Buntspechte sind zum Glück keine Rarität, man kann sie überall dort beobachten, wo alte Bäume stehen dürfen – also in Großstädten wie Berlin zum Beispiel in naturnahen Gärten, Parkanlagen und auf Friedhöfen. Anfang April hatte ich das Glück, auf einem Berliner Schulhof ein Buntspechtpaar zu entdecken. Sie bauten an ihrem Nest, einer Baumhöhle. Mittlerweile füttern sie die Jungen. Und da gibt es regen Flugverkehr. Ihr werdet sehen.
Who is who?
Ich möchte zunächst das Buntspechtpaar vorstellen. Schwarz-weiß ist das Gefieder, dazu gibt es strahlend rote Bereiche, etwa unter dem Schwanz in der Nähe des Afters.
Und bei dem männlichen Vogel leuchtet am Hinterkopf, fast im Nacken, ein rotes Band. Von der Seite gesehen, ist es nicht viel größer als ein Fleck. Zu verwechseln ist der Buntspecht am ehesten mit dem Mittelspecht.
Der Dame, die mich mit ihrem üppigem Stirngefieder über dem Schnabel immer wieder beeindruckt, lasse ich den Vortritt: Auf dem ersten Foto sieht man außer der typischen Färbung auch das kreisrunde Einflugloch in der alten Kiefer, in deren Krone tatsächlich Kolkraben brüten.
Herr Buntspecht imponiert mit seinem roten Nackenband. Er verschwindet kurz darauf in der Höhle, wo er mit dem Schnabel Holz abhobelt, das er schwungvoll herausbefördert, sofern es nicht als Bodenbelag im Nest verbleibt. – Dazu gibt es weiter unten einen kurzen Video-Ausschnitt.
Die Bauphase
Bei den Buntspechten bauen beide Partner am Nest – das Männchen allerdings mehr –, und sie kümmern sich gemeinsam um das Gelege. Interessanterweise schläft das männliche Tier meist in der Bruthöhle, und zwar spätestens, wenn das erste Ei gelegt ist. Das Weibchen nutzt einen anderen, ihr vertrauten Schlafplatz, erklärt Dieter Blume in meinem antiquarischen Exemplar Die Buntspechte. (Die Neue Brehm-Bücherei, 1963, Bd. 315, S. 40)
Das folgende Video zeigt nicht nur, wie blitzschnell der Buntspecht in der Höhle verschwindet, sondern am Ende kann man bei seiner raschen Kopfbewegung nach links auch erkennen, dass er Holzspäne aus dem Schnabel schleudert. – Leider hat das Video einen kleinen Wackler, aber da war in meiner Nähe auch viel los. Ich habe den Ton bewusst nicht runtergeregelt, so dass ihr den Trubel auf dem Schulhof hören könnt.
Wo gehobelt wird, fliegt auch Späne …
Schon Mitte April, war die „Hütte“ der Schulhofspechte offenbar weitgehend fertig. Vielleicht hatte die Dame bereits das erste Ei gelegt. Jedenfalls schaute sie oft aus dem Flugloch und flog irgendwann in benachbarte Gärten davon.
Dann kam der Gatte angeflogen und verschwand im Flugloch. Bekanntlich wechseln sich die Partner beim Bauen und Brüten recht häufig ab.
Lieferdienst auf Hochtouren
Als ich dann Anfang Mai die Buntspechte besuchte, bot sich nochmal ein ganz anderes Bild. Es herrschte äußerst reger Flugverkehr, und manchmal kamen sich die eiligen Eltern vor dem Einflugloch sogar in die Quere. Denn junge Buntspechte sind unersättlich: Das Ei wiegt gerade mal 4-6 Gramm und ein Jungspecht bringt mit 10-11 Tagen schon 70 Gramm auf die Waage. (a.a.O. S. 43) Die fütternden Eltern kommen blitzschnell angeflogen und sind ebenso schnell wieder davon.
Meist dauert es nur wenige Minuten, bis wieder ein Elternteil naht. Es lohnt sich also durchaus zu warten, wenn man Buntspechte und eine Spechthöhle entdeckt hat. Vielleicht bekommen Sie dann sogar die Ankündigung des futterliefernden Ankömmlings mit: Er klopft meist an einem nahen Stamm oder gibt typische Rä-Rufe von sich, um den Partner oder die Partnerin in der Höhle zu informieren.
In der folgenden Fotogalerie sind vier Aufnahmen zusammengestellt, die einen kleinen Einblick in das Liefergeschehen geben. Man braucht gute Lichtverhältnisse und eine schnell auslösende Kamera, um solche Effekte zu erhalten. Mit bloßem Auge oder Fernglas gelingt das eher nicht. – Auch diese Fotos zum Verrößern anklicken!
Wie schon gesagt, das sind blitzschnelle fliegende Wechsel. Und kommt der eine, saust der andere davon. Und nun warte ich darauf, dass sich der Nachwuchs des Buntspechtpaares zeigt.
Buntspecht | Pic épeiche | Great Spotted Woodpecker | Dendrocopos major
Liebe Elke,
sehr schöne Bilder von den Buntspechten, vor allem die Bilder im Flug.
Neu für mich war, dass das Männchen in der Bruthöhle schläft.
Ich füttere unsere Vögel gerade auch während der Brutzeit, was dankbar angenommen wird. Kritiker wenden ein, die Elternvögel würden die Jungvögel mit dem angebotenen, für Jungvögel ungeeigneten Futter, füttern und diese würden in den Nestern oder Höhlen verenden. Auf und neben unserem Grundstück habe ich verschiedene Bruthöhlen aufgehängt und bisher noch keine verendeten Jungvögel darin gefunden. Ich habe den Eindruck, dass die Elternvögel die Futterplätze gerne annehmen, um die Futtersuche für sich selbst zu sparen. Ich glaube nicht, dass sie damit die Jungvögel füttern. Im Gegenteil kann man später überall gut genährte und bettelnde, flügge gewordene Jungvögel beobachten, die dann von ihren manchmal etwas „zerrupften“ und abgemagerten Elternvögel noch kurze Zeit am Boden gefüttert werden.
Nun zu den Spechten. Anfangs hatte ich auch Meisenknödel ohne Netz in Körbchen aufgehängt. Dabei hatte ich zum ersten Mal den verzweifelten Versuch eines Buntspechtes beobachtet, an dem Knödel zu fressen. Ein Körbchen und später auch eine Fettsäule habe ich danach so an einem Baum befestigt, dass die Spechte bequem picken konnten. Die Fettsäulen sind besonders beliebt. Seit dem habe ich jedes Jahr regelmäßig Besuch von mehreren Buntspechten, männlich und weiblich. Besonders schön war es, als in einem Sommer eine ganze Familie, ein Paar mit drei Jungspechten, kam und auch hier die jungen Spechte lauthals an den Zweigen bettelten. Auch hier wurden sie noch kurze Zeit von den Eltern mit dem begehrten Fett gefüttert.
Einmal konnte ich beobachten, wie ungemütlich ein Specht werden kann, als ein Eichelhäher auch an die Fettsäule wollte. Der Specht hat sie mit eindrucksvollen Drohgebärden verteidigt. Der Eichelhäher ist weggeflogen.
Die Spechte beim Flug zu beobachten, ist ein kurzes Vergnügen, dabei kann man sie wahrscheinlich nur mit geübtem Auge erkennen. Eher höre ich sie protestierend, bevor ich sie sehe oder sie verschwinden schnell auf die Rückseite des Baumes, wenn ich in den Garten komme. Aber mit dem Fernglas kann ich aus dem Fenster ihr überaus schönes „Federkleid“ beim Fressen bewundern.
Danke für deinen ausführlichen Kommentar, liebe Cornelia. Ich war selbst ganz überrascht, als ich diese fliegenden Wechsel auf den Fotos sah. Und was du zum Füttern durch Menschenhand schreibst, ist ja völlig richtig. Wir sollen ruhig das ganz Jahr die Vögel füttern: Die Vogeleltern suchen in der Natur das Passende für die Jungen und sättigen sich selbst am Futterhaus – um es mal sehr schlicht auszudrücken. Viel Nützliches dazu steht in dem Kosmos-Buch „Vögel füttern – aber richtig“ von Peter Berthold und Gabriele Mohr. Sie plädieren für die Ganzjahresfütterung. – Ich glaube allerdings, dass die Nebelkrähen meine erste Fettsäule verspeist haben.
Viele Grüße von Elke.
Was futtern denn die hungrigen Jungvögel? Wo finden die Eltern so schnell ausreichend Futter? Das würde mich interessieren.
Die frisch geschlüpften Jungen bekommen sicher weiche Kost: Räupchen und kleinen Maden, was die Eltern so im Baum finden. Mit der Zeit wird die Nahrung vermutlich größer und deftiger, da werde ich mich noch schlau machen. Viele Grüße von der Nordsee, Elke.
Liebe Christine, danke für deine interessante Frage zum Futter der jungen Buntspechte. Also, ich habe nachgelesen: Anfangs sind es zum Beispiel kleine Schildläuse, die die Buntspechteltern von den Zweigen abzwacken. Raupen, Schmetterlinge, Ameisen, Fliegen, Käfer, Bienen- und Wespenverwandte kommen dazu. Die Nahrung für die Jungen wird also üblicherweise nicht durch das typische Hacken am Stamm ergattert.