Rotgeschwänzter Segler

24. März 2019 | Falke & Co, Große Vögel | 10 Kommentare

Rotmilan an blauem Himmel von unten: weit ausgebreitete Flügel und langer rötlicher gegabelter Schwanz.Beim „rotgeschwänzten Segler“ handelt es sich natürlich um den Rotmilan, und ich möchte es gleich vorweg sagen: Rund die Hälfte aller Individuen dieser Greifvogelart brüten in Deutschland, aber in den letzten beiden Jahrzehnten ist der Bestand bei uns stark geschrumpft – und wieder ist die moderne Agrarwirtschaft eine der Hauptursachen. Sie verknappt das Nahrungsangebot der eleganten Segler.

Außerdem sind Windräder gerade für Rotmilane lebensgefährlich. Das liegt an der Art und Weise, wie sie fliegen und Beute machen.

Mit Gabelschwanz und langen Fingern

Noch ist es nicht schwer, Rotmilane zu beobachten, wenn man etwa in den ostdeutschen Bundesländern unterwegs ist. Auch in den westdeutschen Mittelgebirgsregionen brüten allerlei Paare, ebenso auf der Schwäbischen Alb und im westlichen Alpenvorland. Und wer Glück hat, sieht den Greif auf einem Ansitz hocken.

Auf einem Jägerstand sitzt ein Rotmilan, rund herum ein frisch gepflügtes Feld.

Rotmilan in der Morgensonne auf einem Ansitz – gebaut für andere Jäger.

Ist man kein erprobter Vogelgucker, keine begeisterte Vogelguckerin, dann hilft es, ein paar typische Merkmale des Roten Milan zu kennen. Diese lassen sich schon aus der Ferne entdecken. Und das ist wichtig, denn dass einer dieser Greife mit einer Spannweite um die 1,50 m uns direkt vor der Nase herumfliegt, ist eher selten der Fall.

Meist sieht man Rotmilane am Himmel, hört ihre langgezogenen Rufe – oft als wiehernd-trillernd beschrieben – und verfolgt mit den Augen die dunkle, sehr markante Silhouette: Der Greif segelt mit wenigen, sehr ruhigen Flügelschlägen, liegt dabei flach in der Luft oder hat die Schwingen etwas angewinkelt und navigiert mit seinem Schwanz.

Das zeigt sich auch bei großem Abstand zum Vogel.

Die dunkle Silhouette eines Greif am bewölkten Himmel, mit schräg geselltem Schwanz.

Hoch oben der Greif. Das Steuerruder, also der Schwanz, ist leicht gekippt.

Der Schwanz ist im Vergleich zu Habicht und Mäusebussard auffällig lang, und wenn der Vogel – wie es so seine Art ist – über einem Acker oder einer Wiese auf Beutesuche ist, senkt er oft den Kopf.

Der dunkle Greif am bewölkten Himmel mit langem Schwanz isr definitiv ein Rotmilan.

Rotmilan beim Suchflug: auffällig ist der lange Schwanz.

Meist ist der Schwanz des fliegenden Rotmilans tief eingekerbt beziehungsweise gegabelt. Gabelweihe wird er daher auch genannt. Auffällig sind die langen „Finger“ – gebildet von den äußeren Federn der Handschwingen. Bis zu 45 cm Länge wurden da schon gemessen.

Vor bewölktem Himmel der Rotmilan mit deutlich gegabeltem Schwanz.

Der Gabelschwanz verrät den Rotmilan.

Manchmal formt der Milan aus dem Gabelschwanz allerdings ein langgestrecktes Dreieck. Dann ähnelt seine Silhouette eher einem Schwarzmilan, bei dem der Schwanz keine so ausgeprägte Gabelung hat.

Rotmilan am Himmerl mit rötlichem, dreieckigem Schwanz.

Wie ein Dreieck aufgefächert ist der rötliche Schwanz.

Der Suchflieger

Der Rotmilan ist ein Suchflieger, der weite Strecken unter Ausnutzung der Thermik im Gleit- und Segelflug zurücklegen kann und so täglich große Areale seines Jagdraumes befliegt. Da er als Landsegler im Verhältnis zu seiner Schwingengröße einen leichten Körper hat, benötigt er für seinen Flug nur wenig Energie.

So beschreibt ihn Rudolf Ortlieb in Der Rotmilan (Die Neue Brehm-Bücherei, 1989, S. 112) in Abgrenzung von Greifvögeln wie Habicht und Mäusebussard, die auf einem Ansitz – auch Anstand genannt – nach Beute Ausschau halten. Und diese besonders schönen, dahingleitenden Suchflüge des Rotmilans sind auch das, was ihm zum Verhängnis wird. Überall stehen Windräder in der Landschaft – mit Rotoren in seiner bevorzugten Flughöhe.

Zurück aus dem Winterquartier

Vor wenigen Tagen traf ich einen Rotmilan, der vermutlich schon etwas länger aus seinem Winterquartier in Spanien oder Frankreich zurück war. Es war Frühlingsanfang, und ich wollte im Bereich des Nuthe-Nieplitz-Naturparks nach „meinen Störchen“ schauen.

Aber wie vermutet, waren sie noch nicht heimgekehrt. Denn als „Ostzieher“ queren sie auf dem Weg nach Afrika den Bosporus und erscheinen bei uns später als ihre Artgenossen in den westlichen Bundesländern. Die nehmen die Westroute, überwintern oft schon in Spanien und sind daher schneller zurück.

Rotmilan kommt über Bäumen herangesegelt.

Ist er von der Sonne beschienen, erahnt man schon von ferne den hellgrauen Kopf des Rotmilans.

Ich war eigentlich bereits auf dem Rückweg und gerade auf einen Grünspecht aufmerksam geworden, da kam ein Rotmilan herangeschwebt und war wunderbar von der Sonne beleuchtet. Fast transparent wirkte sein Gefieder.

Und dann entschied er sich, weiter in meine Richtung zu fliegen und kurzzeitig über mir zu kreisen. Das ermöglichte dem Grünspecht, meinem Blick zu entkommen, dafür konnte ich ein paar schöne Flugbilder machen. (Fotos zum Vergrößern anklicken!)

Unverwechselbar ist die typische Zeichnung der Unterseite: heller Kopf, ein rostbrauner Bauch, ein rötlicher Schwanz und die weißen „Fenster“ vor den schwarzen „Fingern“ der Handschwingen. Um die Oberseite des fliegenden Vogels zu sehen, muss er flach über den Boden segeln, was nicht so oft vorkommt. Die Oberseite ist jedenfalls intensiver gefärbt, aber die weißen Fenster fehlen.

Der Rote Milan, der am Dorfrand über mir kreiste, war sicher hungrig. Vielleicht überlebt seine Art, die nur in Europa zwischen Südschweden und Sizilien, Spanien und der Ukraine brütet, weil in Artenschutzprogrammen endlich für den Greif gesorgt wird und weil sie bei der Nahrung in der Tat nicht wählerisch sind. Rudolf Ortlieb hat den Speiseplan so zusammengefasst:

Früher war der Feldhamster ihr wichtigstes Beutetier. Heute ist dieser selten geworden und zur Brutzeit sind Abfälle und Aas die wichtigste Nahrungskomponente. Danach folgen Vögel, dann Mäuse, Hasen (als Mahdopfer), Maulwürfe und Fische. Die Greifvögel suchen über Dörfern und der offenen Landschaft nach Fleischabfällen und nach toten Tieren, plündern Drossel- oder Finkennester, schnappen einen toten Fisch aus dem nächsten Gewässer und fliegen hinter dem Mähwerk her, um die Mahdopfer aufzulesen oder sie den Krähen abzujagen.

Wie der Rotmilan die Umgebung scannte und dabei den Kopf hin- und herdrehte, das ließ sich eine Zeitlang gut beobachten. Aber irgendwann drehte er ab und flog davon.

Rotmilan fliegt hinter Büschen davon.

Rotmilan oder Roter Milan | Milan royal | Red Kite | Milvus milvus

Liebe Fans meiner Fotos, ich freue mich, wenn euch das eine oder andere Foto so gefällt, dass ihr es von meiner Website herunterladen möchtet. Allerdings sind alle mit ©Copyright geschützt. Darum fragt mich bitte per E-Mail vor jedem Download. Elke Brüser

10 Kommentare

  1. Um zwei neue Windkraftanlagen in BW zu verhindern, kartieren wir fleißig und hoffentlich erfolgreich den Rotmilan und den Schwarzstorch und deren Horste. Beim stundenlangen Beobachten des eleganten und diskreten Rotmilans habe ich mich in ihn verliebt.
    Lieben können wir anscheinend das, was wir durch gute Beobachtung, mit echter Neugier und Interesse kennengelernt und uns vertraut gemacht haben. Naturbeobachtung ist für mich die Voraussetzung für Naturschutz und ich kann sie nur empfehlen – auch, um Verständnis und Liebe für die eigene Natur zu verbessern!

    Antworten
    • Wie schön, dass sie darauf hinweisen, was die genaue Beobachtung fördert, nämlich Neugier, Interesse an der Natur und für ihren Schutz.

  2. Hallo, danke für den schönen Blog! Wir beobachten schon seit dem Frühjahr einen Rotmilan mit enormer Spannbreite bei uns im südlichen Odenwald/ Grenze zum Kraichgau über den Feldern. Zwei kleinere Exemplare begleiten ihn manchmal, aber er ist sehr beeindruckend und kommt auch sehr nahe.

    Antworten
    • Merci. Und, das sieht ja nach einer erfolgreichen Brut aus. Ihre Flugkünste zu beobachten, ist wirklich schön. Erstaunlich viele sah ich dieses Jahr in der Westschweiz über Wiesen und Feldern segeln.

  3. Hallo ich habe gerade einen solchen bei uns vom Balkon aus gesehen. Überm Waldstück nach Beute suchend. Das war in Wiesbaden-Medenbach, und ich habe hier noch nie solch einen seiner Art gesehen ausser in der Falknerei oder Fasenerie in Wiesbaden, „Opelzoo“. Ob der Kerl wo abgehauen ist?

    Antworten
    • Hallo Frau Wieser, ich denke, Sie können davon ausgehen, dass sie einen schönen, freilebenden Rotmilan gesehen haben. Die gibt es durchaus in Ihrer Gegend. Und auf Nahrungssuche überfliegen sie durchaus größere Gebiete um den Horst herum.

  4. Als Neu-Entdeckerin dieses Blogs lese ich die Beiträge besonders aufmerksam und dann denke ich oder frage mich, warum ich offenbar in meinem schon recht langen Leben so wenig aufmerksam für das war, was in der Natur und Vogelwelt vor sich geht. Lag es an der Schule – ein bisschen wohlfeil, denke ich. Am Elternhaus?
    Wie auch immer: Hätte es den Blog schon vor 60 Jahren und mehr gegeben, ich hätte vielleicht die Welt um mich herum und oben und unten schon früher anders betrachtet. Die Fotos sind ziemlich beeindruckend.

    Antworten
    • Da sage ich MERCI und freue mich, noch eine neue Freundin der Vogelwelt gefunden und zum genaueren Hinschauen verführt zu haben. Selbst Mediziner entdecken die Vogelguckerei, das Birding, und berichten in Fachzeitschriften wie dem New England Journal of Medicine (14. März 2019): When Sparks fly – Or How Birding Beat My Burnout.

  5. Tolle Aufnahmen vom Rotmilan!

    Antworten
    • Danke! Natürlich war etwas Glück im Spiel, denn ich hatte die Kamera gerade für den Grünspecht vorbereitet.

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Abo-Werbung für den Blog "Flügelschlag und Leisetreter" mit einem Specht, ein Kunstwerk von M. Garff

Vogelthema gesucht?

Gut sortiert

5 von 782 Kommentaren

Alle sind vollständig unter dem zugehörigen Blogbeitrag zu lesen.

  • Elke Brüser zu Raffinierte LandemanöverPrima, dass du dich zu dem Thema gemeldet hast. Als erfahrener Turmfalkenberinger kennst du dich ja aus. In einem ganz frühen Blogpost habe ich ein Foto von der Sitzstange verwendet: "Turmfalken mit A…
  • Ludwig Schlottke zu Raffinierte LandemanöverLiebe Elke, aus meinen Beobachtungen von Turmfalken an den Brutkästen will ich Dir einige Details berichten: Bei den nestjungen TF`s sieht man im Alter von 28 – 30 Tagen, wie sie erst im Bereich der E…
  • Elke Brüser zu Die EichelsammlerDas konnte ich selbst noch nicht beobachten, aber spannend. Rabenvögel sind eben dermaßen findig. Ich sehe nur, wie sie bei Nüssen und wohl auch Kastanien nachschauen, ob ein PKW sie beim Drüberfahren…
  • Lutz Krzywansky zu Die EichelsammlerDas Sammeln der Eichelhäher erfreut mich auch jeden Herbst. Aber die Walnuss-Ernte der Nebelkrähen ist auch immer sehr auffällig hier, incl. das Herunterwerfen der Nüsse von den Hausdächern, zwecks Öf…
  • Elke Brüser zu Die EichelsammlerIch danke dir für deinen schönen Kommentar. Und ich grüße gerne zurück!

Birding

Du ahnst es vielleicht schon: Im Wort Birding steckt der englische „bird“. Unter Vogelfreunden ist das ein Schlagwort für die Beobachtung der gefiederten Tierwelt – im Feld, wie man so schön sagt. Also draußen. Ein paar Anmerkungen dazu findest du → hier.

Frau mit Fernglas beobachtet etwas in der Ferne

Mit Fernglas und Kamera auf Vogel-„Jagd“ zu gehen, ist mancherorts geradezu ein Sport und von Wetteifer geprägt. Ich halte aber wenig davon, möglichst viele und auch seltene Arten aufspüren zu wollen, um sie akribisch in Listen zu erfassen. Mein Ding ist: stehen bleiben, lauschen und schauen, was Tiere so treiben.

Textes en français

Si cela t’intéresse: Ma chère amie Annie Riou a traduit quelques articles du blog en français. Et depuis 2023 Juliette Rakei, étudiante de la zoologie à Berlin et bilingue, fait des traductions. Merci! Tu les trouves ici.

Vogel des Jahres

Zwei schwarz-weiße Vögel mit teils schillernden Flügeln stehen sich gegenüber, unter ihnen ein kleiner Jungvogel.

2024  Der Kiebitz

Zwei Braunkehlchen sitzen auf einer Distelblüte, es sind Männchen und Weibchen.

2023  Das Braunkehlchen

Ein Rotkehlchen hockt auf einem Ast und füttert mit einem Wurm, den es im Schnabel hält, einen Jungvogel.

2022  Das Rotkehlchen

Wiedehopf mit gesträubter Haube - Ausschnitt aus einer Grafik im "Naumann" Bd.IV

2021  Der Wiedehopf

Eine rosabrüstige Taube sitzt auf einem Ast und blickt mit ihrem roten Auge zu uns.

2020  Die Turteltaube

Vier Lerchenvögel, in der Mitte ein adultes männliches Tier mit kleiner Holle.

2019  Die Feldlerche

Männlicher und weiblicher Star im Frühjahr im Prachtkleid - mit weißen Tupfern auf schwarzem Grund - auf einen Zweig sitzend.

2018  Der Star

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2017  Der Waldkauz

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2016  Der Stieglitz

Seevogel des Jahres

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2024  Der Sterntaucher

Brandseeschwalbe mit schwarzem Schädel und Mähne steht auf einem Felsen am Meer.

2023  Die Brandseeschwalbe

Ein möwenartiger Vogel steht auf einem Felsstein im nordisch anmutenden Meer

2022  Der Eissturmvogel

Der Jahresseevogel 2021 als Zeichnung: Zwei Weißwangengänse mit weißer Stirn und weißer Kehle vor einem nordischen Meer mit steilen Felsen.

2021  Die Weißwangengans

Auf einem Felsvorsprung am Meer steht eine Fluss-Seeschwalbe mit deutlich schwarzer Schnabelspitze. Links eine Zwergseeschwalbe und hinter ihr eine Küstenseeschwalbe.

2020  Die Fluss-Seeschwalbe

Eine schwarzweiß gemusterte Eiderente mit pfirsichfarbener Brust paddelt mit den Füßen im grünlich Meerwasser.

2019  Die Eiderente

Drei Sandregenpfeifer stehen am Meeresstrand. Links das Weibchen, rechts ein blasser gefärbter Jungvogel und in der Mitte das Männchen auf einem Stein. Jungtier

2018  Der Sandregenpfeifer

Vier Eisenten hocken auf Steinen im Wasser: großes männliches Tier mit brauner Brust, helleres weibliches Tier und zwei ebenfalls helle Jungvögel.

2017  Die Eisente

Drei Basstölpel in verschiedenen Altersstufen: weißes Baby, dunkler Jungvogel und weißer Altvogel mit gelblichem Kopf.

2016  Der Basstölpel

Cookie Consent mit Real Cookie Banner