Der November ist nicht gerade der Monat, der mich und viele andere Vogelfreunde begeistern könnte: Viele Gefiederte sind längst gen Süden abgeflogen, im Wald ist es ungewöhnlich ruhig und die Wintergäste aus dem hohen Norden sind bei uns noch nicht eingetroffen.
Allerdings lohnt es sich, selbst an trüben Regentagen, genauer hinzuschauen, was die ortstreuen Vertreter unter den geflügelten Mitbewohner so treiben.
In Berlin sind das zum Beispiel die Nebelkrähen.
Rabenvögel: weitverbreitete Sippschaft
Nebelkrähen gehören neben den nahverwandten Rabenkrähen zur Familie der Rabenvögel (Corvidae). Während die schwarz-grau gezeichnete Nebelkrähe östlich der Elbe verbreitet ist, kennen „Westdeutsche“ vor allem die schwarze Rabenkrähe.
Auch die Saatkrähen, Dohlen, Kolkraben, Eichelhäher und – als etwas entferntere Verwandte – die Elstern zählen zu den Rabenvögeln. Weltweit gehören der Familie rund 120 Arten an. Man bezeichnet die gesamte systematische Gruppe auch als Corviden oder Krähenverwandte.
Fast überall auf der Welt lebt die eine oder andere Rabenart, etwa schwarz-weiße Schildraben in der afrikanischen Savanne oder die rotfüßige Alpenkrähe im Hochgebirge.
Bei den meisten Vertretern ist das Federkleid schwarz-weiß oder hellgrau gemustert. Es gibt allerdings auch farbenprächtige Arten. Dazu gehört unser Eichelhäher.
Für die starke Ausbreitung der Corviden gibt es Gründe. Einer davon ist sicher ihre beeindruckende Lern- und Anpassungsfähigkeit. Bezogen auf das Nahrungsspektrum lese ich im Urania Tierreich (Rowohlt Taschenbuch Verlag, 1974, Bd. 6) auf Seite 360
Da sie in der Nahrung nicht gerade wählerisch sind, konnten manche weit nach Norden und in Bergeshöhen vordringen, und brauchen in der ungünstigen Jahreszeit auch kaum in wärmere und beutereichere Gebiete auszuweichen.
Auf der Dachrinne
Von meinem Büro im Dachgeschoss aus kann ich die schwarz-grauen Gefährten das ganze Jahr über beobachten, denn in Berlin sind sie Standvögel – mit anderen Worten: Sie bleiben auch im Winter vor Ort. Die meiste Zeit des Jahres sind Nebelkrähen als Paar unterwegs. Nur wenn im Frühjahr die Jungen flügge sind und das Nest verlassen, sorgt das mehrköpfige Familienleben durch Bettelrufe und allerlei Flugübungen für Unruhe.
Kürzlich saß ein Nebelkrähenpaar wieder einmal auf der Dachrinne des Nachbarhauses, in der sich immer so einiges zwischen herabgefallenem Laub und Tannennadeln finden lässt. Auch Elstern und Sperlinge suchen hier nach Nahrung.
Die Nebelkrähen hatten an diesem Regentag allerdings einen anderen Plan: Eine von ihnen hatte ein Stück trockenes Brot aufgetrieben, und das wurde nun mit dem Fuß festgehalten, mit dem Schnabel bearbeitet und stückchenweise eingeweicht. Der hohe Wasserstand in der Dachrinne, deren Abflüsse meist durch Blätter oder kleine Zweige verstopft sind, war dafür ideal.
Ich hatte solches Einweichen auch im Frühsommer mehrmals beobachtet, allerdings nutzten die wirklich schlauen Vögel damals meine Wasserstelle für die Kleinvögel im Garten. Mal fand ich darin ein halbes Brötchen, mal ein Stück von einer Toastscheibe oder Reste von einem Schokokeks … sie waren wohl satt. Leider habe ich damals kein Foto gemacht, und das von dem jungen Haussperling, den eine Krähe erbeutet und dort eingeweicht hatte, möchte ich niemandem zumuten.
Mit dem linken Fuß gehaltenes Futter abknabbern, eintauchen und fressen.
Was auf den ersten Blick vielleicht verwundert, das ist, dass die zweite Krähe nah und doch ganz gelassen neben dem Einweicher sitzt. Sie versucht nicht, etwas zu stibitzen. Auch das konnte ich bei den Nebelkrähen in unserem Garten oft beobachten. Es gibt keine Streitereien um Futter: Wer hat, der hat!
Soziale Tiere
Familienangehörige – insbesondere Jungvögel – werden förmlich herbeigerufen, wenn eine Krähe auf reichlich Futter gestoßen ist. Es sind eben sehr soziale Tiere. Das Gemeinschaftliche im Alltag der Paare erstaunt mich immer wieder: Fliegt der eine Partner weg, fliegt der andere kurz darauf hinterher. Und wenig später sitzen dann beide auf dem nächsten Dachfirst oder im Geäst einer Robinie wieder nah beieinander.
Nebelkrähe | Corneille mantelée | Hooded Crow | Corvus cornix
Hallo Elke,
ach, wie schön ich es immer finde, wenn ich mal auf solch sonnige Krähen-Posts stoße, in denen die Krähe an sich nicht als ungewollter Balkon- oder Fenstergast verteufelt wird.
Ich habe auch 2-3Nebelkrähen, die mich regelmäßig besuchen kommen. Meinen lustigsten Clown nenne ich „Kalle“. Kalle kommt sehr oft um Fundfutter im Napf einzuweichen. Darunter sind auch Brötchen, Toastscheiben und allerlei anderes, nicht wirklich lecker aussehendes Zeug ?
Das spannendste (und auch wieder sehr eklige) war aber mal eine Plasteschale, die noch zum Viertel mit Eiersalat gefüllt war. Es war sehr windig und das Schälchen fiel 2x vom Balkon. Kalle holte es sich wieder und DANN stellte er das Schälchen IN die Wasserschale und lies es dort schwimmen, als wüsste er, dass es dort nicht mehr weg kann. Er naschte etwas und flog dann davon, kam im Laufe des Tages aber immer wieder, um sich einen Happen zu gönnen.
Am Abend habe ich das dann entsorgt.
Wirklich schlaue Tiere!
Und wie gut er mich mittlerweile auch lesen kann. Die anderen beiden, die seltener da sind, schrecken schnell hoch, wenn ich mich bewege. Kalle aber (und das gilt auch für „Trullala“, eine Taube) bleiben ganz relaxt. Geht meine Hand zum Schränkchen wissen sie scheinbar genau, dass ich ein paar Leckerlis für sie habe, denn dann gehen sie an den Rand des Balkons und beobachten mich genau, als würden sie warten, was da kommt. Stehe ich aber gemütlich auf, bleiben sie genau dort, wo sie sind und schauen mir nach, als wüssten sie, dass ich nur reingehe und nicht ans Futterplätzchen komme.
Ich liebe es!
Vielen Dank nochmal für deinen schönen Post.
Diana
Hallo Diana,
wunderbar, dass du deine schönen Beobachtungen mit uns teilst. Manchmal bemerkt man auch, dass Krähen etwas vor uns (oder anderen potenziellen Konkurrenten) verstecken wollen – z.B. KrähenMix hortet Brekkies Sie blinzeln dann meist zu uns herüber – und tun so, als wenn nichts wäre.
Und übrigens, einer meiner Ringeltauben, der mutigsten, habe ich auch einen Namen gegeben. Sie sollte erst Erna heißen, aber das schien mir angesichts ihrer stolzen Schönheit unangemessen. Sie heißt jetzt Kleopatra … und manchmal kommt sie mit Cäsar.
Das sind so die kleinen Freuden im Alltag.
Ich grüße dich, Elke!
Guten Morgen liebe Elke! Wir sind anscheinend beide rege Krähenbeobachter. Seit gut 8 Monaten besuchen uns regelmäßig 2 (kurzzeitig 3) Krähenvögel….das Einweichen des Essens ist mir sehr vertraut. Ich stelle ihnen stets eine Wasserschale zum Essen dazu.
Ich bilde mir ein, dass es Nebelkrähen sind. Eine der beiden Hauptvögel ist schwarz mit einem hellen Unterkleid…ich dachte immer dass sie jung ist, aber kann es sein, dass sie eine Mischart ist? Ich freue mich auf eine Antwort und bedanke mich für deine Website 🙂 Gudrun aus Wien
Liebe Gudrun, ja, es ist immer unterhaltsam, den klugen und verspielten Krähenvögeln zuzuschauen – und gerade in Großstädten bietet sich das an. Zu deiner Frage: In Österrreich brüten sowohl Nebelkrähen als auch Rabenkrähen. Und die Arten hybridisieren – also sie mischen sich. In Berlin habe ich einen solchen Vogel länger beobachtet und vielleicht schaust du wegen der Gefiederfarben noch auf den Blogpost, der damals entstanden ist „KrähenMix hortet Brekkies“: https://fluegelschlag-birding.de/ornithologie/kraehenmischling/ Jedenfalls haben Nebelkrähen einen grauen Körper, Flügel und Kopf sind schwarz. Die Rabenkrähe ist gänzlich schwarz. Der genetische Mix aus beiden ergab dann in Berlin einen Nachkömmling, der etwas gesprenkelt aussieht.