Meist sieht man ihn als dunkle Silhouette – einen Vogel, der oft bewegungslos auf einem Pfahl, einem Seezeichen oder auf einem Baum nah am Wasser sitzt. Wer aber genauer hinschaut, am besten mit einem Fernglas, der erkennt ein faszinierendes Lebewesen. Welch ein Gesicht: diese grün schimmernden Augen, diese gelb-weißen Wangen und der kräftige Hakenschnabel.
Dunkelbraune oder schwärzliche Töne, oft mit metallischem Schimmer, herrschen im Gefieder der Kormorane vor.
So charakterisiert das immer wieder lesenswerte Urania Tierreich die Familie der Kormorane, die weltweit mit über 20 Arten vertreten ist. (Rowohlt Taschenbuch Verlag, 1974, Vögel Bd.1, S. 62)
Der aparte Ruderfüßer
Im Winter – bevor die Verpaarung beginnt – zeigen sich Kormorane in ihrem Prachtkleid:
Feine weiße Federn sprießen im Nackenbereich und auf dem Kopf.
Und an den Flanken wachsen den Vögeln weiße Federn und bilden einen leuchtenden Fleck.
Wirklich apart ist dieses Exemplar, das mir im Januar 2019 an der Berliner Havel begegnete. Dort hockte der Kormoran auf einem Seezeichen für die Binnenschifffahrt.
Unbedingt muss ich auf die Füße zusprechen kommen, die so charakteristisch für die Gruppe der Ruderfüßer sind, zu der neben den Pelikanen unter anderem die Basstölpel gehören.
Alle Ruderfüßer – auch Ruderfüßler genannt – sind tauchende Fischfresser. Für den Antrieb unter Wasser sorgen nicht die Flügel, sondern ihre großflächigen Füße, bei denen sich zwischen allen vier Zehen eine Schwimmhaut aufspannt.
Das ist bei Schwänen, Enten und anderen Wasservögeln anders: Da werden nur die drei Vorderzehen durch Schwimmhäute verbunden, und die mehr oder minder lange Hinterzehe ragt nach hinten.
Noch ein Charakteristikum der Ordnung Ruderfüßer möchte ich erwähnen: Die Speiseröhre dieser Fischjäger ist sehr weit. Das passt dazu, dass die Jungvögel sich hier versorgen, das heißt ihren Kopf weit hineinstecken, um sich Fisch herauszuholen.
Fischender Tieflieger
Auf dem Wasser schwimmend, ist der Kormoran ein echter Tieflieger. Von seinem Rumpf ist dann noch weniger zu sehen als bei Tauchenten, die auch schon deutlich tiefer liegen als zum Beispiel eine Stockente.
Diese Tieflage hat damit zu tun, dass Kormorane schwere Knochen und eine andere Technik zu fischen haben, als etwa Basstölpel. Während diese sich aus der Luft fast senkrecht ins Meer stürzen, tauchen schwimmende Kormorane einfach ab. Danach nutzen sie ihre beiden Füße wie ein Paddel oder Ruder (Urania Tierreich, S. 62):
Unter Wasser halten sie die Füße eng beieinander; so wirken sie als einheitliches Ruder. Die Flügel werden nicht bewegt, der recht lange, derbfedrige Schwanz dient als Steuer.
Der Kormoran begegnet einem aber selten im Wasser, meist hockt er im Trockenen. Sein Rumpf ist dann gestreckt, hoch aufgerichtet, oder die Flügel sind nach Tauchgängen – während das Tier noch verdaut – zum Durchtrocknen weit ausgebreitet.
Vor allem an der Nordsee und der Havel in Berlin habe ich oft Kormorane beobachtet, aber auch an der Atlantikküste der französischen Bretagne und natürlich in Mecklenburg-Vorpommern. Dort nämlich gibt es mit über 20.000 Individuen den größten Bestand in Deutschland und viele große Brutkolonien. (Alle Fotos lassen sich durch Anklicken oder Wischen vergrößern.)
Die Fischfänger: Kormoran und Mensch
An Fischteichen und vielen fischreichen Gewässern ist der Kormoran bis heute ein ungeliebter Gast, denn hier konkurriert er mit Fischern und Anglern um die Ressource Fisch.
Der Abschuss des „Fischräubers“ und Umweltgifte wie PCB und DDT haben Mitte des letzten Jahrhunderts seinen Bestand in Mitteleuropa geradezu ausgelöscht. Doch nachdem die Art unter Schutz gestellt wurde, hat sich der Kormoran in Deutschland an vielen Flüssen, Seen und Teichen, an der Nord- und Ostseeküste wieder festgesetzt und brütet.
Obwohl der Vogel heute unter Schutz steht, wird er in Konfliktsituationen doch geschossen – Ausnahmegenehmigungen machen das möglich. Davon hält der Naturschutzbund Deutschland (NABU) allerdings wenig.
Besonders viele Kormorane brüten in Mecklenburg-Vorpommern (Der Falke 57, Sonderheft 2010, S. 4-9). Dort wurden laut Kormoranbericht 2017 etwa 14.000 Paare ermittelt. Und was fressen die Vögel?
Kormorane speien Fischgräten und Fischschuppen in Form eines Gewölles wieder aus. Die Analyse solcher Proben und von frisch ausgewürgten Nahrungsresten ergab, dass sie sich den Magen gern mit Karpfen- und Barschartigen vollschlagen. Allerdings waren auch vielfach Stichlingsreste und über 20 andere Fischarten in den ausgewerteten Proben. (Der Falke 57, S. 21-25)
Während hierzulande Fischer auf Kormorane nicht gut zu sprechen sind, werden sie in asiatischen und afrikanischen Ländern traditionell als Fischfänger eingesetzt. Die zahmen, wie Haustiere gehaltenen Vögel, kommen mit aufs Boot oder Floß.
Ein Band, das dem Vogel um den Hals gelegt wird, soll verhindern, dass er einen erjagten Fisch verschlucken kann. Und da Kormorane nicht versuchen, ihre Beute unter Wasser zu verschlingen, sondern sie zuvor an Land bringen, kann der Fischer sie ihnen abnehmen, sobald sie wieder an Bord sind.
Und wenn es heiß wird
An der Nord- oder Ostsee wird es fast nie extrem heiß, und fast immer weht eine kühlende Brise. Wohl darum fiel mir in nördlichen und ostdeutschen Bundesländern nie auf, was ich einmal in Frankreich beobachten konnte.
Dort nisteten Kormorane auf einem kleinen Teich, als die Temperaturen weit über 30° C kletterten. Und da Vögel nicht schwitzen, mussten sie die aufgestaute Wärme aus dem Körper anders loswerden: Sie hechelten wie ein Hund.
Kormorane sieht man bei uns auch in Wintermonaten. Vielleicht ermöglicht dieser Blogbeitrag einen anderen, vor allem interessierten Blick auf den oft geschmähten schwarzen “Fischräuber”. Das würde mich freuen.
Kormoran | Cormoran huppé | Great Cormorant | Phalacrocorax carbo
Hallo Elke,
bei uns bildet sich kein Guano da wir nicht das trockene Klima von Südamerika oder Namibia haben. Warum diese Verklärung? Bei uns entsteht höchstens Jauche. In Niederhof bildet diese große Pfützen in denen die Jungen, die bei Flugversuchen aus den Nest, fallen ersaufen.
„Guano, diesen natürlichen Dünger, der reich an Kalk, Stickstoff und Phosphaten ist“ Seltsam ständig höre ich wie schädlich die Eutrophierung ist – wenn sie von Kormoranen kommt ist sie nun plötzlich toll? Und da geht nicht nur ein Baum ein sondern es kommt zum Absterben ganzer Inseln denen dann der Halt fehlt und die erodieren, im Wasser versinken. (Und wieso eigentlich erst jetzt wenn es schon immer so viele Kormorane gegeben hätte müssten die Inseln doch schon vor Jahrhunderten zerstört worden sein?) Auch der Einfluss auf andere Arten ist beträchtlich, nach Besiedlung einer Insel durch die Kormorane nahm der dortige Brutbestand an Vogelarten von über 8000 Brutpaaren auf knapp 900 ab, wobei ich nicht sicher bin ob 600BP Kormoran nicht schon mitgezählt sind.
Von Wissenschaftlern wie von Journalisten erwarte ich eine sachliche Darstellung des Sachverhaltes.
Grüße Max
Hallo Max,
die Kormorane scheinen dich sehr zu beschäftigen. Du hast vermutlich übersehen, dass ich mit der Zusammensetzung des Kots auf eine Anfrage hin kurz erklären wollte, warum die Bäume absterben. Und es ist doch interessant zu sehen, dass viele Dinge zwei Seiten haben: hier der Gestank und das Absterben von Bäumen – ganzen Inseln wie du schreibst – dort der wirtschaftliche Faktor; ich sprach bewusst von dem Guanokormoran und Südamerika. In Namibia gibt es wiederum andere Kormoranarten, und dort hat man tatsächlich auf dem Meer Plattformen errichtet, um den Guano-Kot-Dünger einfacher ernten zu können.
Ich denke, ich muss dazu nicht mehr sagen, denn Guano war nicht das Thema meines Blogposts, sondern der fischfangende Ruderfüssler.
Ich grüße dich und wünsche eine angenehme Advents- und Weihnachtszeit.
Hallo Elke,
ich hatte mich nur gewundert da ich schon Kormorane – mit Stichlingen im Schnabel – beim Fressen über Wasser gesehen hatte. Auch Fotos davon kenne ich, es sollte also bei mir nicht die Ausnahme gewesen sein. Möglicherweise hängt dies damit zusammen ob sie die Fische tauchend oder gründelnd erbeuten.
Von Fischteichen sprach ich nicht, ich meinte die Kormorane der chinesischen Fischer (mit der Schnur um den Hals) die du beschrieben hast.
Den Verzehr großer Fische konnte ich an der Saale beobachten als dort die Kormorane im Winter Barben >40cm fraßen. Obwohl – laut NABU kann ich das gar nicht gesehen haben da die Kormorane in Sachsen-Anhalt keine Barben fressen, das hätten Untersuchungen ergeben.
„Die Info präziser“ machen – das ist derzeit nicht der wirkliche Anspruch der Artikel hat erst mal Korrekturen der Fehler nötig.
Max
Hallo Max,
das ist doch eine schöne Ergänzung, dass du gesehen hast, dass kleine Fische wie etwa Stichlinge auch über Wasser verschluckt werden. Die meisten Tiere sind in ihrem Verhalten ja recht flexibel, was dann ihr Überleben sichert. Und es ist keine Frage, dass Kormorane auch große, also auch Speisefische, vertilgen – wie ich es in diesem Blogpost zum Kormoran ja bereits beschrieben habe. Darum wundert es mich nicht, dass sich an der Saale Kormorane auch über Barben hermachen. Aber die von mir zitierte Literatur bezieht sich auf Untersuchungen in Kormorankolonien von Mecklenburg-Vorpommern. Darin kann man nachlesen, dass etwa Pötz und Flussbarsch öfter gefressen wurden… (Hier gerne nochmals die Quelle: Der Falke 57, Sonderheft 2010, S. 21 -25).
Fehler kann ich in meinem Text nicht entdecken.
Viele Grüße aus Berlin, Elke
Hallo Elke,
Dein Beitrag über die Kormorane war sehr interessant zu lesen.
Es ist anregend einen Text zu lesen, der von jemanden verfasst wurde, die gleichzeitig Wissenschaftlerin und Journalistin ist. Disziplinen die sich so gut ergänzen können, einerseits das Wissen und dann auch der Umgang mit der Sprache.
Du schreibst „Und da Kormorane nicht versuchen, ihre Beute unter Wasser zu verschlingen“ – ist das typisch für die Kormorane oder ist dies nur bei den Fischereikormoranen der Fall?
Grüße
Max
Hallo Max, das ist natürlich ein großes Lob, das mich sehr freut. Aber zu deiner Frage: Unter Wasser verschlingen Kormorane kleine Beute – wie Stichlinge oder Sandaale – und darum hast du Recht, dass man vor allem an Fischteichen beobachten kann, wie sie mit einem Fisch auftauchen. Denn dort sind viele große Exemplare zu fangen. In Grzimeks Tierleben (1968, Bd.7, S.165) steht: „Große Tiere werden an die Wasseroberfläche gebracht, in die Luft geworfen, aufgefangen und mit dem Kopf voran verschluckt.“ Also danke für deine Nachfrage, das macht die Info präziser.
hallo elke, gestern konnten wir bei der pfaueninsel wieder einmal eine kleine kormorankolonie beobachten. einige davon trockneten fleißig ihre flügel durch aufspannen. soweit ich weiß, ist das auch eine besonderheit dieser vögel: sie müssen sich nach einem tauchgang trocknen. ansonsten sitzen sie ja wirklich überall rum, sogar am teltowkanal. und wenn die kolonie größer ist und meistens in hohen bäumen hockt, sind die überlebenschancen der bäume sehr gering….
grüße
charly
Du hast natürlich Recht, Charly, wenn Kormorane auf einem Baum nisten, geht der mit der Zeit kaputt. Der scharfe Kot der Fischfresser lässt ihn absterben. Andererseits bildet der Kot von Kormoranen den Guano, diesen natürlichen Dünger, der reich an Kalk, Stickstoff und Phosphaten ist. Die gewaltigen Schichten des Guanokormorans (Phalacrocorax bougainvilliorum) werden in Südamerika systematisch abgebaut. Übrigens auch an der Küste von Namibia, wo andere Kormoranarten leben.