Prächtiger Besuch

11. November 2016 | Falke & Co, Große Vögel | 4 Kommentare

Habicht sitzt im grünen Blattwerk einer Robinie

Habicht verborgen im Geäst einer Robinie

Das erste Mal war ich irritiert und habe es nicht für möglich gehalten: Ein großer Greif, verborgen unter den etwas wirren Ästen einer alten Robinie, war zu Gast in unserem Garten. Gut getarnt, aber direkt vor meinem Balkon. Um wen es sich handelte, hatte ich zunächst überhaupt nicht erkannt, aber doch blitzschnell die heikle Situation erfasst: Auf dem Balkon vergnügte sich unser junger Kater.

Ich griff mir das Kätzchen und gleich darauf den Kosmos-Vogelführer. Von der Zeichnung her konnte das nur ein Sperber oder Habicht gewesen sein. Von der Größe her musste es ein Habicht sein. Vom Kopf bis zur Schwanzspitze messen männliche Tiere 50 cm, die weiblichen sogar 60 cm. Sperber sind kleiner.

Und wie ich mittlerweile weiß, verschmäht der Habicht weder Eichhörnchen noch junge Katzen, obwohl er es vor allem auf Tauben, Elstern, Amseln, Stare und Eichelhäher abgesehen hat.

Irgendwann vergaß ich die Sache mit dem Habicht in unserem Garten.

Die zweite Begegnung liegt über zwei Jahre zurück: Als ich morgens vom Balkon in den Garten blickte, lag dort unten eine tote Taube. Die hatte zweifelsohne ein Greif geschlagen und säuberlich gerupft – bis er irgendwann gestört worden war. Es war noch früh am Morgen und die Ringeltaube wirkt noch recht frisch.

Eine gerupfte Ringeltaube auf dem Rasen, die der Habicht geschlagen hat.

Habichtfutter im Garten

Mittlerweile weiß ich auch das: Hat der Habicht ein Tier geschlagen, dann kann er ihm sowohl auf dem Boden als auch auf einem Ast zu Leibe rücken. Will er seine Jungen mit der Beute füttern, so rupft er diese meist vor Ort und bringt sie erst dann zum mächtigen Nest, dem Horst.

In diesem Sommer begegnete ich dem Habicht gleich zweimal: Beim Treffen Nummer drei, rauschte er aus der Robinie als ich auf dem Balkon den Tisch decken wollte. Ich sah nur einen breiten Schatten aus dem Geäst fliegen. Das passt, weil der Habicht ursprünglich ein Jäger des Waldes ist. Seine Schwingen sind nicht sehr lang, eher breit. Sein Schwanz – man spricht von Stoß – ist im Flug ebenfalls breit gefächert. Das hilft beim Navigieren zwischen den Bäumen und im Geäst.

Beim vierten Treffen hatte der Habicht sich offenbar verkalkuliert. Vielleicht fühlte er sich in seinem Versteck zu sicher. Wir saßen jedenfalls schon am Tisch und plötzlich ließ mich etwas aufblicken, vielleicht ein Rascheln in der Robinie als er sich aus dem Geäst etwas vorwagte. Auffällig vor allem: Im Garten herrschte Totenstille. Weder die lautstarken Nebelkrähen, noch die zeternden Elstern waren zu hören. Erst recht keiner der quirligen Spatzen.

Habicht auf einem Ast. Kopf setilich geneigt. Wirkt etwas irritiert.

Etwas irritert durch die Menschen gegenüber auf dem Balkon

Der unerwartete Gast in unserem Garten tat mir dann einen großen Gefallen: Er blieb sitzen, während ich die Kamera holte. Viel Zeit ließ er mir nicht, obwohl unsere abendliche Tischgesellschaft mäuschenstill war. Nach einigen Sekunden hatte er sich durchgerungen und rauschte mit aller Macht aus dem Geäst und davon. Habichte mögen keine Menschen …

Habicht duckt sich, kurz bevor er vom Ast der Robinie abhebt.

C 24 in den Startlöchern

Berliner Habichte

Besonders erfreulich war, dass sich auf meinen Fotos der Ring ablesen ließ, den unser geflügelter Besucher am Fuß trug. Norbert Kenntner, Habichtexperten und Beringer beim NABU Berlin, konnte ihn daher identifizieren: „Mein” Habicht, also C 24, ist ein neun Jahre altes Männchen und im Südwesten von Berlin aus dem Ei geschlüpft. Er wurde am 17.6.2007 als Jungvogel beringt und hat vermutlich nicht nur eine unliebsame Erfahrungen in der Großstadt gemacht. Zum Beispiel hat er sich einmal in einer Tiefgarage verfangen, fand nicht wieder heraus.

Aber was die Tiere angeht, sind viele Berliner fürsorglich. Die Experten vom NABU wurden informiert und konnten ihn aus seinem Gefängnis befreien. Damals bekam er einen neuen metallischen Ring am rechten Fuß.

Früher habe ich nicht gewusst, dass einige Dutzend Habichthorste in Berlin verstreut sind. In ganz Deutschland soll es 12.000 Brutpaare geben. Phantastisch! Der Habicht ist ein grandioser und streng geschützter Vogel.Um seinen Horst herum ist vor allem während der Brutzeit jede Störung verboten.

Und ich bin in den letzten Jahren schlauer geworden, auch durch die Informationsabende der AG Greifvogelschutz des NABU Berlin, die Rainer Altenkamp organisiert. Er hatte übrigens mit einem Kollegen auch „meinen“ Habicht aus der Tiefgarage befreit.

Eine wunderbare Lektüre möchte ich unbedingt empfehlen: Der Habicht. Vom Waldjäger zum Stadtbewohner, 2015, Verlag Oertel+Spörer. Die Autoren sind im Greifvogelschutz aktiv und ausgezeichnete Fotografen.

aktualisiert am 20.2.2022

Habicht | Autour des palombes | Hawk | Accipiter gentilis

Liebe Fans meiner Fotos, ich freue mich, wenn euch das eine oder andere Foto so gefällt, dass ihr es von meiner Website herunterladen möchtet. Allerdings sind alle mit ©Copyright geschützt. Darum fragt mich bitte per E-Mail vor jedem Download. Elke Brüser

4 Kommentare

  1. Hier in meiner Umgebung (Rhein Main – Gebiet in Hessen) ist der Habicht vom Aussterben bedroht und steht ganz oben auf der „Roten Liste“

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  2. Ich hatte vor ca. 20 Jahren eine Begegnung mit dem Habicht hier in Spandau in einer Nebenstrasse. Direkt vor meinem Auto, ich fuhr zum Glück gerade ganz langsam, landete ein Habicht mit einer in der Luft geschlagenen Taube auf der Strasse. Dort packte er sie neu und flog mit der schweren Last in einen nahe gelegenen Baum. Ich war schwer beeindruckt und wusste damals auch noch nicht, dass der Habicht gerade in Spandau nicht selten ist. Die Tiere brüten im Spandauer Forst und fliegen zum Beute machen wohl ins Häusermeer. Man sieht auch heute in Spandau fast keine Tauben mehr.

    Antworten
    • Ja, im Spandauer Forst brüten Habichte, und Tauben sind für sie die ideale Beute. In Berlin ist die Zahl der Haustauben in der Tat stark zurückgegangen. Die Gründe sind nicht klar. Andererseits nimmt die Zahl der Ringeltauben in Berlin etwas zu. Der Habicht hatte bei uns eine Ringeltaube erwischt. Wenn man den Greif mal so nah vor sich hat, ist das wirklich total faszinierend.

  3. Liebe Elke, welch ein guter informativer Bericht! So weiß ich jetzt wenigstens ein bißchen mehr nicht nur über unseren Garten. Das ist aber sicher noch nicht das Ende! Ich freu mich schon und bin gespannt!

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  • Elke Brüser zu Rostrot geschmücktDanke für Ihren netten Kommentar, und gerne dürfen Sie den Sperber als Vorlage benutzen. Wenn Sie mögen, können Sie mir auch später das Ergebnis senden. Und vielleicht gefällt es Ihnen sogar, wenn ich…
  • Dr. Elisabeth Schnell-Rath zu Rostrot geschmücktWie wundervoll dieser Bericht wieder ist!!! Toll und herzlichen Dank dafür! Ja Bernd Pöppelmann malt sehr gelungene Bilder - übrigends auch sein Freund Claus Rabba… Darf ich bitte das wunderschöne Fot…
  • Elke Brüser zu Segler der AndenLiebe unbekannte Katja, da hast du mir mit deinem Kommentar heute Morgen aber große Freude geschenkt. Danke!
  • Katja Garni zu Segler der AndenHerzensDank für den so tiefgründigen Bericht ❣️ Ich liebe sie sehr die Könige der Lüfte … Und die Anden faszinieren mich schon geraume Zeit - WunderVolle Bilder und Erfahrungen teilst du mit uns teils…

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Du ahnst es vielleicht schon: Im Wort Birding steckt der englische „bird“. Unter Vogelfreunden ist das ein Schlagwort für die Beobachtung der gefiederten Tierwelt – im Feld, wie man so schön sagt. Also draußen. Ein paar Anmerkungen dazu findest du → hier.

Frau mit Fernglas beobachtet etwas in der Ferne

Mit Fernglas und Kamera auf Vogel-„Jagd“ zu gehen, ist mancherorts geradezu ein Sport und von Wetteifer geprägt. Ich halte aber wenig davon, möglichst viele und auch seltene Arten aufspüren zu wollen, um sie akribisch in Listen zu erfassen. Mein Ding ist: stehen bleiben, lauschen und schauen, was Tiere so treiben.

Textes en français

Si cela t’intéresse: Ma chère amie Annie Riou a traduit quelques articles du blog en français. Et depuis 2023 Juliette Rakei, étudiante de la zoologie à Berlin et bilingue, fait des traductions. Merci! Tu les trouves ici.

Vogel des Jahres

Drei dunkle Hausrotschwänze in einer Grafik. Links der weibliche Vogel rechts davon der männliche, beide mit roten Schwanzfedern. Der männliche Vogel ist an weißen Federn am Kopf und auf den Flügeln zu erkennen. Ganz rechts auf der Grafik und neben den Eltern ein dunkelbraun-grauer Jungvogel.

2025 Der Hausrotschwanz

Zwei schwarz-weiße Vögel mit teils schillernden Flügeln stehen sich gegenüber, unter ihnen ein kleiner Jungvogel.

2024  Der Kiebitz

Zwei Braunkehlchen sitzen auf einer Distelblüte, es sind Männchen und Weibchen.

2023  Das Braunkehlchen

Ein Rotkehlchen hockt auf einem Ast und füttert mit einem Wurm, den es im Schnabel hält, einen Jungvogel.

2022  Das Rotkehlchen

Wiedehopf mit gesträubter Haube - Ausschnitt aus einer Grafik im "Naumann" Bd.IV

2021  Der Wiedehopf

Eine rosabrüstige Taube sitzt auf einem Ast und blickt mit ihrem roten Auge zu uns.

2020  Die Turteltaube

Vier Lerchenvögel, in der Mitte ein adultes männliches Tier mit kleiner Holle.

2019  Die Feldlerche

Männlicher und weiblicher Star im Frühjahr im Prachtkleid - mit weißen Tupfern auf schwarzem Grund - auf einen Zweig sitzend.

2018  Der Star

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2017  Der Waldkauz

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2016  Der Stieglitz

Seevogel des Jahres

Drei schwarzköpfige Möwen im sogenannten Prachtkleid oder Brutkleid. In der Mitte steht die Lachmöwe mit orangerotem Schnabel und ebensolchen Beinen.

2025  Die Lachmöve

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2024  Der Sterntaucher

Brandseeschwalbe mit schwarzem Schädel und Mähne steht auf einem Felsen am Meer.

2023  Die Brandseeschwalbe

Ein möwenartiger Vogel steht auf einem Felsstein im nordisch anmutenden Meer

2022  Der Eissturmvogel

Der Jahresseevogel 2021 als Zeichnung: Zwei Weißwangengänse mit weißer Stirn und weißer Kehle vor einem nordischen Meer mit steilen Felsen.

2021  Die Weißwangengans

Auf einem Felsvorsprung am Meer steht eine Fluss-Seeschwalbe mit deutlich schwarzer Schnabelspitze. Links eine Zwergseeschwalbe und hinter ihr eine Küstenseeschwalbe.

2020  Die Fluss-Seeschwalbe

Eine schwarzweiß gemusterte Eiderente mit pfirsichfarbener Brust paddelt mit den Füßen im grünlich Meerwasser.

2019  Die Eiderente

Drei Sandregenpfeifer stehen am Meeresstrand. Links das Weibchen, rechts ein blasser gefärbter Jungvogel und in der Mitte das Männchen auf einem Stein. Jungtier

2018  Der Sandregenpfeifer

Vier Eisenten hocken auf Steinen im Wasser: großes männliches Tier mit brauner Brust, helleres weibliches Tier und zwei ebenfalls helle Jungvögel.

2017  Die Eisente

Drei Basstölpel in verschiedenen Altersstufen: weißes Baby, dunkler Jungvogel und weißer Altvogel mit gelblichem Kopf.

2016  Der Basstölpel

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