Das ist doch eine gute Nachricht für den grauen Fischer am Schlachtensee. Er wird per Landesjagdgesetz in Berlin ganzjährig geschont, darf also nicht von Jägern geschossen werden. Und falls in diesem Winter der See doch noch zufriert und der Graureiher seinen Standort verlässt, gibt es eine zweite gute Nachricht: Auch in Brandenburg und fast allen (!) anderen Bundesländern unterliegen er und seine Artgenossen ganzjährig der Schonzeit.
Eine Ausnahme macht Bayern, wo Jägersmann und Jägersfrau die so gleichmütig wirkenden Stelzvögel vom 16. September bis 31. Oktober aufs Korn nehmen dürfen.¹
Zum Hintergrund nur so viel: Im Prinzip – also laut Bundesjagdgesetz – gehört der Graureiher in Deutschland zu den “jagdbaren“ Vogelarten. Das widerspricht allerdings der EU-Vogelschutzrichtlinie, die ihn unter Schutz stellt. Und die Bundesländer entscheiden bei uns nach Gusto. Es gilt das Landesjagdgesetz.
Früher wurde der Graureiher, der oft regungslos am Ufer steht, dann wieder lautlos durch flaches Wasser schreitet, intensiv bejagt. Deshalb merkt Alfred Brehm im Abschnitt über die Reiher geradezu mitfühlend an (Brehms Tierleben, 1900, S. 484):
An Scheu und Furchtsamkeit übertrifft er alle anderen Arten, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil ihm am eifrigsten nachgestellt wird. Jeder Donnerschlag entsetzt ihn, jeder Mensch, den er von ferne sieht, flößt ihm Bedenken ein.
In meiner Kindheit hieß der Graureiher meist Fischreiher. Denn um satt zu werden, halten die langbeinigen Vögel im seichten Wasser vor allem nach Fischen Ausschau. Aber ihnen schmecken auch Frösche, Schlangen, Insekten, Mäuse und sogar kleine Jungvögel. Von diesen Alternativen gibt es allerdings immer weniger.
Graureiher gehören zu den Teilziehern. Wie weit und wohin sie bei Wintereinbruch fliegen, machen sie vom Nahrungsangebot und dem Gelände abhängig. Ruheplätze braucht der leise Fischer auf langen Beinen auch. Am Schlachtensee nutzt er zerborstene Birkenstämme und anderes Geäst, das mit einigem Abstand vom Uferweg – samt Spaziergängern und Hunden – aus dem Wasser ragt. Nochmals Alfred Brehm:
Er besucht die kleinsten Feldteiche, Wassergräben und Lachen, ebenso, wenigstens in der Winterherberge, seichte Meerbusen und Küstengewässer, bevorzugt jedoch Gewässer in deren Nähe es Waldungen oder wenigstens hohe Bäume gibt; auf letzteren pflegt er der Ruhe.
¹Ausnahmeregelungen gibt es auch in anderen Bundesländer, wie ich 2020 in dem Blogpost „Der pfiffige Reiher” feststelle.
Graureiher | Héron cendré | Grey heron | Ardea cinerea
Ja, das würde ich auch gerne wissen. Bei den Enten oder beim Pfau ist’s ja einfach. ;-D
Du sagst es. Bei den Schreitvögeln, zu denen außer den Reihern, die Rohrdommeln, Sichler, Ibisse, Löffler und auch die Störche gehören, unterscheiden sich die Geschlechter kaum. Der Sexualdimorphismus ist gering: wenig Unterschiede in Gestalt, Federkleid usw. Die großen Schreitvögel mit ihren langen Beinen – Stelzvögel werden sie auch genannt – nisten fast alle auf Bäumen. Mit anderen Worten, da ist das weibliche Tier beim Brüten nicht auf ein unauffälliges Federkleid angewiesen. Matte beige-braun-graue Farbtöne waren zum Cachieren des Nests in der Evolution nicht von Vorteil. Das ist bei den Tauchenten, zu denen die Tafelente gehört anders.
Nachschlag: Manche Graureiher sind sehr zutraulich und zu echten Großstädtern geworden. So auch jener graue Fischer, der sich passenderweise die Fischerinsel im Zentrum von Berlin als Domizil erkoren hat. Die Malerin Ursula Köppl hat die Idee vom Stadtreiher weitergedacht und ihren Graureiher in ein urbanes Setting gestellt. Auch wenn die Poollandschaft auf den Dächern Berlins – anders als in Manhattan – definitiv noch ausbaufähig ist.
@der graue Fischer: Das Bild mit dem geneigten Kopf ist BESONDERS SCHÖN! Danke!
Und das kühle Winterlicht war in diesem Fall wahrlich ein Geschenk des Himmels. Da flimmert und reflektiert nichts. Bin gespannt, ob ich irgendwann herausfinde, ob es sich um einen Fischer oder eine Fischerin handelt.