Der Wanderfalke

18. August 2017 | Vogelbücher | 0 Kommentare

Das Cover des Buches "Der Wanderfalke" mit dem Bild des gesprenkelten Gefieders.„Das ist ein Gedicht“, sagte früher mein Vater, wenn er etwas ganz hervorragend fand. Dabei konnte es sich um ein Stück Sahnetorte, eine sanfte Hügelkette oder einen jungen Hengst handeln. Was ein Gedicht ist, das ist jedenfalls ganz außergewöhnlich: großartig. Genau das empfand ich beim Lesen von Der Wanderfalke.

Der Autor ist im Südosten Großbritanniens einigen Wanderfalken auf der Spur, die dort das Winterhalbjahr verbringen und vor allem dieses tun: jagen, töten, fressen, beobachten, dösen, schlafen. Er folgt ihnen stundenlang, meist im miesen südenglischen Winterwetter.

Über den Buchautor erfahren wir so gut wie nichts, obwohl er es ist, der uns auf seinen Streifzügen mitnimmt. John A. Baker erzählt keine Geschichte oder Geschichtchen, etwa über den einen Wanderfalken und seine Überlebensstrategien. Es gibt auch keinerlei Dramatik oder Spannung, keinen unterhaltsamen Erzählton. Vielmehr verfasst Baker ein zugleich gleichmütiges und betörendes Tagebuch.

Die einzelnen Kapitel beginnen jeweils mit einem Datum als Überschrift, zum Beispiel so auf Seite 67:

20. Oktober
Groß und glänzend schwebte der Wanderfalke bei kräftigem Südwind und herbstfrischer Morgensonne zwischen dunklen Ringen aus Staren über den Flussauen. In weiten Bögen stieg er in die Höhe, stieß dann gelangweilt kreisend nieder, mit goldenen in der Sonne glitzernden Fängen. Kopfüber trudelnd wie ein Kiebitz, versprengte er im Fall die Stare.

Wer Der Wanderfalke zur Hand nimmt, sollte definitiv keine Story erwarten. Die gibt es nicht. Dafür malt John A. Baker ein wundervolles Gemälde von der englischen Winterlandschaft und setzt die jagenden Wanderfalken mitten hinein. Wer die Vögel und die Marschlandschaft in England und anderswo nahe der Küste liebt, der ist bei diesem Buch richtig. Er kann ein Gedicht erwarten.

Um das zu illustrieren noch ein Zitat, Seite 75:

28. Oktober
Pfeif- und Krickenten trieben mit der Flut herein: Watvögel bevölkerten die hochstehenden Salzwiesen. Lauthals warnend flog ein Bausch Spatzen heran, gefolgt vom Falken, der langsam über tausend am Boden hockende Watvögel hinwegsegelte. Seine ellenbogenartig eingeknickten Handwurzelgelenke standen seitlich ab wie der gespreizte Nackenschild einer Kobra und wirkten ebenso gefährlich.

Der Wanderfalke
Autor: J.A. Baker
Verlag: Matthes & Seitz
Jahr: 2014

Liebe Fans meiner Fotos, ich freue mich, wenn euch das eine oder andere Foto so gefällt, dass ihr es von meiner Website herunterladen möchtet. Allerdings sind alle mit ©Copyright geschützt. Darum fragt mich bitte per E-Mail vor jedem Download. Elke Brüser

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5 von 805 Kommentaren

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Birding

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Frau mit Fernglas beobachtet etwas in der Ferne

Mit Fernglas und Kamera auf Vogel-„Jagd“ zu gehen, ist mancherorts geradezu ein Sport und von Wetteifer geprägt. Ich halte aber wenig davon, möglichst viele und auch seltene Arten aufspüren zu wollen, um sie akribisch in Listen zu erfassen. Mein Ding ist: stehen bleiben, lauschen und schauen, was Tiere so treiben.

Textes en français

Si cela t’intéresse: Ma chère amie Annie Riou a traduit quelques articles du blog en français. Et depuis 2023 Juliette Rakei, étudiante de la zoologie à Berlin et bilingue, fait des traductions. Merci! Tu les trouves ici.

Vogel des Jahres

Drei dunkle Hausrotschwänze in einer Grafik. Links der weibliche Vogel rechts davon der männliche, beide mit roten Schwanzfedern. Der männliche Vogel ist an weißen Federn am Kopf und auf den Flügeln zu erkennen. Ganz rechts auf der Grafik und neben den Eltern ein dunkelbraun-grauer Jungvogel.

2025 Der Hausrotschwanz

Zwei schwarz-weiße Vögel mit teils schillernden Flügeln stehen sich gegenüber, unter ihnen ein kleiner Jungvogel.

2024  Der Kiebitz

Zwei Braunkehlchen sitzen auf einer Distelblüte, es sind Männchen und Weibchen.

2023  Das Braunkehlchen

Ein Rotkehlchen hockt auf einem Ast und füttert mit einem Wurm, den es im Schnabel hält, einen Jungvogel.

2022  Das Rotkehlchen

Wiedehopf mit gesträubter Haube - Ausschnitt aus einer Grafik im "Naumann" Bd.IV

2021  Der Wiedehopf

Eine rosabrüstige Taube sitzt auf einem Ast und blickt mit ihrem roten Auge zu uns.

2020  Die Turteltaube

Vier Lerchenvögel, in der Mitte ein adultes männliches Tier mit kleiner Holle.

2019  Die Feldlerche

Männlicher und weiblicher Star im Frühjahr im Prachtkleid - mit weißen Tupfern auf schwarzem Grund - auf einen Zweig sitzend.

2018  Der Star

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2017  Der Waldkauz

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2016  Der Stieglitz

Seevogel des Jahres

Drei schwarzköpfige Möwen im sogenannten Prachtkleid oder Brutkleid. In der Mitte steht die Lachmöwe mit orangerotem Schnabel und ebensolchen Beinen.

2025  Die Lachmöve

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2024  Der Sterntaucher

Brandseeschwalbe mit schwarzem Schädel und Mähne steht auf einem Felsen am Meer.

2023  Die Brandseeschwalbe

Ein möwenartiger Vogel steht auf einem Felsstein im nordisch anmutenden Meer

2022  Der Eissturmvogel

Der Jahresseevogel 2021 als Zeichnung: Zwei Weißwangengänse mit weißer Stirn und weißer Kehle vor einem nordischen Meer mit steilen Felsen.

2021  Die Weißwangengans

Auf einem Felsvorsprung am Meer steht eine Fluss-Seeschwalbe mit deutlich schwarzer Schnabelspitze. Links eine Zwergseeschwalbe und hinter ihr eine Küstenseeschwalbe.

2020  Die Fluss-Seeschwalbe

Eine schwarzweiß gemusterte Eiderente mit pfirsichfarbener Brust paddelt mit den Füßen im grünlich Meerwasser.

2019  Die Eiderente

Drei Sandregenpfeifer stehen am Meeresstrand. Links das Weibchen, rechts ein blasser gefärbter Jungvogel und in der Mitte das Männchen auf einem Stein. Jungtier

2018  Der Sandregenpfeifer

Vier Eisenten hocken auf Steinen im Wasser: großes männliches Tier mit brauner Brust, helleres weibliches Tier und zwei ebenfalls helle Jungvögel.

2017  Die Eisente

Drei Basstölpel in verschiedenen Altersstufen: weißes Baby, dunkler Jungvogel und weißer Altvogel mit gelblichem Kopf.

2016  Der Basstölpel

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