Der Weißstorch ist rund um Berlin und in Brandenburg glücklicherweise keine Seltenheit: links und rechts der Oder, an der Elbe und in der Region Nuthe-Nieplitz besetzen im Frühjahr viele Paare einen Horst.
Der dunkel schillernde Verwandte des Weißstorchs, der Schwarzstorch, ist hingegen bei uns eine Rarität. Denn es gibt zum einen in Westeuropa nur wenige Individuen, zum anderen sind diese sehr scheu. In Brehms Tierleben (1900, Vögel, Bd. 3, S. 515) steht über den Schwarzstorch:
Vom Hausstorche unterscheidet er sich vor allem anderen dadurch, daß er seinen Aufenthalt stets in Waldungen, niemals aber in Ortschaften nimmt.
Der Schwarzstorch wird auch Waldstorch genannt, denn seinen Horst baut er in kräftigen Baumwipfeln – nie nahe von Menschen oder gar im Dorf. Seine Menschenscheu macht es auch schwer, ihn aus der Nähe zu beobachten und zu fotografieren.
Meinen ersten Schwarzstorch sah ich tatsächlich an der Oder. Aber er war sehr, sehr weit entfernt.
Der zweite war gerade auf einer feuchten Wiese im südlichen Sumpfgbiet von Weißrussland auf Nahrungssuche. Und dieses Foto von meiner ersten Birding-Tour demonstriert vor allem, wie leicht man ihn übersehen kann.
Auf dem Suchbild steht der Schwarzstorch etwa in der Bildmitte. Ich habe vergebens darauf gewartet, dass er den Kopf hebt – und bin sicher, dass das kein Zufall war.
Und als wir mit dem Kleinbus langsam an ihm vorüberfuhren, flog er urplötzlich hinter das nächstbeste Gebüsch. Danach haben wir ihn nicht wieder entdeckt.
Meine dritte „Sichtung“, wie der Vogelkundige sagt, war dann eine echte Überraschung: Im riesigen Dneprabugsski Fischteichgebiet entdeckten wir eine Gruppe von Weiß- und Schwarzstörchen. Sie alle fischten im seichten Wasser eines derzeit ungenutzten Fischteichs mit geringem Wasserstand. Dort brüten außer dem Schwarzstorch auch Kormorane, Silberreiher und Rohrdommeln.
Wie Alfred E. Brehm sehr schön beschrieben hat, war unsere Sichtung kein Zufall (S. 514):
Er ist wohl etwas gewandter und zierlicher, demgemäß auch anmutiger, bei weitem vorsichtiger und scheuer als der Hausstorch, sonst aber … ebenso räuberisch wie der letztere, verschont auch nicht Lebendiges, das ihm zur Nahrung dienen kann, stellt jedoch weit eifriger und erfolgreicher als jener allen Süßwasserfischen nach und wird besonders deshalb hier und da entschieden schädlich.
Aus der Entfernung konnte ich gut sehen, wie es plötzlich Aufruhr unter den Störchen gab: Der Grund war ein größerer Fisch, den ein Weißstorch letztlich ergatterte.
Das Federkleid
Noch ein paar Anmerkung zum Gefieder des Schwarzstorchs: Er trägt einen dunklen Mantel, aber der ist nicht rein schwarz, sondern – mal wieder ein Zitat aus Brehms Tierleben:
Das Gefieder des Kopfes, Halses und der ganzen Oberseite ist braunschwarz, prachtvoll kupfer- oder goldgrün und purpurfarben schimmernd, das der Unterseite von der Oberbrust an weiß; die Schwingen und Schwanzfedern sind glanzlos.
Das farbige Schillern sieht man selbst aus großer Entfernung und sehr gut ist zu erkennen, dass in der Gruppe ein junger Schwarzstorch in seinem braunen Jugendkleid mitfischt. Auffällig ist noch etwas anderes: Einer der Schwarzstörche schien eine Art Wächterfunktion zu übernehmen: Während wir, vom Kleinbus etwas verborgen, durch Spektive, Ferngläser und Kameras schauten, rührte er sich fast nicht von der Stelle und senkte niemals den Kopf, um zu fischen.
Auf dem schmalen Pfad konnte der Kleinbus nicht wenden, darum fuhren wir irgendwann langsam an dem Fischteich vorbei. Da erhoben sich die meisten Störche und flogen ein Stück weiter. Die Schwarzstörche machten ihrem Zweitnamen „Waldstorch“ alle Ehre und segelten zum nahen Wald.
Schwarzstorch | Cigogne noire | Black Stork | Ciconia nigra
Eine Gruppe von 7 Schwarzstörchen sahen wir Ende September auf der Auenwiese bei Slonsk im Nationalpark Warthemündung. Ein heimischer Ornithologe meinte, dass dies ein europäischer Sammelpunkt sei.
Das ist beneidenswert! Zum Glück scheinen sich Schwarzstörche westwärts wieder etwas auszubreiten, ich hoffe nur, dass sie den Windkraftanlagen nicht zu nahe kommen – und umgekehrt. Aber der Nationalpark Warthemündung ist unbedingt eine Empfehlung.
Kürzlich habe ich Störche auf einem Acker gesichtet. Rheinland-Pfalz in 66989 Petersberg. Sie scheinen sich hier sehr wohl zu fühlen und sind sehr zahlreich! Jedoch war ich sehr erstaunt unter mindestens 50-60 Weissstörchen ca. 5-6 Schwarzstörche zu entdecken! Hat das jemand anders auch schon beobachtet?
Soweit ich weiß, erholt sich der Bestand an Schwarzstörchen etwas – durch gezielte Schutzmaßnahmen. Das ist jedenfalls eine tolle Beobachtung!
Ich habe damals (vor ca. 17 Jahren) öfter Touren per Rad von Wittenberge nach Lenzen auf dem Elbteich unternommen.
Wie oft konnte ich damals noch die Schwarzstörche beobachten, die gut sichtbar auf den weiten Elbauen standen. Leider konnte ich sie nicht aufnehmen, weil meine Freunde nie Zeit hatten zu warten :(( Während dieser Zeit hat sich wohl vieles geändert, nicht nur bei den Schwarzstörchen – leider …
Das finde ich total beneidenswert, dass du damals nah an die Schwarzstörche rangekommen bist. Wer die Vögel auf Fotos aus größerer Nähe sehen möchte, der kann das übrigens ganz wunderbar hier.