Haubentaucher sind bei uns weit verbreitet, und ihre Paarung ist ein „Augenschmaus”. Im Frühjahr 2020 hatte ich ausführlich vom Balzverhalten der Haubentaucher berichtet.
Dieses gegenseitige Werben ist legendär – mit all den beeindruckenden und wunderbar aufeinander abgestimmten Ausdrucksbewegungen von Weibchen und Männchen; mit all ihren sehr ansehnlichen Signalen.
Damals hatte ich den Blogpost über die Frühlingsgefühle der Haubentaucher mit dem Satz beendet:
Kopuliert wird übrigens auf einer Nestanlage, auf der manchmal – aber nicht immer – auch das zukünftige Nest entsteht. Die Anlage ist zunächst nur eine schlichte Plattform. Aber dazu ein anderes Mal.
Heute nun also das andere Mal, und zwar mit der Paarung der Geschlechtspartner auf einer solchen selbstgebauten Plattform, die vom Wasser leicht überspült wird.
Und dieses Jahr war ich nicht nur am Schlachtensee in Berlin unterwegs, wo jetzt bereits der Nachwuchs geschlüpft und mit den Eltern auf dem Wasser ist, sondern in dem Storchendorf Linum – nordwestlich der Hauptstadt – also dort, wo im Herbst auch einige Zehntausend Kraniche rasten.
Fischteiche Linum
Für ornithologisch Interessierte sind die alten Fischteiche von Linum eine Attraktion, und zwar nicht allein wegen der Weißstörche und der Kraniche, der unüberhörbaren Drosselrohrsänger, der Gänse und Greifvögel, sondern wegen der vielen kleinen unscheinbaren Sänger: Schwanz-, Bart- und Blaumeisen, Garten- und Mönchsgrasmücke, Fitis und Zilpzalp.
Und manchmal gibt es dort eine Überraschung wie den Trauerschnäpper, den ich jetzt sah, oder man wird von Banalitäten überrascht. So erging es mir mit den Haubentauchern.
Rege Bautätigkeit
Von einer Beobachtungshütte aus konnte ich das Paar dabei beobachten, wie es Nistmaterial herangeschaffte und an einem passenden Platz am gegenüberliegenden Ufer anordnete.
Die Halme des Schilfrohrs sind bekanntlich lang, und es zeigte sich, dass es einige Mühe bereitet, einen solchen Stängel zwischen den stehenden Schilfhalmen so abzulegen, dass daraus mal ein Nest oder zunächst einmal der Unterbau für ein Nest wird – also die Plattform. Aber Haubentaucher, die meist am Schilfrand brüten, erweisen sich als sehr geschickt. Es ist ja ihr bevorzugter Lebensraum.
Herr Haubentaucher schwamm meist weiter auf den Teich hinaus, und wenn er zurückkam, war er vor allem damit beschäftigt, verrottetes Blattwerk tauchend aus dem Wasser zu fischen und es der Auserwählten zu präsentieren. (Von diesem Verhalten als Teil der ritualisierten Balz hatte ich schon bei den Frühlingsgefühlen der Haubentaucher berichtet.)
Die Paarung der Haubentaucher
Dieses Hin und Her auf dem Wasser dauerte eine Weile. Es passierte nicht viel. Doch irgendwann war die Haubentaucherin mit ihrem Werk zufrieden und sprang mit einem Satz auf die kreuz und quer abgelegten Schilfhalme, die bereits so miteinander verwoben waren, dass sie eine Art Plattform bildeten.
Dabei sank unter ihrem Gewicht die Plattform ein wenig unter die Wasseroberfläche. Das störte das Weibchen allerdings nicht, es legt sich dennoch flach darauf. Genau diese Stellung ist ihre Einladung zur Kopulation, und der Auserwählte ließ nicht lange auf sich warten.
Was dann binnen weniger Sekunden geschah, zeigen die nächsten Fotos, die sich wie üblich alle per Klick oder Wischen vergrößern lassen:
Die Grafik aus Der Haubentaucher von Manfred Melde (Neue Brehm-Bücherei 61, 1973/95, Seite 63, VerlagsKG Wolf Magdeburg) illustriert den Ablauf aus einer anderen Perspektive – und macht die Sache noch besser klar.
Nach der Kopulation schütteln Haubentaucher und Haubentaucherin oft nochmals synchron die Köpfe und gehen dann wieder ihrer Wege. Sie schwimmen auf den Teich hinaus oder besorgen in Ufernähe weiteres Nistmaterial.
An Land lassen sie sich nicht blicken. Denn mit ihrer Körperform, den breiten „Paddelfüßen” – also lappig verbreiterten Zehen – und der tauchenden Ernährungsweise, sind sie klassische Vertreter der Vogelgruppe „Lappentaucher”.¹
Die Kopulation, so eindeutig sie auch erscheint, hat bei den Haubentauchern jedoch einen Haken: Männliche und weibliche Artgenossen unterscheiden sich nicht nur äußerlich kaum, sondern auch ihr Verhalten ist sehr ähnlich.
Gerade zu Beginn der Brutzeit können die Rollen auch anders verteilt sein als erwartet: Herr Haubentaucher legt sich flach auf das Podest und lädt zur Begattung ein, die Haubentaucherin nähert sich von hinten und springt in Kopulationsabsicht auf die Plattform.²
Damit Spermien die weibliche Geschlechtsöffnung erreichen und in die Eileiter gelangen können, drücken die Geschlechtspartner ihre Kloaken aneinander. Ob es dabei in jedem Fall zu einer Befruchtung kommt, ist mir nicht bekannt – aber möglich.
Von der Plattform zum Nest
Oft bauen die Taucher nicht nur eine Plattform, sondern mehrere. Welche davon schließlich über dem Wasser zu einem Nest mit einer Mulde für das Gelege ausgebaut wird und warum, ist nicht abschließend erforscht.
Vermutlich spielen wechselnde Wasserstände am Neststandort eine Rolle oder die Stabilität des Unterbaus, die von den verbauten Materialien abhängt. Bekannt ist jedenfalls, dass manche Nester permanent repariert oder aufgestockt werden müssen, weil sie sonst absacken. Vielleicht wissen oder lernen Haubentaucher ja, auf welchen Unterbau am meisten Verlass ist.
¹ Auch die Rothalstaucher gehören in die Familie der Lappentaucher (Podicepedidae)
² Handbook Of The Birds Of The World, Hrsg. Josep del Hoyo u.a., Lynx Edicions, Barcelona 1992, Bd.1, S. 182
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