Schon oft habe ich mich gefragt, warum bei uns so unterschiedliche Naturschutzschilder in der Landschaft stehen, deren Funktion zwar ersichtlich ist: Natur schützen!, deren konkrete Bedeutung aber vielen Menschen vermutlich nicht klar ist – zumal Sinn und Zweck in der Regel nicht ausformuliert sind und eine klare Ansage fehlt.
Wer viel in der Natur unterwegs ist, fragt sich irgendwann, wer die Schilder zum Natur- und Landschaftsschutz überhaupt wahrnimmt und wie die Hinweise das Verhalten der Hundefreundin oder einer Picknick-Gesellschaft, des Kitesurfers oder einer Drohnenpilotin beeinflussen – beziehungsweise warum der Einfluss vielfach nicht ersichtlich ist.
Keinerlei Verständnis habe ich für jene Mitmenschen, die Naturschutzschilder mit Farbe besprühen, sie bekleben oder als Zielscheibe benutzen.
Was nämlich tun diejenigen, die den Naturschutz missachten, anderes als die Bedürfnisse von Feldlerche oder Teichhuhn, Igel oder Brandmaus zu ignorieren.
In diesem Sommer hat das Bezirksamt von Steglitz-Zehlendorf in Berlin diese Missachtung einmal perspektivisch gewendet. Vielleicht erreicht man mit solchen Plakaten tatsächlich mehr Bade-, Picknick- und Partygäste am Schlachtensee und der Krummen Lanke, wo Uferzonen oft vermüllt sind.
Wozu Naturschutz?
Dass besondere Hinweisschilder ein naturgeschütztes Gebiet als solches kennzeichnen sollen, steht im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG). Dessen Ziele im Rahmen von Naturschutz und Landschaftspflege sind allseits zugänglich bereits im ersten Paragraphen definiert. Ich muss sie hier also nicht wiederholen. Aber ein Punkt ist mir seit Jahrzehnten besonders wichtig:
Es reicht nicht, etwa den Abschuss von Brachvögeln, der selbst in Frankreich noch erlaubt ist, zu verbieten. Und es reicht auch längst nicht, den Mehlschwalben künstliche Nistangebote zu machen oder den Fang und Handel wildlebender Stieglitze unter Strafe zu stellen.
Diese Vogelarten und viele andere überleben nur, wenn nicht nur die Lebewesen und ihre Nachkommen geschützt sind, sondern das Biotop, in dem sie leben. Sei es, dass sie dort brüten, rasten oder sich ganzjährig aufhalten.
Brachvögel brauchen zum Beispiel Salzwiesen oder das Watt zum Stochern nach Nahrung.
Mehlschwalben brauchen Feuchtgebiete und auenähnliche Landschaften, wo die Insektenjagd für sie und den Nachwuchs ergiebig ist.
Stieglitze schließlich brauchen artenreich blühende Wiesen und traditionelle Obstbaukulturen statt eines großflächigen Raps- oder Maisanbaus.
Schon Jahrzehnte ist es her, da hat sich auf einer Exkursion am Rande der International Ethological Conference in Brisbane/Australien die Aufschrift einer schlichten Tafel am Straßenrand bei mir eingeprägt. Sie fasst das Problem in diesem simplen Satz zusammen:
Koalas sind vollständig geschützt, aber ihr Lebensraum ist es nicht.
Ansprüche an den Lebensraum
Jede Art hat diverse Ansprüche an ihren Lebensraum² – also an jene Nische in einem Biotop, die wie gemacht ist für diese Art. In der Biologie verwenden wir für diesen Ausschnitt aus der Umwelt meist das Wort Habitat, das von dem lateinischen Verb habitare (= wohnen) abgeleitet ist. Manche sprechen auch von der „Adresse einer Art“. Allerdings ist mit Habitat und Lebensraum viel mehr als ein Ort gemeint.
Gemeint ist ein Netz von Faktoren und Beziehungen, die Überleben und Fortpflanzung sichern. Es muss genug zu fressen geben, außerdem passende Balz- und Nistplätze. Schutzmöglichkeiten bei Witterungseinbrüchen und vor Prädatoren gehören ebenfalls dazu. Auch die klimatischen Verhältnisse müssen passen.
Das Habitat einer Nachtigall in Berlin-Kreuzberg sieht – für uns – anders aus als am Dorfrand in Brandenburg oder auf möglichen Zwischenstopps beim Zug ins afrikanische Winterquartier oder am Zielort jenseits der Sahara. Aber bestimmte Elemente sind konstant, typisch für den Lebensraum einer Nachtigall.
Gehen diese Elemente dort verloren, wo eine Art gewohnt ist, sie zu vorzufinden – sind ihre Chancen dauerhaft zu überleben und sich zu reproduzieren miserabel. Je häufiger das Biotop fehlt, das sich als Lebensraum etwa für die Nachtigall eignet, desto schlechter steht es um die Art. Deshalb braucht es Naturschutz in Form von Biotopschutz.
Biotopschutz ist wesentlich
Wir erleben derzeit diese Zusammenhänge hautnah. Denn die Zahl der Singvögel – meist gezählt als Brutpaare – ist in den letzten 30 Jahren extrem zurückgegangen.¹ Das liegt hierzulande weniger an den Vogelfängern, die wie in Zeiten von Tiervater Brehm die Vögel vom Himmel schießen, mit Netzen und Leimruten fangen, um sie dann zu verspeisen oder zu verkaufen, als vielmehr am Verlust von Lebensraum.
Denn aus Wäldern wurden Forste, aus mäandernden Flüssen wurden Wasserstraßen, Neubaugebiete mit versteinerten „Gärten” vernichten permanent Wiesen und Äcker, auf Agrarflächen dominieren Mais- und Rapsanbau, während Kornfelder und Kuhweiden vielfach verschwunden sind.
Auch in den Städten gehen wertvolle Biotope – etwa an naturnahen Badeseen – verloren oder sie stehen unter Druck: Wird etwa das Tempelhofer Feld in Berlin mal zugebaut, dann lässt sich dort keine Feldlerche mehr blicken beziehungsweise hören. Und die Turmfalken ergreifen auf dem Gelände keine Feldmäuse mehr. Sie werden in den angrenzenden Kirchen und Industriebauten nicht mehr brüten, und in der Agrarlandschaft von Brandenburg oder Sachsen-Anhalt vermutlich verrecken, wenn dort gegen Mäuse und andere Nager wieder einmal Gift eingesetzt wird.
Naturschutz in Deutschland
Der Lebensraum wird knapp und knapper für wildlebende Tiere. Naturschutz schafft immerhin Refugien, Hinweisschilder und Infotafeln sind nützlich… wenn sich alle daran halten. Es gibt in Deutschland unterschiedlich definierte Schutzzonen für die Natur und ihre Lebewesen. Das ist teilweise historisch bedingt. Daneben gelten Regularien der EU, und es wurden internationale Abkommen abgeschlossen.
Wir haben hierzulande:
Rund eintausend, meist kleine Naturschutzgebiete (NSG) mit einer Landfläche von rund 1,5 Million Hektar. Hinzukommen rund 1 Million Hektar auf dem Meer.
16 Nationalparke mit einer Größe von 215.000 Hektar, was etwa 0,6% Flächenanteile ausmacht. Inklusive Wattenmeer nehmen die Nationalparke eine Fläche von 1 Million Hektar ein.
Über 100 Naturparke (NP) mit einem Flächenanteil von rund 30% und dem Fokus auf den Wert von Kulturlandschaften, die es zu erhalten gilt, aber auch touristisch genutzt werden können.
Dazu kommen weiter Schutzzonen etwa Landschaftsschutzgebiete und Naturdenkmale, die ebenfalls vom BNatSchG geregelt werden.
Da nicht jeder die Unterschiede zwischen den Schutzzonen und die Bedeutung der Beschilderung kennt, sind eindeutige Symbole und klare Anweisungen essenziell. Aber daran hapert es oft. Wenig hilfreich ist, dass die Landesregierungen ihr eigenes Süppchen kochen und der Bund nur den Rahmen absteckt. Dazu heißt es im BNatSchG §22(4):
Geschützte Teile von Natur und Landschaft sind zu registrieren und zu kennzeichnen. Das Nähere richtet sich nach Landesrecht.
Was Regelungen auf Landesebene mitsich bringen, lässt sich bereits am unübersichtlichen Schilderwald ablesen, wobei man hier und da sogar auf überalterte Naturschutzschilder trifft. Wünschenswert ist, dass sie gepflegt werden – viele stehen verunziert oder schief in der Landschaft – und dass Ranger oder Rangerinnen die verbreitete Missachtung des Biotopschutzes mindern.
Immerhin gelten wenigstens für die Nationalparke einheitliche Regeln, denn sie sind Sache des Bundes. Sie haben dementsprechen ein eigenes einheitliches Logo: Die sogenannte Kretschmann-Eule – dazu steht unten mehr – auf blauem Trapez. Aber es finden sich durchaus noch überholte Symbole.
Im Schilderwald
So wie der Naturschutz generell, so ist auch die Beschilderung der Politik unterworfen. Ich spreche hier vom Status quo und historischen Entwicklungen in Ost- und Westdeutschland, in der DDR und der BRD.
Auf den beiden Seiten der innerdeutschen Grenze wurden in den 1950er Jahren eigene Symbole entwickelt und verwendet. Die Wiedervereinigung machte die Freiheit dann praktisch grenzenlos und ließ – dem BNatSchG folgend – den Landesregierungen freie Hand. Ich meine: zur Verwirrung der Bürger und Bürgerinnen sowie zum Schaden der Natur. Statt die Symbole zusammenzuführen, haben wir nun einen Flickenteppich.
In mehreren westdeutschen Bundesländern regiert der Seeadler im grünen Dreieck. Diese schwarz-weiße Flugbildzeichnung geht auf den Maler und Graphiker Hans Troschel zurück, ein Naturliebhaber, der das Buch Am See der Milane verfasst hat.
Die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland setzen auf den segelnden Seeadler.
In den anderen Bundesländern ist das Tiersymbol auf dem Schild eine stilisierte Waldohreule, die der Naturschützer Kurt Kretschmann entworfen hat. Sie schmückte früher die amtlichen Naturschutzschilder der DDR.
Aus schwerverständlichen Gründen hat man sich in den einzelnen Bundesländern inzwischen ein paar Varianten einfallen lassen:
Die Kretschmann-Eule im grünen Dreieck nutzt das Land Berlin.
Ein eigenes Eulenlogo im grünen Dreieck verwenden Bremen und Niedersachsen.
Die Kretschmann-Eule in einem gelben, trapezförmigen Fünfeck markiert in Schleswig-Holstein und vier weiteren Bundesländern die Naturschutzgebiete: Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen.
In Sachsen-Anhalt schließlich symbolisiert die Kretschmann-Eule den Naturschutz auf einem weißen, nicht auf einem gelben Trapez.
Um im Detail zu wissen, was im Naturschutzgebiet erlaubt ist und was nicht, muss sich jeder und jede genaugenommen im Landesnaturschutzgesetz informieren. Wer sich jedoch an ein paar schlichte Regeln hält, ist auf der sicheren Seite.
Es ist verboten³
Pflanzen oder Pilze zu pflücken oder zu entfernen
wildlebende Tiere zu stören, vor allem sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten
außerhalb festgelegter Wege, das Gebiet zu betreten oder zu befahren
in den Gewässern zu baden, zu tauchen oder sie zu befahren
in dem Gebiet zu zelten
Abfälle zu hinterlassen, insbesondere wenn es sich um Glas oder glimmende bzw. brennende Gegenstände handelt.
In Berlin gibt es außerdem noch geschützte Grünflächen, deren Beschilderung vielfach nicht ernstgenommen und nicht gut kontrolliert wird. Dabei geht es nicht nur um den Schutz von städtischem Grün, sondern auch um die Pflanzenvielfalt und um die Tiere, die sich in diesem Biotop wohlfühlen und ausbreiten.
Das Tulpensymbol weist auf Selbstverständliches hin, etwa den eigenen Müll nicht liegen zu lassen, und auf teilweise schwer Vermittelbares: Hunde sind anzuleinen! Grillen oder Ballspielen ist nur dort erlaubt, wo eine Fläche entsprechend gekennzeichnet ist!
Internationale Abkommen
Naturschutz ist schon lange keine Sache von einzelnen Nationen mehr, sondern es gibt internationale Naturschutzverbände wie Birdlife, auf EU-Ebene klare Gesetze und schließlich staatenübergreifende Abkommen.
Ein zentrales Naturschutz-Instrument der Europäischen Union ist das Netzwerk Natura 2000. Die Idee ist, wichtige natürliche Lebensräume sowie wildlebende Tiere und Pflanze zu erhalten, indem passende Schutzgebiete ausgewiesen und vernetzt werden. Das Netzwerk umfasste bereits 2013 mehr als 18 % der Landfläche und mehr als 7 % der Meeresfläche der Europäischen Union.
Grundlage von Natura 2000 ist die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG, kurz FFH-Richtlinie), die bereits 1992 verabschiedet wurde. Im Anhang der Richtlinie steht, welche Arten und Lebensräume (Habitate) innerhalb der EU von gemeinsamem Interesse und als zu schützende FFH-Gebiete zu betrachten sind.
Noch älter als die FFH-Richtlinie und ebenfalls Grundlage von Natura 2000 ist die Vogelschutzrichtlinie der Europäischen Union von 1979, die dem Erhalt heimischer Vogelarten dient und den Schutz der Vögel, ihrer Eier und Lebensräume regelt.
International existieren weitere Abkommen, die der Umwelt und damit Flora und Fauna zu Gute kommen. Dazu zählen die großflächigen Biosphärenreservate der UNESCO, in denen nicht nur Natur und Landschaft geschützt werden, sondern zugleich die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung einer Region berücksichtigt wird. In Biosphärenreservaten geht es vor allem um den Erhalt einer von Menschen geschaffenen Kulturlandschaften – und weniger um den Schutz von Wildnis.
Das ist bei Gebieten, die der Ramsar-Konvention entsprechen, anders. Denn in dieser 1971 verabschiedeten Naturschutzmaßnahme geht es um den Schutz von Feuchtgebiete mit internationaler Bedeutung, die Watt- und Wasservögeln Lebensraum bieten sollen. Wird ein Biotop als Ramsar-Gebiet deklariert, ist das vornehmlich als ein Gütesiegel zu verstehen. Staaten, die die Konvention unterzeichnet haben, kümmern sich selbsttätig um den Erhalt des Biotops.
Weltweit sind bisher rund 2500 Ramsar-Gebiete ausgewiesen worden. In Deutschland sind es 35, zum Beispiel der Jadebusen und die westliche Wesermündung, Hamburgisches Wattenmeer, Unteres Odertal, Rieselfelder Münster, Donauauen und Donaumoos…
Naturschutzschilder: Zu guter Letzt
Gesetze, Vorgaben und Informationstafeln in Sachen Naturschutz sind wichtig. Gut sind sie, wenn sie explizit darauf hinweisen, was zu tun und zu unterlassen ist. Nützlich sind biologische Informationen zu den Arten, die in diesem Gebiet permanent oder – als Zugvögel – temporär vorkommen. Aber wirksam ist der Naturschutzgedanke nur, wenn er von vielen Menschen getragen wird. Dazu ein paar „Mitbringsel“ von ornithologischen Ausflügen.
Und hier hat mich die Oberförsterei Potsdam gründlich überrascht. Ein Merksatz mit bittersüßer Ironie nahe Beelitz im Land Brandenburg.
¹ Seit Beginn der 1990er Jahre ist in Deutschland die Zahl der Vogelbrutpaare um 7 Millionen zurückgegangen. (Thomas Krumenacker, Das Lied ist aus. Mit dem Rückgang der Vögel verschwindet auch ihr Gesang… Süddeutsche Zeitung, 5. 11.2021)
² Der Begriff Lebensraum ist durch seine Verwendung in Nazi-Deutschland negativ konnotiert. Viele verbinden damit die aggressive Expansionspolitik, die mit dem Argument unterfüttert war, dass Lebensraum im Osten benötigt wird.
³ Verändert nach https://www.juraforum.de/lexikon/naturschutzgebiet
Ich kann die Kritik nicht teilen. Das Problem ist doch nicht, dass es unterschiedliche Schilder gibt. Dass es ein Naturschutzgebiet ist, das ist aufgedruckt. Es sind keine Verkehrsschilder, bei denen man in Sekundenbruchteilen ’ne Entscheidung treffen muss. Im Straßenverkehr können große Sach- und Personenschäden entstehen.
Wenn ich jedoch in einem Wald als Wanderer auf so ein Schild treffe, bin ich informiert. Fertig. Keine Gefahr von Personenschädigen, weil ich aufgrund einer Verwirrung mich falsch entschieden habe oder für meine Entscheidung und Verhaltensanpassung 2 Sekunden brauchte statt 0,2 Sekunden. Menschen, die die Schilder ignorieren, würde das auch bei einheitlichen Schildern tun.
Einheitlichkeit ist kein Wert an sich. Und hätte die Politik die Leute ausrücken lassen, um diese Schilder durch andere auszutauschen, die Bürger wären ob dieser Geld- und Zeitverschwendung sturmgelaufen. Und das vollkommen zurecht. Ich erinnere mich noch an die Nachwendezeit. Ich habe gesehen, wie funktionierende Fußgängerampeln durch westdeutsche Ampeln ersetzt wurden und selbst mir als Kind kam der Gedanke: Haben die echt nichts besseres zu tun, als funktionierende Ampeln zu ersetzen? Aber das Ost-Ampelmännchen wurde dann offiziell zugelassen. Und auch da war ja Vereinheitlichung ohne Wert.
Man empfand es als übergriffig, dass die Vereinigung gleich als erstes auf einem Feld austobte, das vollkommen unpolitisch war. Hätten man das mit der Eule im Fünfeck getan, hätte es auch Ärger gegeben.
Das ist natürlich durchaus eine möglich Sichtweise. Ich halte es grundsätzlich für wichtig, dass Menschen sich in der Natur und gegenüber den Lebewesen, die dort „wohnen“, respektvoll verhalten. Machen viele aber nicht. Dennoch bleibe ich dabei, dass eine einheitlichere Beschilderung sinnvoll wäre, inklusive von Kontrollen und Sanktionen bei Fehlverhalten.
Ich bin der einzige Sammler von Naturschutzschildern in der Bundesrepublik Deutschland. Habe inzwischen 152 verschiedene Exemplare aus allen 16 Bundesländern zusammen getragen. In den Jahren 1991 und 1994 hat die Umweltministerkonferenz der Länder unter dem Vorsitz des damaligen Bundesumweltministers Prof. Dr. Klaus Töpfer, eine Richtlinie beschlossen. In den westdeutschen Bundesländern sollten die „Seeadler-Schilder“ sukzessive gegen die ostdeutschen „Waldohreulen-Schilder“ ausgetauscht werden.
Weil die Bundesregierung hier keine hoheitliche Aufgabe wahr nimmt, ist es zu diesem „Schilderchaos“ gekommen. Auf Grund meiner Eingabe beim BUM (Bundesumweltministerium) hat sich im vergangenen Jahr das Land Hessen bereit erklärt, das „Waldohreulen-Schild“ einzuführen. Bei den Bundesländern Hamburg, NRW, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern ist bisher keine Einsicht zu verzeichnen.
Der verwirrende Schilderwald ist nur die Spitze des Eisbergs. Da drunter ist es noch viel schlimmer. § 23 des Bundesnaturschutzgesetzes als gesetzliche Grundlage für Naturschutzgebiete (NSG) regelt nur, dass in solchen Gebieten ein „besonderer Schutz … erforderlich“ ist und zwar „nach Maßgabe näherer Bestimmungen“. Diese sollen in Verordnungen stehen – die aber häufig nicht existieren. Und wenn doch, können darin so erstaunliche Sätze stehen wie z.B.. „… zur Erhaltung und Wiederherstellung der Artenvielfalt der Feucht- und Nasswiesen sowie für den Schutz der Wiesenbrüter sollen geeignete Bewirtschaftungstermine für die Grünlandnutzung angestrebt werden.“ Und das, obwohl in der gleichen Verordnung schon die meisten Verbote für die „der guten fachlichen Praxis entsprechende landwirtschaftliche Bodennutzung“ aufgehoben sind.
Noch schlimmer ist es bei den Natura-2000-Gebieten. Das sind die EU-Vogelschutzgebiete (seit 1979) und die FFH-Gebiete (seit 1992). Diese müssten nach dem BNatSchG jeweils Schutzstatus nach nationalem Recht erhalten (in Deutschland also z.B. zu NSG erklärt werden) – was häufig nicht geschieht oder nur für sehr kleine Teile davon. Die Aufzählung solcher Beispiele ließe sich fortsetzen. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) spricht seit Jahrzehnten vom „planmäßigen Umsetzungsdefizit“ in der deutschen Umweltpolitik.
Wo so viel Schatten ist, ist auch Licht. Das kommt neuerdings von den Gerichten. Ein schönes Beispiel für hoffnungmachende Rechtsprechung haben wir in einem Beitrag geschildert, der genau zu diesem Kommentar passt (www.stiftung-kranichland.org/wunder).
Ja, das ist völlig richtig – ich habe in der Tat nur von der Spitze des Eisbergs berichtet. Angesichts des Klimawandels kommt der Naturschutz erst recht zu kurz. Und über den Erfolg der Stiftung http://www.stiftung-kranichland.org/wunder habe ich mich außerordentlich gefreut. Viele Grüße Richtung Brandenburg!
Toller Artikel. Danke.
Hallo Waltraud, ich danke dir für das Lob. Und als Vogelguckerin mit eigener Webseite weißt du ja, warum es geht. Grüße nach Bayern!