Leuchtend in der Baumkrone

Ein goldgelber Pirol sitzt auf einem spärlich belaubten Ast.

Eigentlich hätte ich in Brandenburg längst einen Pirol entdecken müssen. Denn in den warmen Sommermonaten, zwischen Anfang Mai und Ende August, leben und nisten sie auch im Berliner Umland. Aber es kam anders: Das erste Mal und ganz bewusst hörte ich das Flöten des Pirols in Weißrussland. Doch auf meiner Birdingtour in Armenien sah ich den leuchtend gelben Pirol jetzt zum allerersten Mal. Und das kam so …

Verkehrschild mit dem durchgestrichenen Ortsnamen von Hermon.
In einem Flusstal zwischen Dreitausendern liegt Hermon.

Ich war früh am Morgen in der Umgebung des Örtchens Hermon unterwegs. Es liegt südlich des großen armenischen Süßwassersees, des Sewansees – nicht weit entfernt von der türkischen Grenze und von Aserbaidschan. Hermon liegt auf 1.700 m Höhe und recht nahe an imposanten, schneebedeckten Dreitausendern. Zunächst traf ich bei meinem Rundgang auf Stare und Kohlmeisen, auf Zaunkönig und Buntspecht … also für Berliner Stadtbewohner nichts Ungewöhnliches. Doch immerhin, ich hörte einen Pirol.

Im gelb bis rostfarbenen Blätterwald eines Laubbaumes ist der Pirol gut verborgen.
Suchbild mit Pirol

Ihn zu hören, ist die eine Sache, die andere ist, ihn zu sehen. Johann Friedrich Naumann, der große deutsche Ornithologen, den ich wegen seiner anschaulichen Sprache so gerne zitiere, schrieb über den Pirol (J. F. Naumann, Naturgeschichte der Vögel Mitteleuropas, 3. Aufl. Bd. IV, S. 32):

Er ist ein scheuer, wilder und unsteter Vogel, der sich immer den Augen der Menschen zu entziehen sucht, ob er gleich oft in ihrer Nähe wohnt. Er hüpft und flattert immer in den dichtesten belaubten Bäumen, verweilt selten lange in dem nämlichen Baume und noch weniger auf demselben Ast; seine Unruhe treibt ihn bald da-, bald dorthin, doch nur selten kommt er in niedriges Gesträuch und noch seltener auf die Erde.

Wenn man die eindrucksvolle Stimme des Pirols bereits kennt, steigen die Chancen, ihn zu finden. Das war mein Glück in Armenien. Ich folgte seinen Flötentönen.

Pirol auf einem Ast und hinter Zweigen in Baumkrone nicht vollständig verborgen.
Zwischen Zweigen verborgen, aber da die Blätter noch nicht voll entwickelt sind, gut erkennbar.

Laubwälder habe ich in Brandenburg bisher selten besucht – einer der Gründe, weshalb ich den attraktiven Vogel noch nie hörte oder sah.

Für Deutschland kommt der Atlas Deutscher Brutvogelarten auf 31 000 bis 56 000 Reviere beziehungsweise Brutpaare. Der Bestand ging vor der Jahrtausendwende stark zurück und erholt sich möglicherweise derzeit ein wenig.

Attraktives Federkleid

Während die Jungvögel und die weiblichen Pirole überwiegend gelblich-grün gefärbt sind und dadurch in der Baumkrone kaum auffallen, trägt der männliche Pirol ein leuchtend gelbes Federkleid. Wunderbar kontrastieren dazu der schwarze Schwanz und die schwarzen Flügel. Und rötlich schimmert sein Schnabel.

Leuchtend gelb ist sind Brust und Bauch des Pirols, der auf einem Ast in der Baumkrone sitzt.
Das goldgelbe Gefieder des Pirols ist aus dieser Perspektive gut sichtbar.
Der Pirol von hinten zeigt seine schwarzen Flügel und den schwarzen Schwanz.
Flügel und Schwanz sind vorwiegend schwarz.

Der Kirschendieb

Naumann führt den Pirol unter dem Namen Kirsch-Pirol, denn die reifen Früchte sind neben anderen weichen Beeren seine Lieblingsspeise (S. 34):

In den Kirschgärten ist er ein sehr unwillkommener Gast, weil er die reifsten und besten Kirschen in Mengen verzehrt, und da, wo er sich einmal hingewöhnt hat, seine Besuche stündlich wiederholt.

Auf einem Zweig sitzt ein gelber Pirol, aufgeplustert und wie ein gelbes Wollknäuel.
Der aufgeplusterte Pirol flötet in den Morgen.

Da sich Verscheuchen mit Klappern, Greifvogelattrappen oder Schreckschüssen nicht lohnt – der Pirol kehrt rasch wieder zurück –, griff man früher offenbar zur Flinte. Allerdings ist der Pirol ein wichtiger Schädlingsbekämpfer, kein chemischer, sondern ein natürlicher. Das wusste Naumann auch:

Er … durchsucht flatternd die Blätter nach Raupen und Eiern grösserer Insekten. So ernährt er sich dann meist von Waldinsekten, welche sich auf Bäumen aufhalten, fängt Maikäfer, Schmetterlinge und große dickleibige Nachtfalter u. dergl., doch liebt er vor allen anderen die glatten grünen Raupen, die er in Mengen von den Blättern abliest.

Kein Wunder also, dass der Pirolbestand im letzten Jahrtausend bei uns stark zurückgegangen ist: Es gibt immer weniger naturnahe Laubwälder, Biozide sind allerorten im Einsatz und auf dem Zug in die afrikanischen Winterquartiere wird der für seine weite Reise gut genährte Vogel weiterhin bejagt.

Ein Gewässer, Laubbäume und Gärten mit Kirschen oder anderen Beeren, das ist der Lebensraum des Pirols.
Das Habitat des armenischen Pirols, der hier die Sommermonate verbringt.

Pirol | Loriot | Eurasian Golden Oriole | Oriolus oriolus



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2 Kommentare zu “Leuchtend in der Baumkrone

  1. Dein Bericht ist sehr anschaulich, liebe Elke, und wird meine Aufmerksamkeit auf diesen Vogel bei uns schärfen.
    Vielleicht habe ich ja Glück :)) Und seine Stimme werde ich mir gleich mal anhören, um gewappnet zu sein.

  2. Liebe Elke, ich habe sogleich die Vogelstimme zum Pirol angehört. Ich vermute, in unserem verwilderten Gartenteil in Schwerin habe ich diese Stimme in diesem Jahr das erste Mal gehört. Gesehen habe ich ihn leider nicht. Danke für die schönen Aufnahmen.
    LG Ursula

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