Birding für Ahnungslose

Da hat Veronika (Véro) Mischitz, die Biologin und Illustratorin mit einem Faible fürs Zeichnen von Comics, wirklich einen Coup gelandet. Birding für Ahnungslose ist für mich das Buch des Jahres 2019 in Sachen Vogelgucken. Denn es vermittelt auf kluge und amüsante Art, was der Untertitel verspricht: Wie man Vögel in sein Leben lässt.

Auch augenzwinkernd

Eingangs verrät sie den ganz Ahnungslosen, was die Vogelbeobachtung – neudeutsch Birding – so alles möglich macht: Entspannung und glückliche Zufälle, Nervenkitzel, Wissenschaft unterstützen usw. Kurz darauf beschreibt sie, was er oder sie bei der Vogelbeobachtung so braucht. Angefangen mit Notizblock und Stift, Bestimmungsbüchern oder APPs stößt sie bis zu anspruchsvoller optischer Technik vor, die sie mit flotten Strichzeichnungen erklärt. – Und ganz nebenbei flüstert sie dem staunenden Einsteiger augenzwinkernd zu: „All you need ist less“. Logisch. Wer Vögel beobachten will, braucht ausrüstungsmäßig wenig, unbedingt aber ein passables Fernglas.

Gut verpackte Tipps

Das Buch im Stil einer Graphic Novel ist voll von nützlichen Tipps, die witzig und unterhaltsam verpackt sind. Da fragt im Kapitel Technik von der Randspalte aus ein dreimalkluges Vögelchen: „Wozu ist das gut?“ Oder die skizzierten Gefiederten beschweren sich, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen. Beispiel Zilpzalp: Seinen Gesang nennt die Autorin „dümmlich klingend“ (S. 71). Schon tönt der beleidigte Vogel per Sprechblase: „Was?! Ich muss doch sehr bitten!!“

Véro Mischitz hat natürlich Recht, wenn sie den Gesang des Zilpzalps als schlicht beschreibt. Wer ewig lange Serien von „Zilpzalp-zilpzalp- …“ trällert, den darf sich der Birder durchaus als „dümmlich klingend“ merken. Das hilft bei der Wiedererkennung.

Für alle, die Vögel am Gesang unterscheiden möchten, hat die Autorin diverse Tipps parat, verschweigt aber nicht, dass Übung den Meister macht. Doch es gibt Hilfsmittel wie die Vogeluhr: Während der Hausrotschwanz schon 70 Minuten vor Sonnenaufgang zu singen beginnt, ist der Fitis eine echte „Schnarchnase!“ – so Véro Mischitz (S. 46). Erst rund 20 Minuten vor Sonnenaufgang legt er los.

Zum Glück lassen sich Vögel nicht nur am Gesang unterscheiden. Es hilft zum Beispiel zu wissen, wo der Vogel sich üblicherweise herumtreibt: am Boden, im Geäst, auf dem Wasser … Und ob er überhaupt im Lande ist. Dafür bietet das Buch einen wunderbaren Überblick: Monat für Monat ist aufgelistet, mit welchen Vogelarten wir wo rechnen können. Super!

Und das Gefieder

Vor allem die Gestalt und das Gefieder helfen, eine Art zu bestimmen oder festzustellen, ob wir es mit einem Jungvogel, einem Männchen oder Weibchen zu tun haben. Darum skizziert Véro Mischitz nicht nur die unterschiedlichen Vogelschnäbel – etwa Sondier- und Kegelschnabel –, sondern bringt mit sicherem Strich sechs typische Schwanzformen auf die linke Buchseite und die acht wichtigsten Muster des Schwanzgefieders auf die rechte Seite. So erkennen Ahnungslose auf einen Blick, dass Elstern und Kolkraben einen „keilförmigen“ Schwanz haben, und was eigentlich mit „gebändert“ gemeint ist.

Mit Witz

Wer Vögel bestimmen möchte, der sollte Begriffe wie Handschwingen oder Armdecke kennen. Auch das macht dieses Buch einem leicht. Das hat einen einfachen Grund: Birding für Ahnungslose ist lässig und mit Witz geschrieben. Das Gefieder nennt die Autorin “Visitenkarte“ des Vogels und überlässt einem Birder-Paar zu erklären, warum man „Armdecke“ und andere Begriffe kennen sollte (S. 62):

Sie: „Äh …. Also. Der hat da so ein helles Dings … über dem … äh …Dingens ….“
Er: Zeigt krause Stirn und „???“.

Auf 30 Seiten stellt Véro Mischitz abschließend die 50 Vogelarten vor, die ahnungslose Birder garantiert rasch kennenlernen. Um seine Freude an Vögeln zu haben, braucht es nicht viel mehr – außer dem erwähnten Fernglas und einem Bestimmungsbuch wie Was fliegt denn da.

Die  Autorin empfiehlt die Vogelbeobachtung als eine „ziemlich sinnstiftende Angelegenheit“, die Menschen zusammenführt. Und darum passt es gut, dass in ihrem Buch neben den weißhäutigen auch schwarzhäutige Birder auftauchen, alte Menschen und Kinder, die Vogelguckerin mit Hund, mit Turban oder Stöckelschuhen. Und klar, auch im Rollstuhl.

Birding für Ahnungslose. Wie man Vögel in sein Leben lässt.
Autorin: Veronika (Véro) Mischitz
Verlag: Kosmos
Jahr: 2019



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2 Kommentare zu “Birding für Ahnungslose

  1. Ganz herzlichen Dank für diese Buchbesprechung. „Birding für Ahnungslose“ hat es tatsächlich geschafft, mich – sozusagen als Desktop-Büro-Potato – zu aktivieren. Ich habe das Fenglas meines Schwiegervateres – may he rest in peace – herausgekramt. Es steht jetzt im Büro auf der Fensterbank. Und wenn ich eine Bildschirmpause brauche, dann stehe ich auf und gucke damit in den großen Garten. Bei meiner Seel – da geht ja echt die Birdingpost ab. Und in die Weite gucken soll ja sogar vor wachsender Kurzsichtigkeit schützen. Besser gehts nicht!

    1. @ Heike, ich bin begeistert und Véro, die Buchautorin, sicherlich auch! So wünschen wir uns das: Immer mehr Menschen möchten genauer wissen, was rundherum „kreucht und fleucht“. Das macht auch Spaß, und es geht ja sowieso nicht nur um das Klima, sondern auch um Artenvielfalt – Biodiversität. Und da sind Fernglas und Vogelbuch eine gute Wahl, um näher an diese faszinierende Vielfalt heran zu kommen.

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