Die kleine Waldohreule

11. Mai 2018 | Falke & Co, Große Vögel | 6 Kommentare

Ein bisschen viel Publikum für die kleine Waldohreule, aber alles wird gut. (copyright bei allen Fotos E.Brüser)

Es ist schon eine Weile her, dass ich auf einer Vogelgucker-Reise in Weißrussland eine Waldohreule beobachten konnte, die das Nest mit ihren Jungen hütete. Die Kleinen waren da bereits so alt, dass sie ausfliegen konnten – das bedeutet, sie flattern früher oder später vom Nest aus herunter, landen auf dem Boden beziehungsweise auf einem benachbarten Baum oder Strauch und kletterten mit ihren kräftigen Füßen von dort nach oben.

So sind sie vor Fressfeinden am Boden sicher und im Laubwerk vor hungrigen Greifvögeln etwas geschützt. In diesem Stadium, wo sie noch gefüttert werden, nennt man sie bezeichnenderweise Ästlinge.

Der Ästling, der an diesem Morgen das Nest verlassen hat, sitzt geschützt in der kleinen Weide.

An der kleinen Beringungsstation in Turov werden die Jungen der Waldohreule, die dort schon seit Jahren auf dem Gelände brütet, sorgfältig beringt, um so zu erfahren, wohin sie „auswandern“ und wie lange sie leben. Vier Junge waren 2017 in dem Nest groß geworden.

Ästling in der Hand

Als unsere Vogelgucker-Gruppe an einem wunderbaren Tag im Mai bei der Beringung von Kampfläufern zusehen wollten, entdeckte ich diesen kleinen Kerl. Ein Greifvogel-erfahrener Biologe holte ihn aus dem Geäst und brachte ihn zur Beringerin.

Erfahrung ist alles: Die kleine Waldohreule wir vom Ast „gepflückt“.

Und nun zum Beringen!

So konnten wir den Jungvogel genauer betrachten: Er trägt noch das wärmende Dunenkleid, mit dem sich nicht fliegen lässt. Allerdings hat er bereits schöne Konturfedern an den Handschwingen – also im äußeren Bereich der Flügel. Das und die enorme Spannweite ermöglichen dem kleinen Kerl bereits zu segeln. Aber darauf kommen wir noch.

Auch die leuchtenden, großen Augen der jungen Waldohreule waren beeindruckend. Sie erinnerten mich sofort an die Glasaugen der Vogelpräparate im Naumann Museum von Köthen.

Riskante Manöver

Nach der Beringung wurde die kleine Eule wieder in dasselbe Geäst zurückgesetzt. Aber nachdem sie sich zunächst dort auszuruhen schien, entschied sie plötzlich, höher zu klettern. Und nicht nur das! Sie segelte ganz unerwartet herab und landete unter der Weide im sumpfigen Uferbereich eines Flusslaufs, der zur riesigen, glücklicherweise naturgeschützten Flussaue des Pripjats gehört.

Nach der Beringung wird die junge Eule zurückgesetzt.

Hier sieht man den kräftigen – beringten – rechten Fuß des Kletteres.

So weit die Schwingen tragen …

Dieses Flugmanöver der jungen Eule machte mich wirklich nervös. Aber ich kann euch beruhigen: Der Ausreißer wurde  ganz unaufgeregt ergriffen und in die kleine Weide zurückgesetzt. Da hat er sich nicht mehr vom Fleck gerührt. Ihm und uns reichte die Aufregung.

Der Ästling ist zurück an Ort und Stelle.

Freunde von mir fahren jetzt erneut zum Vogelgucken, neudeutsch Birding, nach Weißrussland. Ich bin gespannt, ob wieder eine Waldohreule neben der idyllisch gelegenen Beringungsstation von Turov brütet.

Waldohreule | Hibou moyen-duc | Long-eared Owl | Asio otis

Liebe Fans meiner Fotos, ich freue mich, wenn euch das eine oder andere Foto so gefällt, dass ihr es von meiner Website herunterladen möchtet. Allerdings sind alle mit ©Copyright geschützt. Darum fragt mich bitte per E-Mail vor jedem Download. Elke Brüser

6 Kommentare

  1. Bei uns ist so eine waldohreule ein junges!

    Antworten
    • Wie schön! Ich hoffe, es wird gut versorgt.

  2. Wunderbare Bilder!! Ich finde Eulen total toll, mir war allerdings nicht bewusst, dass man ihnen in Weißrussland so nah kommen und beobachten kann. Da bin ich schon ein bisschen neidisch!
    Liebe Grüße
    Lisa

    Antworten
  3. Schöööööön und aufregend! Dankeschööön! ?

    Antworten
    • Schön, dass euch die kleine Eulengeschichte gefällt. Im Moment bin ich noch in Armenien und sah hier eine Zwergohreule. Es war allerdings dunkel und Fotos wird es daher leider nicht geben. Dafür bringe ich zum Beispiel Rosenstare und Kappenammern mit nach Berlin.

  4. Dein Ausflug war ja von Erfolg gekrönt, wie man lesen und sehen kann. Freut mich für Dich, aber auch wenn man nicht
    dabei war, ist Deine Doku sehr interessant und bildlich klasse eingefangen. Die kleine Eule besitzt natürlich auch
    den „Niedlichkeitsfaktor“ 100 pro :)) Gut, daß es Menschen gibt, die sich für sie einsetzen.

    Antworten

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Frau mit Fernglas beobachtet etwas in der Ferne

Mit Fernglas und Kamera auf Vogel-„Jagd“ zu gehen, ist mancherorts geradezu ein Sport und von Wetteifer geprägt. Ich halte aber wenig davon, möglichst viele und auch seltene Arten aufspüren zu wollen, um sie akribisch in Listen zu erfassen. Mein Ding ist: stehen bleiben, lauschen und schauen, was Tiere so treiben.

Textes en français

Si cela t’intéresse: Ma chère amie Annie Riou a traduit quelques articles du blog en français. Et depuis 2023 Juliette Rakei, étudiante de la zoologie à Berlin et bilingue, fait des traductions. Merci! Tu les trouves ici.

Vogel des Jahres

Zwei schwarz-weiße Vögel mit teils schillernden Flügeln stehen sich gegenüber, unter ihnen ein kleiner Jungvogel.

2024  Der Kiebitz

Zwei Braunkehlchen sitzen auf einer Distelblüte, es sind Männchen und Weibchen.

2023  Das Braunkehlchen

Ein Rotkehlchen hockt auf einem Ast und füttert mit einem Wurm, den es im Schnabel hält, einen Jungvogel.

2022  Das Rotkehlchen

Wiedehopf mit gesträubter Haube - Ausschnitt aus einer Grafik im "Naumann" Bd.IV

2021  Der Wiedehopf

Eine rosabrüstige Taube sitzt auf einem Ast und blickt mit ihrem roten Auge zu uns.

2020  Die Turteltaube

Vier Lerchenvögel, in der Mitte ein adultes männliches Tier mit kleiner Holle.

2019  Die Feldlerche

Männlicher und weiblicher Star im Frühjahr im Prachtkleid - mit weißen Tupfern auf schwarzem Grund - auf einen Zweig sitzend.

2018  Der Star

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2017  Der Waldkauz

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2016  Der Stieglitz

Seevogel des Jahres

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2024  Der Sterntaucher

Brandseeschwalbe mit schwarzem Schädel und Mähne steht auf einem Felsen am Meer.

2023  Die Brandseeschwalbe

Ein möwenartiger Vogel steht auf einem Felsstein im nordisch anmutenden Meer

2022  Der Eissturmvogel

Der Jahresseevogel 2021 als Zeichnung: Zwei Weißwangengänse mit weißer Stirn und weißer Kehle vor einem nordischen Meer mit steilen Felsen.

2021  Die Weißwangengans

Auf einem Felsvorsprung am Meer steht eine Fluss-Seeschwalbe mit deutlich schwarzer Schnabelspitze. Links eine Zwergseeschwalbe und hinter ihr eine Küstenseeschwalbe.

2020  Die Fluss-Seeschwalbe

Eine schwarzweiß gemusterte Eiderente mit pfirsichfarbener Brust paddelt mit den Füßen im grünlich Meerwasser.

2019  Die Eiderente

Drei Sandregenpfeifer stehen am Meeresstrand. Links das Weibchen, rechts ein blasser gefärbter Jungvogel und in der Mitte das Männchen auf einem Stein. Jungtier

2018  Der Sandregenpfeifer

Vier Eisenten hocken auf Steinen im Wasser: großes männliches Tier mit brauner Brust, helleres weibliches Tier und zwei ebenfalls helle Jungvögel.

2017  Die Eisente

Drei Basstölpel in verschiedenen Altersstufen: weißes Baby, dunkler Jungvogel und weißer Altvogel mit gelblichem Kopf.

2016  Der Basstölpel

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