Nestbau ist kein Kinderspiel

12. April 2020 | Große Vögel | 2 Kommentare

Drei schwarz-weiße Elstern im blaalosen Geäst vor blauem Himmel.

Elstern: Langschwänzig und aus der Ferne schwarz-weißes Gefieder

Kürzlich hatte ich das Glück, vom Küchenfenster aus Elstern beim Nestbau beobachten zu können. Die langschwänzigen, schwarz-weißen Vögel sind unruhige, extrem aufmerksame Geschöpfe, deren Farbenpracht oft verborgen ist. In der Zeit des Nestbaus sind sie besonders wachsam und mögen keine Zuschauerin wie mich. Schnell werden sie skeptisch und verschwinden im nächsten Baum oder im Gebüsch.

Elstern treiben sich oft in unserem Garten und in der Nachbarschaft herum. Aus der Ferne sieht das schillernde Gefieder meist schlicht schwarz-weiß aus. Aber durch das Fernglas zeigt sich die ganze Pracht.

Elsternpaar zwischen ästen, das blau-grüne Gefieder ist gut erkennbar.

Mehr Farbnuancen als gedacht: grüne und blaue Töne

Insbesondere wenn der Himmel etwas verhangen ist, schafft es auch die Kamera die Farben einzufangen – das heißt, den Schwanz mit seinen grünlichen Steuerfedern und die weitgehend stahlblau getönten Flügel, bei denen Vogelkundige zwischen Hand- und Armschwingen unterscheiden. Teilweise ist die Färbung auch ein Blaugrün und sehr dunkel. Das gilt etwa für die Handschwingen und die so genannten Decken.

Kopie einer Zeichnung mit dem typischen Umriss eines Vogels. Farbig markiert sind die blauen und grünen Federbereiche von Elstern.Um das zu verdeutlichen, habe ich aus Brehms Tierleben eine schematische Vogelzeichnung übernommen und händisch etwas angepinselt. (Brehms Tierleben, 1900, Leipzig und Wien, Die Vögel, Bd. I, S. 6)

Sie soll illustrieren, welche Federpartien bei adulten Elstern in grünen und blauen Tönen schillern. Grün umrandet habe ich das Schwanzgefieder und die Flügeldecken, blau gerahmt sind Arm- und Handschwingen.

Nestbau in der Fichte

Die großen Nester von Greifvögeln wie auch von Krähenvögeln, zu denen die Elstern zählen, bezeichnen wir in der Biologie meist als Horst. Oft werden sie von den Vögeln – oder auch einer anderen Art – nicht nur in einer Saison genutzt, sondern nach einigen Umbauarbeiten und Renovierungen mehrjährig.

Fichte mit zwei Wipfeln, rechts eine dunkle Verdichtung: das Nest im Bau.

Hier entsteht neben dem Fichtenzapfen ein neuer Horst.

Regelmäßig höre ich das „SchakSchak“ oder „Schakerack“ der Elstern im Garten. Aber meistens sind sie auf und davon, bevor ich zur Kamera greifen kann. Umso mehr erfreut war ich, als ich am 20. März bemerkte, dass ein Elsternpaar entschieden hatte, weit oben in der mächtigen Fichte unserer Nachbarn einen Horst zu errichten.

Nestanlage in der grünen Fichte: Zwei Elstern beim Nestbau

Wer genau hinschaut sieht hier zwei Elstern. (Foto durch Aklicken vergrößern!)

Bekannt ist, dass Elstern dort gerne nisten, wo sie sich auch sonst herumtreiben. Sie gelten daher als eine standorttreue Vogelart. Und die Nähe zu Menschen stört sie nicht, im Gegenteil. Udo Bährmann schreibt in seiner Monographie Die Elster (Neue Brehm-Bücherei, 1968/1995, Magdeburg) auf Seite 44

Die Elster richtet sich bei der Wahl des Standortes ihres Horstes nach den Gegebenheiten ihres Aufenthaltsortes. Außer der Nähe menschlicher Niederlassungen, wo sie mit Vorliebe brütet, horstet sie auf allen möglichen Bäumen, bald niedrig, bald hoch.

Eine Unterlage errichten

Elster kommt für Nestbau mit einem langen Halm im Schnabel angeflogen

Anflug mit langem Zweig

Unglaublich emsig brachten beide Elstern permanent Nistmaterial herbei und versuchten damit, zwischen den sperrigen Zweigen des Nadelbaums hindurch zu kommen und eine Unterlage zu konstruieren. Das ist nämlich der erste Schritt, bevor nach und nach ein fast kugelförmiges Nest entsteht. Udo Bährmann formulierte diesen Job der Elstern ganz unaufgeregt so (Seite 45)

Die erste Unterlage besteht aus einer Schicht querübereinandergelegter trockener Reiser.

Ja. Klar. Doch diese Unterlage zu bauen, ist definitiv kein Kinderspiel. Beim Zuschauen hätte ich dem Elsterpaar gerne unter die Arme, nein die Fittiche, gegriffen… Zwei kurze Video-Ausschnitte, bei denen der starke Wind und die nistenden Haussperlinge unter dem Hausdach zu hören sind, sollen das illustrieren.

Und die ganze Tücke des Objekts offenbart sich nochmals hier:

Kontrolle muss sein

Bei den Elstern bauen der männliche und der weibliche Vogel, wobei ihre Rollen etwas ungleich verteilt sind. Mit der Zeit wird Herr Elster immer mehr zum Zuträger von Material und zum Kontrolleur der Umgebung. Frau Elster kümmert sich primär um den Innenausbau.

auf dem höchsten Punkt der Fichte sitzt die Elster.

Ausblick mit Kontrollfunktion

Immer wieder konnte ich beobachten, dass eine der Elstern – ich denke, es war das etwas größere Männchen – die Wächterposition auf der Fichtenspitze einnahm. Das hatte seinen Grund.

Schwarz-graue Krähe sitzt auf einem Schornstein aus rotem Backstein.

Die Nebelkrähe fixiert die Fichte

Nicht weit entfernt hatten bereits Nebelkrähen einen Horst errichtet, und die fanden es offensichtlich überhaupt nicht lustig, dass hier Elstern brüten und mit der Nebelkrähenfamilie um Nahrung für den zu erwartenden Nachwuchs konkurrieren wollten.

Womöglich war den Krähen diese Horstanlage zu nah an der eigenen. Denn sie erschienen nicht nur regelmäßig auf unserem Schornstein und fixierten die große Fichte, sondern flogen Attacken in diese Richtung. Hin und wieder ließen sie sich sogar laut krächzend nahe der Horstanlage im Geäst nieder.

Nebekrähe vor der Hauswand fliegend und das Nest in der Fichte. Kräeh und Nest durch Kreise markiert.

Anflug der Nebelkrähe in Richtung Elsterhorst. Krähe und Horst sind markiert.

Die schwarz-graue krähe sitzt zwischen grünen Fichtenzweigen.

„Meckernde“ Nebelkrähe etwas unterhalb der Horstanlage der Elstern

Manchmal brüten Elstern und Nebelkrähen in gar nicht so großer Entfernung einträchtig nebeneinander. Manchmal aber nicht – und dann geben die Elstern ihren Rohbau auf. Das ist unter Umständen auch kein Problem, denn im März ist ihr sogenannte Bautrieb stark, und binnen weniger Tage bauen sie eine zweite oder sogar dritte „Wohnung”. Abschließend zitiere ich nochmals Udo Bährmann (Seite 46)

Es kommt nicht selten vor, daß mehrere Nester von ein und demselben Pärchen nacheinander angefangen werden, von denen meist das zuletzt begonnene vollständig ausgebaut und zur Brut verwendet wird.

Ich werde bald berichten, wie es in diesem Fall weiterging.

Elster | Pie bavarde | Magpie | Pica pica

Liebe Fans meiner Fotos, ich freue mich, wenn euch das eine oder andere Foto so gefällt, dass ihr es von meiner Website herunterladen möchtet. Allerdings sind alle mit ©Copyright geschützt. Darum fragt mich bitte per E-Mail vor jedem Download. Elke Brüser

2 Kommentare

  1. Ein Wort zu Nebelkrähen – Jetzt, wo es auch in unserer kleinen, aber oft dicht befahrenen Kiez-Straße in Schöneberg so ruhig geworden ist, konnte ich die Tage sechs oder sieben Krähen gut beobachten. Die Bande macht beim Hin- und Herfliegen zwischen Dächern, Schornsteinen und Baumkronen mächtig Radau. Sie sind, und waren es wohl immer schon, die Chefs dieser Straße. Und dann verziehen sie sich wieder. Vermutlich ist ihr Revier weit größer als ich von meinem Balkon aus erkennen kann.

    Antworten
    • In der Tat hat man manchmal den Eindruck, dass ein Paar Nebelkrähen oder ein Grüppchen die Straße kontrollieren – und derzeit fallen sie uns stärker auf, weil es insgesamt leiser geworden ist. Zusätzlich hat ihnen Covid-19 ein Problem beschert: durch die Schließung von Schulen, Spielplätzen und Restaurants geht ihnen viel an Nahrung verloren, die dort weggeworfen wird oder liegen bleibt. Sie darben also mehr, möglicherweise streiten sie auch mehr.

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Birding

Du ahnst es vielleicht schon: Im Wort Birding steckt der englische „bird“. Unter Vogelfreunden ist das ein Schlagwort für die Beobachtung der gefiederten Tierwelt – im Feld, wie man so schön sagt. Also draußen. Ein paar Anmerkungen dazu findest du → hier.

Frau mit Fernglas beobachtet etwas in der Ferne

Mit Fernglas und Kamera auf Vogel-„Jagd“ zu gehen, ist mancherorts geradezu ein Sport und von Wetteifer geprägt. Ich halte aber wenig davon, möglichst viele und auch seltene Arten aufspüren zu wollen, um sie akribisch in Listen zu erfassen. Mein Ding ist: stehen bleiben, lauschen und schauen, was Tiere so treiben.

Textes en français

Si cela t’intéresse: Ma chère amie Annie Riou a traduit quelques articles du blog en français. Et depuis 2023 Juliette Rakei, étudiante de la zoologie à Berlin et bilingue, fait des traductions. Merci! Tu les trouves ici.

Vogel des Jahres

Drei dunkle Hausrotschwänze in einer Grafik. Links der weibliche Vogel rechts davon der männliche, beide mit roten Schwanzfedern. Der männliche Vogel ist an weißen Federn am Kopf und auf den Flügeln zu erkennen. Ganz rechts auf der Grafik und neben den Eltern ein dunkelbraun-grauer Jungvogel.

2025 Der Hausrotschwanz

Zwei schwarz-weiße Vögel mit teils schillernden Flügeln stehen sich gegenüber, unter ihnen ein kleiner Jungvogel.

2024  Der Kiebitz

Zwei Braunkehlchen sitzen auf einer Distelblüte, es sind Männchen und Weibchen.

2023  Das Braunkehlchen

Ein Rotkehlchen hockt auf einem Ast und füttert mit einem Wurm, den es im Schnabel hält, einen Jungvogel.

2022  Das Rotkehlchen

Wiedehopf mit gesträubter Haube - Ausschnitt aus einer Grafik im "Naumann" Bd.IV

2021  Der Wiedehopf

Eine rosabrüstige Taube sitzt auf einem Ast und blickt mit ihrem roten Auge zu uns.

2020  Die Turteltaube

Vier Lerchenvögel, in der Mitte ein adultes männliches Tier mit kleiner Holle.

2019  Die Feldlerche

Männlicher und weiblicher Star im Frühjahr im Prachtkleid - mit weißen Tupfern auf schwarzem Grund - auf einen Zweig sitzend.

2018  Der Star

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2017  Der Waldkauz

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2016  Der Stieglitz

Seevogel des Jahres

Drei schwarzköpfige Möwen im sogenannten Prachtkleid oder Brutkleid. In der Mitte steht die Lachmöwe mit orangerotem Schnabel und ebensolchen Beinen.

2025  Die Lachmöve

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2024  Der Sterntaucher

Brandseeschwalbe mit schwarzem Schädel und Mähne steht auf einem Felsen am Meer.

2023  Die Brandseeschwalbe

Ein möwenartiger Vogel steht auf einem Felsstein im nordisch anmutenden Meer

2022  Der Eissturmvogel

Der Jahresseevogel 2021 als Zeichnung: Zwei Weißwangengänse mit weißer Stirn und weißer Kehle vor einem nordischen Meer mit steilen Felsen.

2021  Die Weißwangengans

Auf einem Felsvorsprung am Meer steht eine Fluss-Seeschwalbe mit deutlich schwarzer Schnabelspitze. Links eine Zwergseeschwalbe und hinter ihr eine Küstenseeschwalbe.

2020  Die Fluss-Seeschwalbe

Eine schwarzweiß gemusterte Eiderente mit pfirsichfarbener Brust paddelt mit den Füßen im grünlich Meerwasser.

2019  Die Eiderente

Drei Sandregenpfeifer stehen am Meeresstrand. Links das Weibchen, rechts ein blasser gefärbter Jungvogel und in der Mitte das Männchen auf einem Stein. Jungtier

2018  Der Sandregenpfeifer

Vier Eisenten hocken auf Steinen im Wasser: großes männliches Tier mit brauner Brust, helleres weibliches Tier und zwei ebenfalls helle Jungvögel.

2017  Die Eisente

Drei Basstölpel in verschiedenen Altersstufen: weißes Baby, dunkler Jungvogel und weißer Altvogel mit gelblichem Kopf.

2016  Der Basstölpel

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