Manchmal muss man etwas weiter reisen als in das Umland von Berlin oder über die Grenzen von Brandenburg hinaus. An jedem fünften Baum im Berliner Grunewald sitzt zwar ein Kleiber, so könnte man manchmal denken …, aber Felsenkleiber und Klippenkleiber, die sieht man hierzulande nicht. Ob das nur an den fehlenden Felsen oder Klippen liegt, kann ich nicht beurteilen. Dass Felsen- und Klippenkleiber tolle Baumeister sind, kann ich hingegen bestätigen.
Beide Kleiberarten, die unserem Kleiber durchaus ähnlich sehen und an dem dunklen Augenstreif gut zu erkennen sind, beobachtete ich auf einer ornithologischen Reise in Armenien. Typisch auch der lange, stabile Schnabel und die blaugraue Oberseite des Vogels. Allerdings ist der Felsenkleiber von Kopf bis Schwanz etwa 2 cm länger als unser Kleiber, Sitta europaea. Und der Klippenkleiber ist mit 16 – 18 cm Körperlänge sogar um 4 cm länger als unsere heimische Art.
Was den Lebensraum angeht, da sind die Unterschiede markant: Der hiesige Kleiber lebt im Laub- und Mischwald, gerne auch in Parks und großen Gärten. Und er brütet in Baumhöhlen anderer Vogelarten, die er ein bisschen verklebt, wenn ihm die Eingangspforte zu groß ist.
Felsen- und Klippenkleiber leben in eher trockenen Zonen und bauen ihre Lehmnester in Felsnischen, beim Klippenkleiber darf es auch mal ein Baumstamm sein. Sie geben sich ganz offensichtlich viel Mühe mit dem Verkleben von Lehmkügelchen – sie sind eben echte „Kleiber“.
Felsenkleiber
Der Lebensraum des Felsenkleibers erstreckt sich von Kroatien über Griechenland und die Türkei weit nach Osten. Er lebt auch an Küstenklippen des Mittelmeers, bevorzugt aber ansonsten das Felsgestein in Höhenlagen zwischen 1 000 und 2 500 Meter.
Wir sahen ihn auf unserer vogelkundlichen Tour kreuz und quer durch Armenien unter anderem im Gebirge südlich des Sewansees, nachdem wir den Selimpass hinter uns hatten.
Zum Glück hatte ich mehrere erfahrene Ornithologen um mich herum, denn anfangs konnte ich die in schattigen Nischen verborgenen Lehmkonstruktionen dieser Kleiber nicht selbst entdecken.
Allerdings bekommt man ziemlich rasch einen Blick dafür … auch für die Vögel selbst, die immer sehr lebhaft unterwegs sind und deren Gefiederfarben sich vom Felsgestein oft nur wenig abheben.
Geflügelte Hausbesetzer
Übrigens kommt es oft vor, dass Lehmnester aus dem Vorjahr von fremden Arten okkupiert sind. Ich sah sowohl Stare darin brüten, als auch den Steinsperling (Petronia petronia), der an seinem deutlich gestreiften Gefieder zu erkennen ist. Felsen, Schluchten und Steinbrüche sind sein Revier, aber auch Ruinen und alte Steinmauern. Sein Verbreitungsgebiet reicht von den Kanaren über die Anrainerstaaten des Miteltmeeres bis nach China.
Die verblüffendste Konstruktion eines Klippenkleibers sah ich übrigens nahe der armenischen Grenze zum Iran. Das Nest klebte an der Hauswand eines abgelegenen Hauses in einer wunderbaren Schlucht, die von einem Wasserlauf durchzogen war.
Klippenkleiber
Besonders imposant sind die Klippenkleiber (Sitta tephronata) mit ihrem kräftigen Schnabel. Sie kommen nur in der Ostürkei und von dort aus weiter ostwärts vor. Wirklich nah kam ich an diese Vögel leider nicht heran. Kraxelt man über Geröll und an dornigem Buschwerk vorbei, sind sie schon wieder woanders. Aber ein Kollege hatte mehr Glück und hat mir gern einige sehr gelungene Fotos überlassen. Danke Bernd!
Felsenkleiber | Sitelle des rochers | Western Rock Nuthatch | Sitta neumayer
Klippenkleiber | Sitelle de Perse | Eastern Rock Nuthatch | Sitta tephronata
Das möchte ich euch nicht vorenthalten: In den Ornithologischen Mitteilungen (2018, Nr.1/2, S. 29) gab es jetzt von Bernd Nicolai und Herbert Grimm einen Bericht zu den Felsenkleibern im südlichen Armenien, die ich auch besucht habe. Und da ist durch Fotos von R. Aeschlimann belegt, dass diese Nester nicht nur von anderen Vogelarten für die eigene Brut verwendet werden, sondern von Schlangen geleert werden können. Tatsächlich schaut eine Natter, die vermutlich die Eier oder Jungen verspeist hat, aus dem Einflugloch heraus. Üblicherweise bauen diese Kleiber ihre Nester unter Felsvorsprüngen und machen sie so weitgehend sicher vor hungirgen Schlangen. In diesem Fall konnte der sich schlängelnde Prädator das Nest über den rauhen Fels erreichen.
Hallo Elke,
Dein Bericht gefällt mir.
Ich war gerade in Aserbaidschan und der Felsenkleiber ist in den Gebirgsregionen dort überall zu sehen. Auch die Höhlen mit dem extra Eingang waren nicht zu übersehen. Den größeren Klippenkleiber mussten wir allerdings schon etwas suchen, bis wir ihn in Natschiwan schließlich entdeckten. Am letzten Tag waren wir auf der Alinca-Festung, wo beide Arten um die Wette riefen.
Grüße aus München
Da bin ich ja gespannt, was du zu deinem „Ausflug“ nach Aserbaidschan demnächst schreibst! Und endlich war ich auch mal wieder auf deinem Blog … so interessant.