Das Buch Der Weißstorch ist eine empfehlenswerte Lektüre für Schulkinder und die ganze Familie. Auch in Kindertagesstätten sollte es nicht fehlen.
Der Autor Ulrich Kattmann hat keine süßliche, zu Tränen rührende Geschichte à la Disney über eine Storchenfamilie erdacht, sondern ein inhaltsreiches Buch über das Leben der Weißstörche geschrieben. Kein Wunder: Bevor er in den Ruhestand ging, war er viele Jahre Professor für Didaktik der Biologie an der Universität Oldenburg.
Im ersten Kapitel gelingt es ihm mit ganz wunderbaren Grafiken von Daniela Veit¹ das abwechslungsreiche Leben der Störche im Jahreslauf zu veranschaulichen. Da wird kleinen und großen Lesern sofort klar, wann Störche bei uns zu beobachten sind und dass sie „traditionell“ jenseits der Sahara überwintern.
Warum eine größere Zahl der Störche die kalte Jahreszeit mittlerweile nördlich des Mittelmeeres und nicht in Afrika verbringt, erklärt der Autor natürlich auch.
Im Anschluss an die dekorativen Illustrationen, die sich in Der Weißstorch nebeneinander über eine Doppelseite erstrecken, erfahren wir eine Menge über die Verwandtschaftsverhältnisse der weltweit 20 Storcharten: Nah verwandt mit den weißen Vertretern (Ciconia ciconia) ist der Schwarzstorch (Ciconia nigra). In anderen Erdteilen leben weitere auffällige Arten wie der Klaffschnabel und der Marabu, über die ich in diesem Blog schon berichtet habe.
Die Storchenverwandtschaft
Es ist kein einfaches Thema, aber tatsächlich gelingt es dem Didaktiker Kattmann zu erklären, dass nahverwandte Arten gemeinsame Vorfahren in jüngerer Zeit haben und warum andere Vögel, die ebenfalls mit langen Beinen herumstaksen, nicht so nah mit den Störchen verwandt sind. Auch hier gibt es gemeinsame Vorfahren, allerdings haben diese vor viel längerer Zeit gelebt. Zu den Vögeln, die ähnlich aussehen wie Störche, aber nur weit entfernte Verwandte von ihnen sind, zählen der Graureiher und der Kranich.
Mit Fotos und einem leicht lesbaren Fließtext wird in diesem Abschnitt erklärt, was Evolution für das Aussehen einer Tierart bedeuten kann und welche Rolle der Lebensraum spielt. Dabei helfen die Wissens-Boxen, die in der Randspalte der Buchseite stehen und sich mit Zusatzinformationen an ältere Kinder oder Erwachsene richten. Im Kapitel „Verwandtschaftsverhältnisse“ lauten beispielsweise die Überschriften der drei hellblau getönten Boxen: Verwandtschaft, Ein Fremdwort: Evolution, Schreitvögel.
Während die ersten Kapitel einen Überblick über die Vielfalt der Störche geben, beschreiben die folgenden ihren Lebensraum in Deutschland sowie ihren Weg ins Winterquartier und zurück. Nebenbei erklärt der Autor die Grundzüge der Zugvogelforschung und warum wir Westzieher und Ostzieher unterscheiden.
Familie Weißstorch
Ein zentrales Buchkapitel ist mit „Wie sich Weißstörche fortpflanzen“ überschrieben. Und es ist für Kinder womöglich das attraktivste, zumal sie vieles davon selbst beobachten können, sofern Störche in der Nähe brüten.² Inhaltlich geht es etwa um das Klappern als Teil der Begrüßungszeremonie und um Kämpfe am großen Vogelnest – dem sogenannten Horst. Es geht zudem darum, wo und wie das Nest errichtet wird, wie die Vögel sich paaren und auf welche Weise sich im Körper der Störchin das Ei herausbildet. Auch das ist grafisch sehr ansehnlich und treffend wiedergegeben.
Schließlich wird ausführlich über das Leben der Jungen und über die elterliche Fürsorge berichtet. Dazu gehört auch die Frage nach der Ernährung: Was bedeutet es, dass Störche keine Zähne haben und frischgeschlüpfte Storchenkinder viel zu klein sind, um einen Frosch zu verschlucken? Und was passiert, wenn im Sommer feuchte Wiesen austrocknen? Wovon kann der Storch dann leben?
Diese Fragen führen zum nächsten Kapitel, in dem es um „Gefährdung und Schutz des Weißstorchs“ geht. Ullrich Kattmann erklärt uns hier, dass der Storch einerseits ein Kulturfolger ist, der sich daran gewöhnt hat, in der Nähe von Menschen zu nisten.
Er verschweigt aber auch nicht, wie wichtig es ist, die heimischen, typischerweise feuchten Lebensräume des Storchs zu erhalten. Auch die vielfältigen Bedrohungen durch Strommasten, Windräder, Plastiktüten und anderen Abfall thematisiert der Autor – wenn auch sehr zurückhaltend.
Zu guter Letzt
Dieses Buch wäre kein Buch des Didaktikers Kattmann, wenn es am Ende nicht um „Projekte und Spiele“ gehen würde. Das kennen wir bereits von Die Silbermöwe. Dieses Mal regt er den Besuch eines Storchendorfes an und hat eine Menge Fragen festgehalten, die Kinder, Jugendliche und Familien sich stellen und beantworten können.³ Zusätzlich schlägt er einfache Spiele und kleine Bastelarbeiten vor. Dazu zählt ein Storch als Handpuppe und ein Storchenlesezeichen.
Zumindest ich werde einige Kindertagesstätten mit diesem Buch versorgen …
¹ Der VerlagsKG Wolf und Daniela Veit danke ich für das Nutzungsrecht an den Grafiken.
² Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass es im Elsass bei Ribeauvillé seit vielen Jahren einen sehenswerten Storchenpark mit Aufzuchtstation gibt.
³ Auch QR-Codes mit Zusatzinformationen enthält das Buch. Leider ist der erste Code zu einem Stochennest nicht mehr aktuell.
Der Weißstorch
Autor: Ulrich Kattmann
Jahr: 2022
Verlag: VerlagsKG Wolf
Danke sehr – ich freue mich immer über die schönen Beiträge. Das Buch über die Weißstörche werde ich für meine Enkelinnen kaufen , guter Tipp mit schönen Illustrationen. bleiben Sie gesund beste Grüße Lizzy Schnell-Rath