Spechte & Co.

Buchcover mit einem Grünspecht und einem Schwarzspecht, die jeweils ihre Jungen füttrn. Diese schauen bettelnd aus der Höhle.Ein Buch nur über Spechte – kaum zu glauben, was es da alles zu erzählen, zu erklären und mit zwei oder drei Fotos auf jeder Doppelseite zu illustrieren gibt. Aber die beiden Autoren, Volker Zahner und Norbert Wimmer, sind anerkannte Spechtexperten mit einem zoologischen und forstwirtschaftlichen Hintergrund. Sie können also aus dem Vollen schöpfen.

Das Trommeln des Buntspechts an einem resonanzträchtigen Baumstamm oder am Blechdach hat vielleicht jeder und jede schon einmal gehört.

Aber wer weiß eigentlich, dass Spechte eine wahnsinnig lange Zunge haben? Sie ist ja in der Regel verborgen.

Beim Grünspecht und seinem nahen Verwandten, dem Grauspecht, ragt die ausgestreckte Zunge bis zu 10 cm aus dem Schnabel heraus. An der Spitze hat sie ein klebriges Sekret, um etwa Ameisen dingfest zu machen, und bei machen Spechtarten sitzen ganz vorne an der Zungenspitze steife Borsten, die es erleichtern Insekten aufzuspießen.

Die Autoren von Spechte & Co. erklären im Abschnitt Der Körperbau nicht nur wie die Zunge aussieht und funktioniert, sondern auch, warum Spechte beim Trommeln keine Kopfschmerzen oder „einen Dachschaden bekommen”, wie ihre Zehen selbst an glatter Baumrinde Halt finden und was ihren Stützschwanz so praktisch macht.

Baumhöhle, Balz und Familienleben

In weiteren allgemeinen Kapiteln geht es um die Baumhöhle, die Balz und das Familienleben der Spechte, die extreme Einzelgänger sind. Für die Fortpflanzung müssen aber männliche und weibliche Tiere zusammenfinden und sich arrangieren, was offenbar gar nicht so einfach ist. Es spricht jedenfalls einiges dafür, dass bei Spechten die Phase des Kennenlernens besonders lang ist, weil die Vögel – außerhalb der Brutzeit – wenig sozial sind (Seite 33):

Da die sexuelle Synchronisation der recht aggressiven Einzelgänger relativ lange dauert, kann man das Trommeln von Januar bis weit in den April hören. Ebenso finden zu dieser Zeit rasante Verfolgungsjagden sowohl im Flug als auch kletternd entlang von Stämmen statt.

Beim Thema Die Balz zeigt sich, dass im Frühjahr unter den Spechten eine Menge los ist und dass es sich lohnt, genauer hinzuschauen: Da imponieren die männlichen Vertreter mit dem „Flatterschwebflug“, es wird Rivalen mit der „Stiernackenpose“ gedroht und manchmal kommt es zu regelrechten „Hackkämpfen“.

Auch zwischen verpaarten Männchen und Weibchen läuft nicht immer alles glatt, etwa wenn sie sich beim Brüten ablösen. Zwar bilden die angehenden Eltern ein gutes Team, das sich tagsüber abwechselt – nachts brütet jedoch ausschließlich das Männchen. Aber am Beispiel der Schwarzspechte erfahren wir, dass der gerade brütende Vogel auf die üblichen Ablöserufe seines Partners nicht immer prompt reagiert und aus der Höhle hinausfliegt. Und das hat Folgen (Seite 69):

Dann ist der Bruttrieb des ankommenden Vogels so aufgestaut, dass es zu aggressiven Übersprungshandlungen kommt. Der „genervte“ Vogel reagiert sich in dieser Situation an dem Nachbarbaum oder am Höhleneingang mit heftigen Schnabelhieben ab.

Insgesamt sind Spechte fürsorgliche Eltern, die rund fünf Wochen brüten und die Nestlinge versorgen. Nach der aufwändigen Fütterungszeit in der Nisthöhle kümmern sich Buntspechte noch etwa zehn Tage um ihre ausgeflogenen Nachkommen. Diese „Führungszeit” dauert bei Schwarzspechten etwa einen Monat, beim Dreizehenspecht sogar zwei Monate.

Eine Fundgrube

Dieses 165-seitige Buch über Spechte ist eine wahre Fundgrube, denn es werden nicht nur die zehn hiesigen Arten – vom Kleinspecht, über den Mittel– und den Weißrückenspecht bis zum Schwarzspecht – in eigenen Kapiteln vorgestellt, sondern ausführlich kommt auch die ökologische Rolle dieser Vogelfamilie zu Wort. Und wir erfahren natürlich, warum die geflügelten Waldbewohner so schützenswert sind. Nicht umsonst lautet der Untertitel: Sympathische Hüter heimischer Wälder.

Obwohl Spechte & Co. sicher nicht für Wissenschaftler und Spezialisten geschrieben ist, haben die Autoren dafür gesorgt, dass alle wesentlichen Aussagen durch Studien – exakt 143 Publikationen werden zitiert – belegt sind und dass es ein gutes Schlagwortregister gibt.

Einen unterhaltsamen Abschluss bietet das Kapitel Spechte in der Sagenwelt, das sich zum Beispiel der Frage widmet, wie der Specht zu seinem auffälligen Wellenflug kam. Und warum heißt die Familie der Spechte eigentlich wissenschaftlich Picidae? Das hat unter anderem mit den Metamorphosen des Ovid zu tun. Mehr soll hier nicht verraten werden.

Spechte & Co.
Autoren: Volker Zahner & Norbert Wimmer
Verlag: AULA
Jahr: 2019

 

Noch ein kleiner Tipp: In Zeiten von Corona (COVID19) und sofern der lokale Buchhändler geschlossen bleibt, muss niemand Bücher bei „Global Playern” wie Amazon bestellen. Der Aula Verlag vertreibt seine Bücher zum Beispiel über Humanitas.



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