Durchnässter Besuch

18. Oktober 2017 | Kleine Vögel | 4 Kommentare

Eigentlich naht der Frühling, wenn ich den geschwätzigen Staren bei ihren akustischen Zaubereien zuhören kann. In der Balz- und Brutzeit sind sie stimmlich höchst aktiv, und ganz herrlich schillert dann ihr purpurfarben-violett-schwarzes Gefieder. Das sieht man zum Beispiel auf meinem Saisonfoto aus dem April 2017. Aber nun ist Herbst!

Diese beiden Stare, die kürzlich nach einem mächtigen Regenguss unser Hausdach besuchten, haben mich allerdings nicht minder fasziniert wie die smarten Frühlingsboten.

Zwei Stare sitzen auf der Brüstung des Schornsteins auf dem Dach.

Regennass auf dem Dach

Der Himmel war grau in grau, und ihr Gefieder ziemlich durchnässt, als sie sich auf der Brüstung des Schornsteins niederließen. Dennoch konnte man das wundervolle Herbst- oder Winterkleid gut erkennen. Sie bekommen es – wie auch den dunklen Schnabel – mit dem Gefiederwechsel im August oder September. Wenn sie sich sammeln und der Herbstzug sie in wärmere Regionen treibt, muss es funktionsfähig sein.

Das Herbstkleid ist wie mit Perlen geschmückt, so sagt man. Oder die Rede ist von einem weißgetropften Kleid.

Star mit einem dunklen Gefieder, das von weißen Flecken übersät ist.

Im weißgetropften Kleid nach der Mauser

Ursache dieser Tropfen sind die weißen Enden der neuen Federn, die im Herbst aus der Nähe wie kleine Pfeilspitzen aussehen, aber bis zum Frühjahr vor allem bei den männlichen Staren zunehmend verblassen. Als Ausgleich, so könnte man sagen, bekommt der Starenmann sein dunkles, schillerndes Frühjahrskleid und einen leuchtend gelben Schnabel.

Sorgfältige Gefiederpflege

Zunächst konnte ich dem Starenpaar dabei zusehen, wie beide sich putzten: Der Schnabel zupfte lange am Brustgefieder herum und mit einer eleganten Körperdrehung erreichte der Vogel auch seine Schwanzfedern. Dann wurde erst der eine und danach der andere  Flügel abgespreizt, Ober- und Unterseite durchkämmt.

Star hat seinen Kopf nach hinten gedreht und putzt das Schwanzgefieder

Star hat einen Flügelgehoben und putzt die Oberseite

Schließlich schüttelte das Kerlchen die Restnässe aus dem Gefieder, was so lustig aussah, dass ich laut lachen musste.

Der Star schüttel sich und man erahnt, dass die letzte Nässe rausfliegt.

Schwatzender Herbstgesang

Kaum war die Gefiederpflege beendet, machte einer der beiden Dachbesucher etwas, womit ich gar nicht gerechnet hatte: Er begann nach Starenart zu schwatzen. Aber er hatte sich durchaus nicht in der Jahreszeit vertan. Denn anders als zum Beispiel die Amsel verstummen Stare im Herbst nicht.

Sie haben allerdings keinen so melodiösen Gesang wie Amsel oder Nachtigall, zwitschern auch nicht so eintönig wie eine Kohlmeise, sondern reihen alle möglichen Laute aneinander. Dazu bemerkte Alfred Edmund Brehm (Brehms Tierleben, 1905, Bd. IV, Vögel Bd. 1, S. 383):

Der Gesang ist nicht viel wert, mehr ein Geschwätz als ein Lied, enthält auch einzelne unangenehme, schnarrende Töne, wird aber mit so viel Lust und Fröhlichkeit vorgetragen, dass man ihn doch recht gern hört.

Singender Schnabel auf der Brüstung des Schornsteins. Der Schnabel ist offen.

Geschwätziger Dachbesucher im grauen Oktober

Bekannt ist der Star vor allem als phantastischer Stimmenimitator, mit anderen Worten: Er produziert nicht nur angeborene Laute und lernt nicht nur von Artgenossen einen typischen Staren“gesang“, sondern er übernimmt diverse Töne, Geräusche und ganze Lautfolgen anderer Vögel und reproduziert sie. Aber nicht nur das. Kein Handyklingeln, kein Türknarren ist vor seiner Imitationskunst sicher.

Schwatzender Star trällert mit geöffnetem Schnabel

Starenschwatz auf dem Dach

Vogel des Jahres

Und nun das Beste: Kaum hatte ich meine Fotos von den regennassen Staren auf unserem Hausdach bearbeitet, gaben der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der Landesverband für Vogelschutz in Bayern (LBV) den Vogel des Jahres 2018 bekannt. Es ist der Star oder Stärling. Eine gute Wahl.

Die Gründe dafür kann jeder und jede beim NABU nachlesen. Es ist unter anderem die schleichende Bedrohung der Art, weil Wiesen und Weideland fehlen, das Habitat durch die auf Mais und Raps getrimmte Agrarindustrie schwindet und der Bestand an Brutpaaren sinkt.

Ich finde allerdings, auch diese so schön formulierten Gedanken von „Tiervater Brehm“ machen den Star zu einem würdigen Vogel des Jahres 2018 (S. 382):

Es gibt vielleicht keinen Vogel der munterer, heiterer, fröhlicher wäre als der Star. Wenn er bei uns ankommt, ist das Wetter noch recht trübe: Schneeflocken wirbeln vom Himmel herunter, die Nahrung ist knapp, und die Heimat nimmt ihn höchst unfreundlich auf. Demungeachtet singt er schon vom ersten Tage an heiter und vergnügt sein Lied in die weite Welt hinein …

Und wer ganz wundervolle, farbenprächtige Starenporträts betrachten möchte, dem empfehle ich die Webseite meiner Kollegen, der Flugbegleiter. Auch sie haben sich aus gegebenem Anlass dem Star gewidmet – mit Schönwetterfotos.

Star | Étourneau sansonnet | Common starling | Sturnus vulgaris

Liebe Fans meiner Fotos, ich freue mich, wenn euch das eine oder andere Foto so gefällt, dass ihr es von meiner Website herunterladen möchtet. Allerdings sind alle mit ©Copyright geschützt. Darum fragt mich bitte per E-Mail vor jedem Download. Elke Brüser

4 Kommentare

  1. Liebe Elke,
    wir beobachten Stare die bei uns am Hausdach brüten. Diese besuchen regelmäßig die Balkone und knipsen Blättchen und vorallem Blüten von den Pflanzen ab, z.b. Lavendel usw. Teilweise fliegen sie damit zum Nest, oft lassen sie die einfach fallen, als ob es mehr um das abknipsen geht. Weisst du zufällig warum?
    Und danke für die Habichtberichte, wir sind auch immer gerne an der Stelle, haben die Habichte seit dem Regen vor 2-3 Tagen aber nicht mehr gesehen.

    viele Grüße
    Christopher

    Antworten
    • Lieber Christopher, eure Beobachtung ist völlig richtig. Viele Vogelarten tragen duftendes Material ein wie Lavendel oder zarte Blättchen von Tomaten. (Das Problem hatte ich auch gerade mit Staren und Haussperlingen ;-)). Es gibt Belege dafür, dass hierfür die bioziden und antimikrobiellen Wirkungen der Pflanzeninhaltsstoffe ausschlaggebend sind, denn im Federkleid und im Nest der Vögel tummeln sich immer Parasiten. Das ist das große Thema Nestbau.
      Was „unsere“ Habichte angeht, werde ich heute mal einen Kontrollgang machen. Ich vermute, dass es den Jungen in den letzten Tagen einfach zu frisch war, um oft über den Nestrand zu schauen und dass sie die schützende Wärme der hudernden Mutter vorziehen.
      Viele Grüße
      Elke

    • @Christopher. Ich kann euch also beruhigen, die jungen Habichte wachsen und gedeihen. Ich sah gestern wieder nur zwei, kleinere Junge könnten noch in der Nestmulde verborgen sein. Der größte Junghabicht steht jedenfalls eindrucksvoll am Nestrand und schlägt mit den Flügeln, deren Federn jetzt sichtbar wachsen. Das kleinere Geschwister macht ein bisschen mit.

  2. Liebe Elke, Dein Beitrag zu den Staren war sehr erfrischend! Vor allem die Fotos waren herrlich! Sehr aufheiternd für die Stimmung an einem herbstlichen Nebeltag wie heute?
    Vielen Dank von Ursula

    Antworten

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Frau mit Fernglas beobachtet etwas in der Ferne

Mit Fernglas und Kamera auf Vogel-„Jagd“ zu gehen, ist mancherorts geradezu ein Sport und von Wetteifer geprägt. Ich halte aber wenig davon, möglichst viele und auch seltene Arten aufspüren zu wollen, um sie akribisch in Listen zu erfassen. Mein Ding ist: stehen bleiben, lauschen und schauen, was Tiere so treiben.

Textes en français

Si cela t’intéresse: Ma chère amie Annie Riou a traduit quelques articles du blog en français. Et depuis 2023 Juliette Rakei, étudiante de la zoologie à Berlin et bilingue, fait des traductions. Merci! Tu les trouves ici.

Vogel des Jahres

Zwei schwarz-weiße Vögel mit teils schillernden Flügeln stehen sich gegenüber, unter ihnen ein kleiner Jungvogel.

2024  Der Kiebitz

Zwei Braunkehlchen sitzen auf einer Distelblüte, es sind Männchen und Weibchen.

2023  Das Braunkehlchen

Ein Rotkehlchen hockt auf einem Ast und füttert mit einem Wurm, den es im Schnabel hält, einen Jungvogel.

2022  Das Rotkehlchen

Wiedehopf mit gesträubter Haube - Ausschnitt aus einer Grafik im "Naumann" Bd.IV

2021  Der Wiedehopf

Eine rosabrüstige Taube sitzt auf einem Ast und blickt mit ihrem roten Auge zu uns.

2020  Die Turteltaube

Vier Lerchenvögel, in der Mitte ein adultes männliches Tier mit kleiner Holle.

2019  Die Feldlerche

Männlicher und weiblicher Star im Frühjahr im Prachtkleid - mit weißen Tupfern auf schwarzem Grund - auf einen Zweig sitzend.

2018  Der Star

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2017  Der Waldkauz

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2016  Der Stieglitz

Seevogel des Jahres

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2024  Der Sterntaucher

Brandseeschwalbe mit schwarzem Schädel und Mähne steht auf einem Felsen am Meer.

2023  Die Brandseeschwalbe

Ein möwenartiger Vogel steht auf einem Felsstein im nordisch anmutenden Meer

2022  Der Eissturmvogel

Der Jahresseevogel 2021 als Zeichnung: Zwei Weißwangengänse mit weißer Stirn und weißer Kehle vor einem nordischen Meer mit steilen Felsen.

2021  Die Weißwangengans

Auf einem Felsvorsprung am Meer steht eine Fluss-Seeschwalbe mit deutlich schwarzer Schnabelspitze. Links eine Zwergseeschwalbe und hinter ihr eine Küstenseeschwalbe.

2020  Die Fluss-Seeschwalbe

Eine schwarzweiß gemusterte Eiderente mit pfirsichfarbener Brust paddelt mit den Füßen im grünlich Meerwasser.

2019  Die Eiderente

Drei Sandregenpfeifer stehen am Meeresstrand. Links das Weibchen, rechts ein blasser gefärbter Jungvogel und in der Mitte das Männchen auf einem Stein. Jungtier

2018  Der Sandregenpfeifer

Vier Eisenten hocken auf Steinen im Wasser: großes männliches Tier mit brauner Brust, helleres weibliches Tier und zwei ebenfalls helle Jungvögel.

2017  Die Eisente

Drei Basstölpel in verschiedenen Altersstufen: weißes Baby, dunkler Jungvogel und weißer Altvogel mit gelblichem Kopf.

2016  Der Basstölpel

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