Wer mit Fernglas oder Kamera gerade den kleineren Singvögeln nahe kommen will, der kann das am besten an einer Futterstelle. Denn viele Vögel, die dort eintreffen, sind schon an Menschen gewöhnt. Gute Gelegenheiten zum Beobachten bieten sich oft im Park oder auf einem Friedhof, sofern dort schon länger und regelmäßig gefüttert wird.
In Berlin gibt es viele Orte, wo die zweibeinigen Hauptstädter ihre zweibeinigen „Piepmätze“ versorgen – in anderen Städten ist das nicht anders. Und – so der aktuelle Stand des Wissens – die Fütterung im Garten, am Haus oder anderswo ist das ganze Jahr über nützlich und „erlaubt“.
Von einem dieser Futterplätze an der Havel will ich berichten, weil sich dort bei meinem letzten Besuch an der Lieper Bucht gleich vier Meisenarten „die Hand gaben“ und sich mit Kleiber, Buntspecht und Amsel das Futter teilten. Den meisten Spaß hatte ich übrigens mit den flinken Sumpfmeisen, die am Boden und zwischen Zweigen kaum auffallen und auf den ersten Blick ängstlich wirken. Aber das täuscht.
Geschickt nutzen sie – auch zwischen größeren Vögeln – ihre Nische und werden satt. Denn sobald kräftigere oder durchsetzungsfähigere Vogelarten vom Futterplatz verschwinden, sind sie blitzschnell da und wieder weg, bevor der nächste Konkurrent landet. Und selbst mit den „grimmigen“ Blaumeisen, lassen sie sich manchmal auf ein Geplänkel ein.
All die ausgetreuten Sämereien locken natürlich auch andere Vogelarten an: Zunächst kam der Kleiber, später eine Blaumeise angeflogen. Die machte ordentlich Stress. Zwischendurch ließ sich eine Kohlmeise blicken. Aber die Sumpfmeisen pochten auf ihr Recht. (Alle Fotos lassen sich durch Anklicken vergrößern.)
Flink und lustig
Das Treiben an der Futterstelle war ein wunderbares Schauspiel. Fasziniert haben mich vor allem die kaum Blaumeisen-großen dunkelköpfigen Vögel, die früher bei uns – und heute noch im Französischen – auch als Nonnenmeisen bezeichnet wurden. Warum sie so unterhaltsam sind, hat der gute Alfred E. Brehm absolut passend beschrieben. Über die Sumpfmeise, die zur Familie der Meisen gehört, urteilt er (Brehms Tierleben, 1900, Bd. IV, S. 178):
Vielleicht sagt man nicht zu viel, wenn man die Sumpfmeise als die flinkeste und lustigste aller deutschen Arten der Familie bezeichnet. Ungemein lebhaft, unruhig und gewandt, bei Hitze und Kälte, reichlicher und spärlicher Nahrung wohlgemut, drollig, necklustig, keck und mutig, weiß sie jeden Beobachter zu fesseln und zu gewinnen.
Auffällig war, dass selbst Artgenossen nicht geduldet, sondern angedroht wurden, wenn sie zu nahe kamen. Die Sumpfmeisen schafften es nicht, auf dem Baumstumpf gemeinsam zu fressen. Auch bei einem zweiten Versuch klappte es übrigens nicht.
Am Boden waren sie hingegen einträglich beieinander – und doch mit genügend Spielraum dazwischen – auf Futtersuche.
Buntes Drumherum
Unterdessen waren Buntspecht und Amsel mit gröberen Futterresten am Boden beschäftigten, denn hier an der Lieper Bucht werden auch Höckerschwäne, Tafelenten und Blässrallen gefüttert. (Leider mit viel Brot, was ihnen nicht gut tut.) Selbst die Kohlmeise hätte gerne ein Stückchen ergattert.
Eine Schwanzmeise, die mit fünf, sechs Kolleginnen herangeflogen kam, beäugte sich die Sache von oben und zog bald weiter. Während Sumpfmeisen sich gerne am Boden aufhalten, sieht man Schwanzmeisen dort so gut wie nie. Sie hangeln sich durch das Geäst niedriger Bäume oder Büsche und ziehen meist so schnell und überraschend weiter, wie sie gekommen sind.
Die Lieper Bucht an der Havel ist ein gute Platz für Sumpfmeisen, das Biotop mit vielen Weiden und Erlen entspricht genau den Kennzeichen, die ich in Brehms Tierleben nahezu poetisch beschrieben finde:
Die Sumpfmeise bewohnt, ihren Namen bethätigend, mit Vorliebe niedrig gelegene, wasserreiche Gegenden, zieht Laubwälder den Schwarzwaldungen vor, hält sich dort regelmäßig in den Niederungen und in der Nähe von Gewässern auf … ihr Wohnraum ist die Weide.
Sumpfmeise | Mésange nonnette | March Tit | Poecile palustris = Parus palustris
Ein wunderbarer Beitrag über die reizenden Sumpfmeisen. Ich liebe alle Meisen, sie sorgen immer für Abwechslung am Futterhaus.
Leider sehe ich in diesem Jahr fast nur Kohlmeisen. Meine kleinen Lieblinge, die Blaumeisen, machen sich rar. Dafür lässt sich doch ab und zu auch mal eine Schwanzmeise sehen, allerdings nur bei meinen Waldspaziergängen.
Auf dem Wasserbild sehe ich nur Stockenten.
Sollten da wirklich Kolbenenten dabei sein?
Vielen Dank für den schönen Blog, ich freue mich immer darauf.
A. Gronemeier
Danke Angela für deine Rückmeldung, über die ich mich sehr gefreut habe. Und du hast völlig Recht: Es sind außer den Schwänen nur Stockenten und einige Blässrallen zu sehen. Weder Kolben- noch Tafelenten. Ich werde das rasch korrigierren!