Geplänkel an der Futterstelle

23. Januar 2019 | Mensch & Vogel | 2 Kommentare

Weiß-graue Sumpfmeise mit schwarzer Haube sitzt unauffällig im grauen Gebüsch.

Winterdomizil einer Sumpfmeise an der Havel – aus der Ferne ist sie ohne Fernglas leicht zu übersehen.

Wer mit Fernglas oder Kamera gerade den kleineren Singvögeln nahe kommen will, der kann das am besten an einer Futterstelle. Denn viele Vögel, die dort eintreffen, sind schon an Menschen gewöhnt. Gute Gelegenheiten zum Beobachten bieten sich oft im Park oder auf einem Friedhof, sofern dort schon länger und regelmäßig gefüttert wird.

In Berlin gibt es viele Orte, wo die zweibeinigen Hauptstädter ihre zweibeinigen „Piepmätze“ versorgen – in anderen Städten ist das nicht anders. Und – so der aktuelle Stand des Wissens – die Fütterung im Garten, am Haus oder anderswo ist das ganze Jahr über nützlich und „erlaubt“.

Weiß-graue Sumpfmeise mit schwarzer Haube sitzt mit gebeugtem Kopf auf einem Zwieg. Blick nach unten.

Sumpfmeise kurz vorm Abflug zum Futter auf einem Baumstumpf

Von einem dieser Futterplätze an der Havel will ich berichten, weil sich dort bei meinem letzten Besuch an der Lieper Bucht gleich vier Meisenarten „die Hand gaben“ und sich mit Kleiber, Buntspecht und Amsel das Futter teilten. Den meisten Spaß hatte ich übrigens mit den flinken Sumpfmeisen, die am Boden und zwischen Zweigen kaum auffallen und auf den ersten Blick ängstlich wirken. Aber das täuscht.

Sumpfmeise auf Baumstumpf mit Futter gelandet.

Auf dem Baumstumpf mit Futter gelandet.

Sumpfmeise hat einen Sonnenblumenkern im Schnabel.

Es gibt unter anderem fettreiche Sonnenblumenkerne.

Geschickt nutzen sie – auch zwischen größeren Vögeln – ihre Nische und werden satt. Denn sobald kräftigere oder durchsetzungsfähigere Vogelarten vom Futterplatz verschwinden, sind sie blitzschnell da und wieder weg, bevor der nächste Konkurrent landet. Und selbst mit den „grimmigen“ Blaumeisen, lassen sie sich manchmal auf ein Geplänkel ein.

All die ausgetreuten Sämereien locken natürlich auch andere Vogelarten an: Zunächst kam der Kleiber, später eine Blaumeise angeflogen. Die machte ordentlich Stress. Zwischendurch ließ sich eine Kohlmeise blicken. Aber die Sumpfmeisen pochten auf ihr Recht. (Alle Fotos lassen sich durch Anklicken vergrößern.)

Flink und lustig

Das Treiben an der Futterstelle war ein wunderbares Schauspiel. Fasziniert haben mich vor allem die kaum Blaumeisen-großen dunkelköpfigen Vögel, die früher bei uns –  und heute noch im Französischen – auch als Nonnenmeisen bezeichnet wurden. Warum sie so unterhaltsam sind, hat der gute Alfred E. Brehm absolut passend beschrieben. Über die Sumpfmeise, die zur Familie der Meisen gehört, urteilt er (Brehms Tierleben, 1900, Bd. IV, S. 178):

Vielleicht sagt man nicht zu viel, wenn man die Sumpfmeise als die flinkeste und lustigste aller deutschen Arten der Familie bezeichnet. Ungemein lebhaft, unruhig und gewandt, bei Hitze und Kälte, reichlicher und spärlicher Nahrung wohlgemut, drollig, necklustig, keck und mutig, weiß sie jeden Beobachter zu fesseln und zu gewinnen.

Auffällig war, dass selbst Artgenossen nicht geduldet, sondern angedroht wurden, wenn sie zu nahe kamen. Die Sumpfmeisen schafften es nicht, auf dem Baumstumpf gemeinsam zu fressen. Auch bei einem zweiten Versuch klappte es übrigens nicht.

Sumpfmeise auf Baumstumpf droht einer anderen, die sich annähert, mit offenem Schnabel.

Hier auf dem Baumstumpf ist für beide Meisen offenbar zu wenig Platz.

Am Boden waren sie hingegen einträglich beieinander – und doch mit genügend Spielraum dazwischen – auf Futtersuche.

Auf dem grauen Waldboden sind die beiden Sumpfmeisen kaum zu erkennen.

Auch am Boden sind die Sumpfmeisen gut getarnt.

Buntes Drumherum

Unterdessen waren Buntspecht und Amsel mit gröberen Futterresten am Boden beschäftigten, denn hier an der Lieper Bucht werden auch Höckerschwäne, Tafelenten und Blässrallen gefüttert. (Leider mit viel Brot, was ihnen nicht gut tut.) Selbst die Kohlmeise hätte gerne ein Stückchen ergattert.

Ein schwarzes Amselmännchen, schwarz-weißer Buntspecht mit roter Zeichnung und anfliegende Kohlmeise haben es auf ein Stückchen Brot abgesehen. Der Specht knabbert daran.

Der Buntspecht hielt seinen Happen etwas später sogar mit den Zehen fest.

Eine Schwanzmeise, die mit fünf, sechs Kolleginnen herangeflogen kam, beäugte sich die Sache von oben und zog bald weiter. Während Sumpfmeisen sich gerne am Boden aufhalten, sieht man Schwanzmeisen dort so gut wie nie. Sie hangeln sich durch das Geäst niedriger Bäume oder Büsche und ziehen meist so schnell und überraschend weiter, wie sie gekommen sind.

Schwanzmeise: Helle Meise mit langem Schwanz sitzt auf einem Zweig.

Schwanzmeisen schauen sich das bunte Treiben lieber von oben an.

Die Lieper Bucht an der Havel ist ein gute Platz für Sumpfmeisen, das Biotop mit vielen Weiden und Erlen entspricht genau den Kennzeichen, die ich in Brehms Tierleben nahezu poetisch beschrieben finde:

Die Sumpfmeise bewohnt, ihren Namen bethätigend, mit Vorliebe niedrig gelegene, wasserreiche Gegenden, zieht Laubwälder den Schwarzwaldungen vor, hält sich dort regelmäßig in den Niederungen und in der Nähe von Gewässern auf … ihr Wohnraum ist die Weide.

Rund zwanzig Stockenten, fünf Höckerschwäne und eine Handvoll Blässrallen schwimmen auf dem Havelwasser. Im Hintergrund das baumbestandene Ufer.

Höckerschwäne, Blässrallen und Stockenten an der Lieper Bucht

Sumpfmeise | Mésange nonnette | March Tit | Poecile palustris = Parus palustris

Liebe Fans meiner Fotos, ich freue mich, wenn euch das eine oder andere Foto so gefällt, dass ihr es von meiner Website herunterladen möchtet. Allerdings sind alle mit ©Copyright geschützt. Darum fragt mich bitte per E-Mail vor jedem Download. Elke Brüser

2 Kommentare

  1. Ein wunderbarer Beitrag über die reizenden Sumpfmeisen. Ich liebe alle Meisen, sie sorgen immer für Abwechslung am Futterhaus.
    Leider sehe ich in diesem Jahr fast nur Kohlmeisen. Meine kleinen Lieblinge, die Blaumeisen, machen sich rar. Dafür lässt sich doch ab und zu auch mal eine Schwanzmeise sehen, allerdings nur bei meinen Waldspaziergängen.
    Auf dem Wasserbild sehe ich nur Stockenten.
    Sollten da wirklich Kolbenenten dabei sein?
    Vielen Dank für den schönen Blog, ich freue mich immer darauf.
    A. Gronemeier

    Antworten
    • Danke Angela für deine Rückmeldung, über die ich mich sehr gefreut habe. Und du hast völlig Recht: Es sind außer den Schwänen nur Stockenten und einige Blässrallen zu sehen. Weder Kolben- noch Tafelenten. Ich werde das rasch korrigierren!

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Abo-Werbung für den Blog "Flügelschlag und Leisetreter" mit einem Specht, ein Kunstwerk von M. Garff

Vogel gesucht?

Gut sortiert

5 von 769 Kommentaren

Alle sind vollständig unter dem zugehörigen Blogbeitrag zu lesen.

  • Elke Brüser zu Waldohreulen: Vorhang auf!Das ist eine wirklich schöne Rückmeldung. Danke. Ich freue mich für Sie!
  • Ursula Juretzka zu Waldohreulen: Vorhang auf!Vielen herzlichen Dank!! Mitten im Sommer, abends um 6 Uhr, fliegt aus den Tannen eine Eule an mir vorbei und steil nach oben in einen Thujabaum. Seitdem weiß ich, dass sie dort ist: eine Waldohreule.…
  • Angela zu Am AbendhimmelDa kann ich mich nur anschließen. Auch ich liebe das Geschrei der Mauersegler am Abend. Sie fliegen hier bei uns immer in großen Trupps um die Kirche, wo sie auch nisten. Das ist für mich auch untrenn…
  • Elke Brüser zu Am AbendhimmelHallo Miriam, ich bin für ein paar Tage verreist und befürchte, dass auch bei mir das Schauspiel für dieses Jahr vorbei ist. Bin gespannt, ob ich Montag noch den einen oder anderen Mauersegler sehe. I…
  • Elke Brüser zu Ein Platz für MauerseglerJa, das sind tolle Erlebnisse. Danke Theo für die schöne Geschichte aus Köln. Welch spannende Beobachtung: den Bussard haben sie vertrieben! Aber kannst du Alt und Jung so gut unterscheiden? Und bist…

Birding

Du ahnst es vielleicht schon: Im Wort Birding steckt der englische „bird“. Unter Vogelfreunden ist das ein Schlagwort für die Beobachtung der gefiederten Tierwelt – im Feld, wie man so schön sagt. Also draußen. Ein paar Anmerkungen dazu findest du → hier.

Frau mit Fernglas beobachtet etwas in der Ferne

Mit Fernglas und Kamera auf Vogel-„Jagd“ zu gehen, ist mancherorts geradezu ein Sport und von Wetteifer geprägt. Ich halte aber wenig davon, möglichst viele und auch seltene Arten aufspüren zu wollen, um sie akribisch in Listen zu erfassen. Mein Ding ist: stehen bleiben, lauschen und schauen, was Tiere so treiben.

Textes en français

Si cela t’intéresse: Ma chère amie Annie Riou a traduit quelques articles du blog en français. Et depuis 2023 Juliette Rakei, étudiante de la zoologie à Berlin et bilingue, fait des traductions. Merci! Tu les trouves ici.

Vogel des Jahres

Zwei schwarz-weiße Vögel mit teils schillernden Flügeln stehen sich gegenüber, unter ihnen ein kleiner Jungvogel.

2024  Der Kiebitz

Zwei Braunkehlchen sitzen auf einer Distelblüte, es sind Männchen und Weibchen.

2023  Das Braunkehlchen

Ein Rotkehlchen hockt auf einem Ast und füttert mit einem Wurm, den es im Schnabel hält, einen Jungvogel.

2022  Das Rotkehlchen

Wiedehopf mit gesträubter Haube - Ausschnitt aus einer Grafik im "Naumann" Bd.IV

2021  Der Wiedehopf

Eine rosabrüstige Taube sitzt auf einem Ast und blickt mit ihrem roten Auge zu uns.

2020  Die Turteltaube

Vier Lerchenvögel, in der Mitte ein adultes männliches Tier mit kleiner Holle.

2019  Die Feldlerche

Männlicher und weiblicher Star im Frühjahr im Prachtkleid - mit weißen Tupfern auf schwarzem Grund - auf einen Zweig sitzend.

2018  Der Star

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2017  Der Waldkauz

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2016  Der Stieglitz

Seevogel des Jahres

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2024  Der Sterntaucher

Brandseeschwalbe mit schwarzem Schädel und Mähne steht auf einem Felsen am Meer.

2023  Die Brandseeschwalbe

Ein möwenartiger Vogel steht auf einem Felsstein im nordisch anmutenden Meer

2022  Der Eissturmvogel

Der Jahresseevogel 2021 als Zeichnung: Zwei Weißwangengänse mit weißer Stirn und weißer Kehle vor einem nordischen Meer mit steilen Felsen.

2021  Die Weißwangengans

Auf einem Felsvorsprung am Meer steht eine Fluss-Seeschwalbe mit deutlich schwarzer Schnabelspitze. Links eine Zwergseeschwalbe und hinter ihr eine Küstenseeschwalbe.

2020  Die Fluss-Seeschwalbe

Eine schwarzweiß gemusterte Eiderente mit pfirsichfarbener Brust paddelt mit den Füßen im grünlich Meerwasser.

2019  Die Eiderente

Drei Sandregenpfeifer stehen am Meeresstrand. Links das Weibchen, rechts ein blasser gefärbter Jungvogel und in der Mitte das Männchen auf einem Stein. Jungtier

2018  Der Sandregenpfeifer

Vier Eisenten hocken auf Steinen im Wasser: großes männliches Tier mit brauner Brust, helleres weibliches Tier und zwei ebenfalls helle Jungvögel.

2017  Die Eisente

Drei Basstölpel in verschiedenen Altersstufen: weißes Baby, dunkler Jungvogel und weißer Altvogel mit gelblichem Kopf.

2016  Der Basstölpel

Cookie Consent mit Real Cookie Banner