Vogelbeobachtung im Winter

14. Dezember 2023 | Vogelbücher | 2 Kommentare

Buchdeckel mit Titel "Wintervögel" und Fotos von sieben VogelartenVögel beobachten ausgerechnet im Winter? Ist das nicht langweilig?“ Mit diesen etwas provokanten Fragen beginnt der ausgezeichnete Vogelkenner Uwe Westphal sein Buch Das große Buch der Wintervögel. Und was dann auf über 200 Seiten folgt, ist eine reich bebilderte, gut strukturierte und sehr empfehlenswerte Antwort.

Also, klar: Es lohnt sich, und zwar gerade im Winter und eben auch für die, die sich noch nicht besonders gut in der Vogelwelt auskennen. Der November, der Dezember und der Januar bis in den Februar hinein sind gewissermaßen die besten Monate für erste und weiterführende Übungen in der Vogelbeobachtung, auch Birding genannt.

Denn die Gefiederten sind zu dieser Zeit selbst in Büschen und Bäumen gut sichtbar, das Artenspektrum ist überschaubarer als im Frühjahr, und ein Vogel, der wie das Rotkehlchen sogar im Winter singt, ist nun viel leichter zu identifizieren.

Vorstellungsrunde: 180 Arten

Umrahmt von einem wunderbaren Eingangskapitel zum Thema Überleben im Winter und von konkreten Tipps zum Schützen und Beobachten von Wintervögeln am Schluss des Buches, stellt uns Uwe Westphal 180 Vogelarten vor. In jeweils eigenen Abschnitten erläutert er, wie diese oder jene Art im Winter aussieht, wie sie sich ernährt und verhält, mit welchen Lautäußerungen zu rechnen ist und was es sonst noch an Besonderheiten gibt.

All das ist für die Vogelbeobachtung wichtig, denn
das Gefieder kann bekanntlich je nach Jahreszeit sehr unterschiedlich aussehen, ich erinnere an den Schwarzhalstaucher,
nur wenige Arten singen, aber dennoch kann man viele von ihnen akustisch unterscheiden – beispielsweise die verschiedenen Spechte,
und wer einmal gelesen hat, dass Zaunkönige am Boden nach Nahrung suchen, der vermutet diese Winzlinge nicht mehr in den höchsten Baumwipfeln. Dort treiben sich allerdings die Kernbeißer herum und knabbern die Samen der Hainbuchen ab.

Schwanzmeise mit vorwiegend weißem Gefieder sitzt auf einem Ast.

Schwanzmeise (© Elke Brüser)

Zwar sind im November die Zugvögel in den Süden oder Südwesten abgewandert, aber es finden sich bei uns zahlreiche Wintergäste aus dem Norden oder Nordosten ein. Manche mischen sich fast unbemerkt unter die heimischen Populationen, etwa Sperber und Schwanzmeisen aus Skandinavien, andere bereichern in der kalten Jahreszeit die hiesige Vogelwelt um ungewöhnliche Arten.

Zum Beispiel kommen in manchen Wintern die Seidenschwänze zu uns, und zwar in Massen, wenn es in ihrer nordischen Brutheimat zu frostig ist. Dafür hat sich in der Ornithologie der Begriff Invasion durchgesetzt – abgeleitet vom Lateinischen invadere = hineingehen, eindringen. (Das Wort ist jedoch keinesfalls kämpferisch oder kriegerisch gemeint, denn diese Wintervögel vertreiben niemanden, und die hiesigen Zugvögel sind in dieser Zeit längst sonstwo.)

Spannende Details

Das ist übrigens das Faszinierende an Das große Buch der Wintervögel: Der Diplom-Biologe Uwe Westphal – auch als genialer Vogelstimmenimitator bekannt – vermittelt en passant eine unglaubliche Menge an ornithologischem Wissen. Ganz locker, verständlich, sehr angewandt.

Da geht es im Anfangskapitel zum Beispiel um die Fernzieher und die Teilzieher, um Jahresvögel und Wintergäste; doch mit der artgemäßen Klassifikation ist das so eine Sache: Wir lesen etwa, dass bei Amseln und Buchfinken die Damen meist das Weite suchen, während vor allem die älteren (erfahrenen) Herren bei uns überwintern und eben nicht wegziehen. Das hat für sie gewisse Vorteile: Wer bleibt, kann gleich zu Beginn der Brutsaison ein (gutes) Revier besetzen und spart sich den Energieverlust durch den „Umzug“ in ein milderes Klima. Er oder sie muss jedoch wissen, wo hierzulande im Winter Nahrung zu holen ist und was vor Auskühlung schützt.

Zwei weibliche Stockenten auf Schnee in ihrem bräunlichen Gefieder.

Stockenten-Damen im Winter (© Elke Brüser)

Die 180 Artenporträts, die Lebensräumen wie Wald und Forst, Meer und Strand oder Stadt und Dorf zugeordnet sind, unterhalten mit allerlei Detailinformationen. Mal geht es um die Herkunft des Namens „Eisvogel“, mal um rastende Gänse als Problem in der Landwirtschaft, mal um das Verhalten der Vögel am gut bestückten Futterhaus oder Anpassungen an Frost und Schnee.

Und wussten Sie, dass unter den kleinen Vogelarten manche Schlafgemeinschaften bilden und andere sich gewissermaßen im Schnee einbuddeln? Aber ich möchte nicht zu viel verraten …

Vogelbeobachtung zwischen Ehrenamt und Wissenschaft

Bei all den biologischen Beobachtungstipps, die Uwe Westphal bietet, wächst das Buch am Ende noch über sich hinaus: Da geht es zum Beispiel um Möglichkeiten, die Vogelwelt besser zu schützen, um vogelfreundliche Gärten und die nicht-störende Vogelbeobachtung sowie um wissenschaftliche Zwecke. Systematische Zählungen und die Kartierung ermöglichen eine regelmäßige Bestandsaufnahme, etwa unserer Wasservögel. Viele Ehrenamtliche aus Organisationen wie NABU, LBV, DDA und auch Webseiten wie das Portal ornitho.de sind daran beteiligt.

Am Ende des Buches vermittelt eine orientierende Tabelle, in welchem Lebensraum welcher Vogel im Winter zu erwarten ist. Außerdem finden sich dort Literaturangaben, ein Register der im Buch erwähnten Vogelarten und ein Sachregister samt der Abbildungsnachweise. Mehr geht nicht. Danke!

Das große Buch der Wintervögel
Autor: Uwe Westphal
Jahr: 2021
Verlag: Aula, Wiebelsheim

Liebe Fans meiner Fotos, ich freue mich, wenn euch das eine oder andere Foto so gefällt, dass ihr es von meiner Website herunterladen möchtet. Allerdings sind alle mit ©Copyright geschützt. Darum fragt mich bitte per E-Mail vor jedem Download. Elke Brüser

2 Kommentare

  1. Hallo liebe Elke,
    danke für den wundervollen Buchtipp.
    Habe das Buch gleich bestellt und wollte es verschenken, aber es gefällt mir so gut, dass ich es erst einmal behalte.
    Es ist genau das Richtige zum Schmökern und um danach auf Beobachtungstour zu gehen.

    Ich wünsche frohe und friedliche Festtage und hoffentlich noch viele schöne Vogelbeobachtungen.
    LG Angela

    Antworten
    • Was für eine schöne Rückmeldung. Nun hoffen wir wohl alle auf ein glückliches und friedvolleres 2024.

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Birding

Du ahnst es vielleicht schon: Im Wort Birding steckt der englische „bird“. Unter Vogelfreunden ist das ein Schlagwort für die Beobachtung der gefiederten Tierwelt – im Feld, wie man so schön sagt. Also draußen. Ein paar Anmerkungen dazu findest du → hier.

Frau mit Fernglas beobachtet etwas in der Ferne

Mit Fernglas und Kamera auf Vogel-„Jagd“ zu gehen, ist mancherorts geradezu ein Sport und von Wetteifer geprägt. Ich halte aber wenig davon, möglichst viele und auch seltene Arten aufspüren zu wollen, um sie akribisch in Listen zu erfassen. Mein Ding ist: stehen bleiben, lauschen und schauen, was Tiere so treiben.

Textes en français

Si cela t’intéresse: Ma chère amie Annie Riou a traduit quelques articles du blog en français. Et depuis 2023 Juliette Rakei, étudiante de la zoologie à Berlin et bilingue, fait des traductions. Merci! Tu les trouves ici.

Vogel des Jahres

Zwei schwarz-weiße Vögel mit teils schillernden Flügeln stehen sich gegenüber, unter ihnen ein kleiner Jungvogel.

2024  Der Kiebitz

Zwei Braunkehlchen sitzen auf einer Distelblüte, es sind Männchen und Weibchen.

2023  Das Braunkehlchen

Ein Rotkehlchen hockt auf einem Ast und füttert mit einem Wurm, den es im Schnabel hält, einen Jungvogel.

2022  Das Rotkehlchen

Wiedehopf mit gesträubter Haube - Ausschnitt aus einer Grafik im "Naumann" Bd.IV

2021  Der Wiedehopf

Eine rosabrüstige Taube sitzt auf einem Ast und blickt mit ihrem roten Auge zu uns.

2020  Die Turteltaube

Vier Lerchenvögel, in der Mitte ein adultes männliches Tier mit kleiner Holle.

2019  Die Feldlerche

Männlicher und weiblicher Star im Frühjahr im Prachtkleid - mit weißen Tupfern auf schwarzem Grund - auf einen Zweig sitzend.

2018  Der Star

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2017  Der Waldkauz

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2016  Der Stieglitz

Seevogel des Jahres

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2024  Der Sterntaucher

Brandseeschwalbe mit schwarzem Schädel und Mähne steht auf einem Felsen am Meer.

2023  Die Brandseeschwalbe

Ein möwenartiger Vogel steht auf einem Felsstein im nordisch anmutenden Meer

2022  Der Eissturmvogel

Der Jahresseevogel 2021 als Zeichnung: Zwei Weißwangengänse mit weißer Stirn und weißer Kehle vor einem nordischen Meer mit steilen Felsen.

2021  Die Weißwangengans

Auf einem Felsvorsprung am Meer steht eine Fluss-Seeschwalbe mit deutlich schwarzer Schnabelspitze. Links eine Zwergseeschwalbe und hinter ihr eine Küstenseeschwalbe.

2020  Die Fluss-Seeschwalbe

Eine schwarzweiß gemusterte Eiderente mit pfirsichfarbener Brust paddelt mit den Füßen im grünlich Meerwasser.

2019  Die Eiderente

Drei Sandregenpfeifer stehen am Meeresstrand. Links das Weibchen, rechts ein blasser gefärbter Jungvogel und in der Mitte das Männchen auf einem Stein. Jungtier

2018  Der Sandregenpfeifer

Vier Eisenten hocken auf Steinen im Wasser: großes männliches Tier mit brauner Brust, helleres weibliches Tier und zwei ebenfalls helle Jungvögel.

2017  Die Eisente

Drei Basstölpel in verschiedenen Altersstufen: weißes Baby, dunkler Jungvogel und weißer Altvogel mit gelblichem Kopf.

2016  Der Basstölpel

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