindruckt von seiner bezwingenden Männlichkeit und der komfortablen weitläufigen Häuslichkeit, die er ihr bieten konnte.

Und als die Jungen geschlüpft sind (S. 22):

Es war wirklich ein rührendes Bild, wenn die beiden Eltern ab und zu auf dem Nestrand saßen und stolz und aufmerksam ihre für uns noch unsichtbaren Kinder betrachteten.

Als ein Junges frühzeitig das Nest im Haus verlässt (S. 25):

Zum Glück hatten die Eltern den Ausreißer erspäht. War das eine Aufregung! Die vier im Nest schrien aus Leibeskräften hinterher, die Eltern sausten um die Tanne, der Vater mit schrillen Schreien, die sicher keine Freundlichkeiten für seinen tatendurstigen Sprößling bedeuteten. Die Mutter war die erste, die zur ruhigen Überlegung zurückkehrte.

Und als später ein Schwälber aus unerfindlichen Gründen die Eier aus dem Nest bucksierte, tadelt die Autorin (S. 89):

Ich muss schon sagen, ich hätte es verstanden, wenn sie nun diesen Rohling von einem Mann verlassen hätte. Aber sie blieb da.

Auch die Schwalbendame, die sich pflegt, während ihr Schwälber die Jungen füttert, bekommt einen Tadel (S. 103):

Und was macht die Mutter inzwischen? Sie machte noch einen kleinen, ganz privaten Abendausflug, setze sich dann auf den neuen Ast in der Veranda und pflegte sich. Reizend sah sie aus, das muss man zugeben, auch wenn … ihre Einstellung, selbst Lebeschön zu machen, während der Mann bis in die Nacht für zweie arbeitete, nicht kritiklos gebilligt werden konnte.

Else Thomé hat ausführlich Tagebuch geführt über die vielen Bruten von Rauchschwalben in ihrem Salzberger Haus – nicht umsonst wird die Rauchschwalbe als innere Hausschwalbe bezeichnet. Und sie hat den Vögeln alle möglichen Nistplätze, Schlaf- und Ruheplätze gestattet und sogar Fliegen im Kuhstall des Nachbarn gefangen, als die Jungen bei einem Kälteeinbruch zu verhungern drohten.

Wer das Buch liest, erfährt unglaublich viel über die Verpaarung, das Brut- und Zugverhalten von Rauchschwalben und speziell deren sehr individuelle Eigenarten. Und was die subjektive Perspektive der Autorin angeht: Es ist ja keine wissenschaftliche Abhandlung, sondern eben eine Schwalbengeschichte.

Die Salzberger Schwalbengeschichte
Autorin: Else Thomé
Verlag: Ullstein
Jahr: 1959 (antiquarisch und in Stadtbibliotheken)

Liebe Fans meiner Fotos, ich freue mich, wenn euch das eine oder andere Foto so gefällt, dass ihr es von meiner Website herunterladen möchtet. Allerdings sind alle mit ©Copyright geschützt. Darum fragt mich bitte per E-Mail vor jedem Download. Elke Brüser

6 Kommentare

  1. Ich wüsste gern mehr über Else Thome! Kann aber nirgends etwas finden, bin schon seit Jahrzehnten auf der Suche. Kann mir da jemand helfen?
    Beste Grüße und danke!
    M. Asad

    Antworten
    • Hallo Michael, ich weiß leider auch nur das, was sich im Internet über die Malerin und Buchautorin finden lässt. Aber ich denke, der Heimatverein Berchtesgarden ist eine gute Adresse für Anfragen zu ihrer Person.

  2. Hallo, vorgestern ist das Buch „im Herzen des Tals“ eingetroffen.
    Es ist eine Freude darin zu lesen!
    Danke für den Tipp und alles Gute für 2021

    Antworten
    • Auch von mir alles Gute für das komende Jahr. Und die Geschichte „Im Herzen des Tals“ ist wirklich herzerwärmend.

  3. Hallo,
    die Salzberger Schwalbengeschichte ist eine wundervolle und schön geschriebene Geschichte von den Schwalben!
    Ich habe das Buch vor ca. 15 Jahren gebraucht gekauft und mittlerweile schon zwei mal gelesen. Nun sind wieder ein paar Jahre seit dem letzten Mal vergangen vergangen und ich werde es dank der hier gelesenen Erinnerung an das Buch noch einmal lesen.

    Liebe Grüße und ein schönes Weihnachtsfest
    Michael

    Antworten
    • @ Michael Ja, die „Salzberger Schwalbengeschichte“ kann man mehrmals lesen, gerade jetzt ist es auch etwas für die Seele. Ein anderes schönes Buch über das Vogelleben – und wie aus der Perspektigv der Vogels geschrieben – ist „Im Herzen des Tals„. Es ist quasi die Lebensgeschichte der Heckenbraunelle. Meine kurze Besprechung findest du in der Rubrik „Schöne Bücher“. Auch dir wünsche ich alles Gute und ein schönes Weihnachtsfest!

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Birding

Du ahnst es vielleicht schon: Im Wort Birding steckt der englische „bird“. Unter Vogelfreunden ist das ein Schlagwort für die Beobachtung der gefiederten Tierwelt – im Feld, wie man so schön sagt. Also draußen. Ein paar Anmerkungen dazu findest du → hier.

Frau mit Fernglas beobachtet etwas in der Ferne

Mit Fernglas und Kamera auf Vogel-„Jagd“ zu gehen, ist mancherorts geradezu ein Sport und von Wetteifer geprägt. Ich halte aber wenig davon, möglichst viele und auch seltene Arten aufspüren zu wollen, um sie akribisch in Listen zu erfassen. Mein Ding ist: stehen bleiben, lauschen und schauen, was Tiere so treiben.

Textes en français

Si cela t’intéresse: Ma chère amie Annie Riou a traduit quelques articles du blog en français. Et depuis 2023 Juliette Rakei, étudiante de la zoologie à Berlin et bilingue, fait des traductions. Merci! Tu les trouves ici.

Vogel des Jahres

Drei dunkle Hausrotschwänze in einer Grafik. Links der weibliche Vogel rechts davon der männliche, beide mit roten Schwanzfedern. Der männliche Vogel ist an weißen Federn am Kopf und auf den Flügeln zu erkennen. Ganz rechts auf der Grafik und neben den Eltern ein dunkelbraun-grauer Jungvogel.

2025 Der Hausrotschwanz

Zwei schwarz-weiße Vögel mit teils schillernden Flügeln stehen sich gegenüber, unter ihnen ein kleiner Jungvogel.

2024  Der Kiebitz

Zwei Braunkehlchen sitzen auf einer Distelblüte, es sind Männchen und Weibchen.

2023  Das Braunkehlchen

Ein Rotkehlchen hockt auf einem Ast und füttert mit einem Wurm, den es im Schnabel hält, einen Jungvogel.

2022  Das Rotkehlchen

Wiedehopf mit gesträubter Haube - Ausschnitt aus einer Grafik im "Naumann" Bd.IV

2021  Der Wiedehopf

Eine rosabrüstige Taube sitzt auf einem Ast und blickt mit ihrem roten Auge zu uns.

2020  Die Turteltaube

Vier Lerchenvögel, in der Mitte ein adultes männliches Tier mit kleiner Holle.

2019  Die Feldlerche

Männlicher und weiblicher Star im Frühjahr im Prachtkleid - mit weißen Tupfern auf schwarzem Grund - auf einen Zweig sitzend.

2018  Der Star

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2017  Der Waldkauz

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2016  Der Stieglitz

Seevogel des Jahres

Drei schwarzköpfige Möwen im sogenannten Prachtkleid oder Brutkleid. In der Mitte steht die Lachmöwe mit orangerotem Schnabel und ebensolchen Beinen.

2025  Die Lachmöve

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2024  Der Sterntaucher

Brandseeschwalbe mit schwarzem Schädel und Mähne steht auf einem Felsen am Meer.

2023  Die Brandseeschwalbe

Ein möwenartiger Vogel steht auf einem Felsstein im nordisch anmutenden Meer

2022  Der Eissturmvogel

Der Jahresseevogel 2021 als Zeichnung: Zwei Weißwangengänse mit weißer Stirn und weißer Kehle vor einem nordischen Meer mit steilen Felsen.

2021  Die Weißwangengans

Auf einem Felsvorsprung am Meer steht eine Fluss-Seeschwalbe mit deutlich schwarzer Schnabelspitze. Links eine Zwergseeschwalbe und hinter ihr eine Küstenseeschwalbe.

2020  Die Fluss-Seeschwalbe

Eine schwarzweiß gemusterte Eiderente mit pfirsichfarbener Brust paddelt mit den Füßen im grünlich Meerwasser.

2019  Die Eiderente

Drei Sandregenpfeifer stehen am Meeresstrand. Links das Weibchen, rechts ein blasser gefärbter Jungvogel und in der Mitte das Männchen auf einem Stein. Jungtier

2018  Der Sandregenpfeifer

Vier Eisenten hocken auf Steinen im Wasser: großes männliches Tier mit brauner Brust, helleres weibliches Tier und zwei ebenfalls helle Jungvögel.

2017  Die Eisente

Drei Basstölpel in verschiedenen Altersstufen: weißes Baby, dunkler Jungvogel und weißer Altvogel mit gelblichem Kopf.

2016  Der Basstölpel

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