In der Gruppe der Pelikane (Familie Pelecanidae) ist der Krauskopfpelikan der mächtigste unter den insgesamt sieben Arten. Von der Schnabel- bis zur Schwanzspitze misst er 160 bis 180 cm, die Flügelspannweite beträgt 270 bis 320 cm, und 10 bis 12 Kilogramm wiegen die imposanten Vögel. Ihre Jungen bringen, kurz bevor sie flügge werden, bis zu 13 kg auf die Waage. Sie sind dann besonders schwer.
Pelikane sind beeindruckende Vögel, vor allem wenn sie vom Wasser abheben, dann mal flügelschlagend und mal gleitend dahinfliegen, bevor sie schließlich wieder landen.
Der Krauskopfpelikan lebt nicht auf dem offenen Meer, sondern bevorzugt flache Gewässer, wie das Donaudelta, und fischreiche Binnenseen zwischen Dalmatien – daher der englische Name Dalmatian Pelican – und der Mongolei.
Am nordgriechischen Kerkinisee nahe der Grenze zu Bulgarien konnte ich ausgiebig beobachten, wie der große Wasservogel zwischen Luft und Wasser manövriert und wie er sich mit den beiden so unterschiedlichen Elementen arrangiert.
Kleines Porträt
Der Krauskopfpelikan ist frisurtechnisch ein Punk. Selbst im Oktober, und also im Schlichtkleid, sehen die silbrig-weißen Vögel mit ihrem krausen Schopf und dem mächtigen Schnabel faszinierend aus.
Wenn sie im zeitigen Frühjahr vom Schlichtkleid zum Prachtkleid wechseln, sind sie fotografisch ein Highlight. Denn dann ist der Schnabel dunkelgrau getönt und der Kehlsack leuchtet in einem intensiven Rot.
Dieser flexible Kehlsack, der im Unterschnabel hängt und meist eingezogen ist, wird zum wesentlichsten Utensil der Pelikane, wenn sie fischen. Mit geöffnetem Schnabel – wie mit einem Kescher – fangen sie ihre Beute ein, die unverzüglich verschluckt wird. Aber dazu ausführlich ein anderes Mal.
Ist der Pelikan satt und entspannt, dann trägt er den schweren Schnabel nicht mit gestrecktem Hals und aufrechtem Kopf, sondern er macht es sich gemütlich und dümpelt auf dem Wasser.
Fliegen mit Luftkissentrick
Zwar brüten Krauskopfpelikane in Bodennestern, aber ansonsten leben sie auf dem Wasser, gerne ruhen sie auf Plattformen oder Inselchen. Tagsüber gehen sie zwei- oder dreimal auf Fischfang. Um größere Strecken zurückzulegen, fliegen Pelikane – so wie diese kleine Gruppe, die bei hereinbrechender Dunkelheit zu ihrem Schlafplatz unterwegs war.
Typisch ist der Wechsel zwischen heftigem Flügelschlagen und einem kräftesparenden Gleiten nah über der Wasseroberfläche. Beim Gleiten verlieren alle Vögel an Höhe – außer sie befinden sich in einer starken aufwärtstreibenden Thermik –, und wer dann nicht landen oder wassern will, muss irgendwann mit den Flügeln schlagen, um das Absinken zu kompensieren.
Trotz ihres Gewichts sind Pelikane recht gute Gleiter. Wie derart schweren Vögel das gelingt, hat der Zoologe Georg Rüppell hat in seinem wunderbaren Buch Vogelflug (Rowohlt Verlag, Reinbek 1980) erklärt und vom „Luftkissentrick” gesprochen, Seite 76
In Erdbodennähe oder über Wasserflächen können Vögel durch einen besonderen Effekt weiter gleiten als im freien Luftraum. Durch den fliegenden Vogel wird die Luft über der festen Unterlage unter dem Flügel gestaut. Dadurch erhöht sich der Überdruck auf den Flügelunterseiten und die Luftkraft wird größer. Der Vogel wird gehoben und kann deshalb weiter gleiten.
Auch vor einer Landung auf dem Wasser gleiten Krauskopfpelikane ruhig dahin. Sich kopfüber ins Wasser zu stürzen, ist definitiv nicht ihr Ding; selbst dann nicht, wenn sie einen Fisch gesichtet haben. Ein regelrechtes Stoßtauchen macht nur der vergleichsweise kleine Braune Pelikan oder Braunpelikan, der an der Westküste von Nord-, Mittel- und Südamerika lebt.
Starten vom Wasser aus
Beim Starten müssen schwere Vögel viel Beinarbeit leisten, um auf Touren zu kommen und abzuheben. Georg Rüppell, der gerne Vergleiche mit Flugzeugen heranzieht, um Prinzipien des Vogelflugs zu veranschaulichen, schreibt dazu, Seite 113
Füße und Beine, die als Hilfsmotoren und „Abstandshalter“ wirken, treiben den Vogelkörper an, um ihm die nötige Anfangsgeschwindigkeit zu verleihen. Dabei halten sie ihn von der Wasseroberfläche fern, so daß die Flügel beim Schlagen nicht ins Wasser eintauchen.
Während zum Beispiel Flamingos und Blässhühner beim Starten das Wasser treten, indem sie kräftig darüber laufen, schaufeln Pelikane das Wasser mit beiden Beinen gleichzeitig nach hinten. Und weil sie schwer sind, müssen sie sich auf diese Weise mehrmals von der Wasserfläche abstoßen.
Und nochmals die Startphase in Zeitlupe!
„Schaufeln“ ist übrigens ein passendes Wort, um zu charakterisieren, wie Pelikane vom Wasser aus starten. Denn durch die kräftigen Schwimmhäute zwischen den Zehen der sogenannten Ruderfüßer entsteht eine breite, schaufelförmige Fläche. Nicht nur die ist nötig, sondern auch besonders starkes Flügelschlagen. Dazu schreibt Rüppell, Seite 117
Beim Starten gilt es die Masse des Vogels zu beschleunigen und zusätzlich den Widerstand der Luft zu überwinden. Die Flügel werden dann besonders heftig geschlagen.
Landen auf dem Wasser
Wenn große Vögel landen, brauchen sie einen Untergrund, der sich verformt und dabei ihre Bewegungsenergie, gewissermaßen ihr Gewicht und ihren Schwung, aufnimmt. Wasser ist ein relativ weicher Landeplatz – das berücksichtigt auch die Raumfahrt, wenn sie Astronauten in ihren stabilen Kapseln im Meer landen lässt.²
Die Prachttaucher und andere große Seetaucher wassern nach einem sehr flachen Anflug direkt auf Brust und Bauch. Anders geht es auch nicht, wenn die Füße – wie bei diesen Vogelarten üblich – weit hinten stehen. Pelikane machen es hingegen wie Gänse und Schwäne: Sie strecken ihre Schwimmfüße angewinkelt nach vorne und gleiten auf ihnen wie auf Wasserskiern. Dann sinken sie langsam ein.
Es reicht aber nicht, die Füße geschickt einzusetzen, darum wird der Schwung zusätzlich durch die Flügel abgebremst. Diese werden aufgestellt und zugleich hin- und her geschlagen.
Abschließend für die Technikbegeisterten das Wassern der Pelikane mit den Worten des Biologen und Flugexperten Rüppell, Seite 121
Um den Schwung des eigenen Körpers in der Luft abzubremsen, wenden Vögel die gleichen Maßnahmen an wie Flugzeuge: Sie vergrößern ihre Anstellwinkel. Aber während Flugzeuge dies durch ein Herausschieben der Landeklappen erreichen, kippen Vögel ihre Flügel einfach mit der Vorderkante voran aufwärts.
Wenn ein Krauskopfpelikan gelandet ist, dann sinkt der schwere Körper zunächst tief ein, bevor der Vogel wieder oben auf dem Wasser schwimmt. Das ist für sie typisch! Und um ein Kippeln zu verhindern, stellen sie die Flügel beim Dümpeln auf dem Wasser etwas auf – das ist auf Fotos oben im Abschnitt Kleines Porträt gut erkennbar.
Hintergrund
Der Krauskopfpelikan ist heute eine Rarität,³ denn als Fischfresser wurde er vielerorts verfolgt, also geschossen. Die Bestände, etwa im Donaudelta, sind vor der Jahrtausendwende dramatisch eingebrochen, gerade auch dort, wo die Vögel sich an kommerziellen Fischteichen bedienten. Sie konnten nicht unterscheiden, was erlaubt ist – und was nicht.
Zusätzlich hat der Mensch stark in den Lebensraum der Krauskopfpelikane eingegriffen. Die Art benötigt flache Gewässer zum Fischen und brütet am Boden in Schilfzonen. Doch vielen Deltas, Sümpfen und Binnengewässern wurde Wasser entzogen – zum Schaden vieler Wasservögel.
¹ Verschattungen auf den Fotos sind dem Beobachtungsboot geschuldet, das diese Pelikane kennen und an das sie nah heranschwimmen. So wie sie es auch bei freundlichen Fischern tun.
² Es gibt auch gute Gründe, Raumfahrtkapseln dem Land landen zu lassen. Üblich ist das bei russischen Kosmonauten.
³ Die internationale Organisation BirdLife bezeichnet den Bestand als „near threatened”, also nahezu vom Aussterben bedroht. Im Prinzip hat sich die Situation des Krauskopfpelikans in den letzten Jahrzehnten etwas verbessert, und zwar durch Schutzgebiete und weniger Abschüsse, die generell verboten sind. Man geht von 11.000 bis etwas über 13.000 Individuen weltweit aus.
Krauskopfpelikan | Pélican frisé | Dalmatien Pelican | Pelecanus crispus
Welch eine Freude diesen schönen Vögeln wieder zu begegnen. Wir hatte vor einigen Jahren an Floridas Westküste jeden Abend beim „sundowner“ das Vergnügen ihnen zuzusehen bei ihrem Schaulaufen, besser Schaufliegen. Sie schienen sich Ihrer Wirkung auf uns Bewunderer bewusst.Dein Bericht hat schöne Erinnerungen geweckt!
Fred
Ja, du hast Recht, Pelikanen kann man stundenlang zuschauen. Du hast vermutlich den Braunpelikan gesehen – der lebt u.a. an der Küste Floridas. Vielleicht finde ich noch ein Foto von der Art, die fürs Stoßtauchen berühmt ist. Kürzlich hatte ich auf der Startseite des Blogs dieses Foto des Rosapelikans. Er und der Krauskopfpelikan sind die größten Vertreter.