Schnee gegen den Durst

Ringeltaube sitzt auf beschneitem Ast
Der weiße Halsring der Ringeltaube leuchtet auch im Winter. Die Brust ist rötlichen überhaucht.

Fast alle Vögel müssen trinken. Insbesondere die Körnerfresser brauchen häufig und regelmäßig Wasser, während ein Greif wie der Habicht mit der Beute genug Flüssigkeit aufnimmt. Mit anderen Worten: Solche Arten, die sich vorwiegend oder zu bestimmten Zeiten ausschließlich von eher trockenen Samen ernähren, sind auf offene Wasserstellen angewiesen. Das kann auch eine kleine Pfütze sein.

Und eine Regel besagt: Je kleiner der Vogel, desto wichtiger ist regelmäßiges Trinken. In diese Vogelgruppe der kleinen Körnerfresser gehören die Sperlinge.

Vier Sperlinge stehen auf Asphalt, in ihrer Nähe kleine wassergefüllte Löcher.
Eisfreier Januar: In den Unebenheiten der Asphaltdecke sammelt sich Wasser.

Insektenfressende Vögel wie die Mönchsgrasmücke ziehen im Winter nach Süden, manche Vogelarten bleiben und begnügen sich mit kleinen Spinnen oder Insekteneiern. Dazu zählt das Wintergoldhähnchen. Andere Arten schalten ihr Verdauungssystem um, das heißt sie fressen in der kalten Jahreszeit pflanzliche statt animalischer Kost, und ihr Körper stellt zum Beispiel die entsprechenden Verdauungsenzyme bereit.

Auch kleine Pfützen bieten dem Haussperling die Gelegenheit, zu trinken oder zu baden.

Alle Vögel – mit sehr wenigen Ausnahmen – brauchen von Zeit zu Zeit Wasser. Und wenn es im Winter friert, können sie ihren Bedarf nicht ohneweiteres decken. Jedenfalls oft nicht dort, wo sie es gewohnt sind. Gartenvögel profitieren dann davon, wenn wir ihnen täglich frisches Wasser hinstellen. Vögel trinken auch Tau oder dort, wo die Sonne das Eis angetaut hat. Im Januar begegnete mir im Oderland östlich von Berlin ein Schwarm Stieglitze, der sich auf einer Asphaltstraße niedergelassen hatte.

Die Wintersonne hatte die feine Eisschicht auf der überfrorenen Straße bereits angetaut: Für die Stieglitze bedeutete das, dass sie Wasser trinken konnten. Allerdings nur portiönschenweise. Es ist eher ein Nippen – und während einige nach der Landung sofort den Kopf senkten, sicherten andere „erhobenen Hauptes” das Umfeld.

Rund 50 Stieglitze auf der blau schimmernden Asphaltstraße
Angetaute Eisschicht im Januar: Stieglitze beim Wassernippen auf der Landstraße

Ringeltaube pickt Schnee

Falls es im Winter geschneit hat, nutzen durstige Vögel eine andere Ressource: Schnee. Das konnte ich in diesem Jahr immer wieder beobachten. Durstig waren nicht nur die Stare, die ich regelmäßig mit getrockneten Mehlwürmern gefüttert habe, sondern auch die Ringeltauben, die sich oft vor meinem Fenster aufhalten. Es ist ein Paar, das jetzt – Ende Februar – täglich balzt. Aber dazu ein anderes Mal.

Ringeltaubenpaar, es sitzen bei auf einem Ast
Das Ringeltaubenpaar vor meinem Fenster. Kein Zwist – vielleicht habe ich gestört.

Ringeltauben erlebe ich als ausgesprochen hübsche Vögel. Es sind die größten unter den Wildtauben in unserer Region. Männchen wie Weibchen bringen rund 500 Gramm auf die Waage. In den Wäldern der Mittelgebirge sind sie häufig, im Tiefland sehen wir sie weniger. Aber auch in den Bäumen von städtischen Parkanalagen und Friedhöfen verbringen sie den Winter, brüten verborgen in den Wipfeln und ziehen Junge groß.

Zurück zum Trinken im Winter. Durch die Fensterscheibe konnte ich diese Ringeltaube an einem grauen Februarmorgen beim Schneepicken fotografieren und filmen. Vielleicht hatte sie gerade von den Sonnenblumenkernen der Sperlinge genascht. Sie war jedenfalls durstig.

Ringeltaube auf einem beschneiten Ast
Hier wird Schnee gefressen bzw. getrunken. Erst auf der einen Seite…
Schneepickende Ringeltaube auf einem Ast
… dann auf der anderen Seite.

Im Video wirkt das Schneepicken geradezu gierig. Es ist sehenswert, auch wenn Sie diesen Videoschnipsel vielleicht zweimal laden müssen, weil die Datenmengen nicht bei jedem PC, Laptop, Tablet oder Handy, nicht bei jeder WLAN-Verbindung und nicht zu jeder Tageszeit einfach so durchflutschen.

 

Und wo bleibt das Wasser?

Ringeltauben – wie auch andere Tauben – haben einen Kropf, eine Art Zwischenlager für Samenkörner. Ihr Kropf ist eine Erweiterung der Speiseröhre und keinesfalls krankhaft. In ihm wird die Nahrung bereits eingeweicht. Auch gepickter Schnee gelangt hier hinein.

Vögel – ob sie viel oder wenig trinken – geben keinen Urin ab. Sie pinkeln also nicht. Aus den Stickstoffverbindungen, die im Körper bei der Eiweißverstoffwechselung anfallen, bilden sie die eher klebrige Harnsäure. Säugetieren bilden hingegen Harnstoff, der als Harn (Urin) in der Blase gesammelt und als „Wasser“strahl abgegeben wird. Für die Harnsäure der Vögel gibt es keine eigene Ausfuhröffnung, sondern sie gelangt über die Harnleiter in den Enddarm. Dort mischen sich Kot und Harn. Das Gemisch wird in mehr oder minder fester Konsistenz über die sogenannte Kloake ausgeschieden.

Ringeltaube von hinten, aber sie hat den Kopf zu uns gedreht
Satte Ringeltaube im Entspannungsmodus, nachdem sie ihren Durst mit Schnee gestillt hat.

Ringeltaube | Pigeon ramier | Woodpigeon | Columba palumbus



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Kommentar zu “Schnee gegen den Durst

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