In Spanien wird der Stelzenläufer auch als „Störchlein“, also Cigeñuela, bezeichnet. Und sieht er nicht tatsächlich wie ein Storch aus – mit seinem schwarz-weißen Federkleid, diesen extrem langen roten Beinen und dem langgestreckten Schnabel? Unverwechselbar ist er auch im Flug, wenn die Beine weit über die Schwanzspitze hinausragen.
In Deutschland tauchen die grazilen Vögel nur selten als Sommergast auf, noch seltener brüten sie bei uns. Man kann sie aber zum Beispiel in Spanien, Südfrankreich und Griechenland entdecken. Ihr Brutgebiet erstreckt sich von Südeuropa bis nach Südasien und Afrika.
Stelzenläufer brauchen es warm und feucht, darum sieht man sie meist auf sehr nassen Wiesen, in Reisfeldern, Verlandungsgewässern und Lagunen. Längere Zeit konnte ich Anfang Mai ein Grüppchen bei den Armash-Fischteichen in Armenien beobachten, wo sie sich mit ein paar Sichlern eine feuchte Wiese teilten.
An den Fischteichen
Das Gelände an der Grenze zur Türkei wirkt auf Touristen, die in Armenien meist die christlichen Kulturgüter besuchen, sicherlich verlassen und heruntergekommen. Aber gerade der etwas desolate Zustand in einer Randregion macht die Fischteiche für viele Vogelarten attraktiv. Und für Ornithologen! Darum war ich mit anderen Vogelbegeisterten vor Ort.
Wir sahen außer den Stelzenläufern und Sichlern eine Gruppe von Löfflern und außerdem Wiedehopf, Maskenschafstelze, verschiedene Reiher, einen Kuckuck, viele Weißflügel-Seeschwalben, auch Weißschwanzkiebitze, wenigstens einen Blauwangenspint … Begleitet wurde unser Ausflug an die Fischteiche vom schmetternden Gesang verschiedener Rohrsänger im Schilf. Da gibt es also noch einiges zu berichten.
Auf langen Beinen
Die langbeinigen Stelzenläufer, die nah mit den Säbelschnäblern verwandt sind, hatten es mir besonders angetan. Und die Fotos – wie immer per Anklicken zu vergrößern – illustrieren sicher warum.
Auf der feuchten Wiese im Gebiet der Fischteiche suchten die Stelzenläufer nach Nahrung, nämlich nach Wasserinsekten, kleinen Krebse, Fischen und Amphibien.
Dafür sind sie sozusagen gebaut, weil sie mit ihren 14 bis 17 cm langen Beinen aus dem Wasser herausragen, den Rumpf drehen und weit genug herabbeugen können – ohne dabei umzukippen – und weil sie schließlich einen recht langen Hals und Schnabel haben. Über diesen Zusammenhang bin ich erst kürzlich gestolpert, und zwar in dem lehrreichen Buch Ornis von Josef H. Reichholf (Ornis. Das Leben der Vögel, Ullstein 2016). Darin schreibt er (S. 158):
Dass Schnabellänge und Beinlänge zueinanderpassen müssen, liegt auf der Hand. Vögel mit langen Beinen, wie Störche und Reiher oder Ibisse, haben daher in der Regel auch lange Schnäbel, auf jeden Fall aber entsprechend lange Hälse.
Obwohl Stelzenläufer und Säbelschnäbler viele Ähnlichkeiten haben, gibt es markante Unterschiede, die mit dem Nahrungserwerb verbunden sind: Beim Säbelschnäbler ist das Schnabelende leicht nach oben gebogen, beim Stelzenläufer ist der Schnabel insgesamt feiner und läuft am Ende sehr spitz zu. Und während der Säbelschnäbler von links nach rechts – und umgekehrt – das Wasser mit seinem Schnabel durchpflügt, sticht der Stelzenläufer von oben auf seine Beute herab.
Überraschung
Beim Sichten und Vergrößern meiner Fotos habe ich tatsächlich auch die brütenden Weibchen in dem wasserreichen und teilweise hoch bewachsenen Gelände entdeckt. Sie und ihr Nest waren selbst von dem Damm aus, der uns trockenen Fußes zu den Fischteichen führte, kaum zu bemerken.
Ich finde, die Stelzenläufer mit ihren speziellen Körpermaßen, den knallroten Beinen und diesem fragilen Körper passen genau in die bizarre Szenerie der Fischteiche im armenischen Grenzland. Blickt man zu den Berghängen Richtung Nordosten ist es hinter einem Obstanbaugebiet trocken und arm an Vegetation, während Richtung Südwesten – auf türkischem Staatsgebiet – der mächtige Ararat mit über 5.100 m Höhe und seinem schneebedeckten Gipfel imponiert.
Stelzenläufer | Échasse blanche | Black-winged Stilt | Himantopus himantopus
Liebe Elke, du hast einen wunderschönen Blog, auf den ich ja jetzt erst gestoßenn bin. Ganz, ganz schön. Das musste ich mal loswerden schnell. Liebe und kollegiale Grüße, dein Lebensweg ist spannend. Klingt ganz nach einer Frau, die ich gern mal kennenlernen würde.
Dass dir mein Blog gefällt, freut mich, liebe Kollegin. Auch deine Seite ist sehr schön gestaltet, und ich habe gleich mal geschaut, was du über die „Eigenwillige Tierwelt auf Mauritius“ schreibst. Mit der Hirtenmaina, auch Hirtenstar genannt, hatte ich im Oman das ein oder andere Vergnügen. Und von Mauritius habe ich mir zwei dieser wunderbar geflochtenen Nester der Webervögel mitgebracht. Sie lagen völlig durchgetrocknet auf der Straße unter einem reichlich bevölkerten Baum und erfreuen mich seit Jahren.
Was ich übrigens wirklich gut finde ist, dass du offenlegst, bei welchen Reisen du finanziell unterstützt wurdest.
Einfach schön, diese zierlichen Watvögel in ihrem natürlichen Habitatzu sehen und natürlich mit den entsprechenden Erklärungen dazu. Immer wieder eine Bereicherung meines ornithologischen. Wissens. Danke, liebe Elke !!
Ich kannte sie bisher nur als amerikanische Stelzenläufer aus dem Zoo Berlin.
Liebe Gabriele, wie schön, dass du in deinem Kommentar ganz nebenbei darauf hinweist, dass es sich bei den Stelzenläufern um typische WATVÖGEL handelt. Und die amerikanischen Exemplare werde ich mir im Berliner Zoologischen Garten mal ansehen. Es ist ja strittig, ob sie als Unterart oder doch als eigene Art geführt werden sollen.