Sie gehören mit ihrem schwarz-weißen Gefieder, dem knallroten Schnabel, lachsroten Beinen und den leuchtend roten Augen zu den besonders auffälligen Watvögeln: die Austernfischer. Und damit man sie wirklich nicht übersieht, machen sie oft noch mit einem markanten, durchdringenden Gesang auf sich aufmerksam. Typisch ist ihr fast schrilles „Tülie, tülie, …“, und zwischendurch ertönen auch immer wieder trillernde Laute.
An der Nordsee treffe ich diese Küstenbewohner, die es übrigens immer häufiger auch ins Binnenland zieht, regelmäßig: im Frühjahr, im Sommer, im Herbst und zuletzt im eiskalten Februar.
Da war die Vegetation an der Küste bereits überfroren. Doch die Austernfischer suchten bei Ebbe weiter nach Wattwürmern, und hunderte ruhten auf den Buhnen. Aber der Reihe nach:
Austernfischer zählen zu den Watvögeln, die im seichten Wasser auf Nahrungssuche herumspazieren, sie waten.
Viele Watvögel haben lange Beine und einen langen Schnabel, mit dem sie im Schlick oder morastigen Boden herumstochern – so wie die Brachvögel, Säbelschnäbler und Stelzenläufer.
Andere Watvögel sind kurzbeinig und kurzschnäbelig, wie der Seeregenpfeifer, und suchen vor allem im Spülsaum nach Meeresgetier, das sich dort verfangen hat, oder auch nach kleinen Insekten.
Muscheln und Wattwürmer
Dass die Austernfischer Watvögel und vor allem im Watt unterwegs sind, klingt manchmal vielleicht verwirrend. Es ist aber so, dass wir es mit zwei unterschiedlichen Wörtern zu tun haben, wobei mir das Etymologische Wörterbuch der Kluge verrät, dass diese womöglich einen gemeinsamen Stamm haben und zwar im lateinischen Wort für Furt „vadum“. Dort ist das Wasser nicht tief, wie auch im Watt, und man kann hindurch waten.
Was die Austernfischer an der Nordseeküste treiben, zeige ich in der folgenden Foto-Serie, bei der sich wie üblich jedes Bild durch Anklicken vergrößern lässt. Sie suchen in der Nordsee meist nicht nach den namensgebenden Austern, sondern holen sich bei Ebbe vor allem Miesmuscheln und Herzmuscheln aus dem trockengefallenen Meeresboden. Oder sie ziehen Wattwürmer hervor – hauptsächlich Borstenwürmer (Polychaeten).
In der Winterlandschaft
Nicht nur der Sommer an der Nordseeküste ist für Ornis und andere Naturbegeisterte ein Genuss, auch der neblige Herbst und der meist nasskalte Winter. Denn im Wattenmeer halten sich auch in der kalten Jahreszeit viele Vögel auf. Manche sind Stand- oder Strichvögel, die solange bleiben, wie sie Nahrung finden, andere kommen als Zugvögel aus dem hohen Norden und überwintern bei uns.
Für die Austernfischer kann man sagen, dass sie solange ausharren, wie das Watt eisfrei bleibt. Sie suchen bei Niedrigwasser nach Nahrung, ruhen bei Wind und Kälte nah beieinander. Erst wenn die Bedingungen unerträglich sind, ziehen sie längs der Küste in Richtung Niederlande und über Belgien bis zur französischen Atlantikküste und noch weiter südlich (F. Bairlein, u.a., Atlas des Vogelzugs, Aula-Verlag, 2014, S. 196 ff).
Und nun möchte ich ohne viele Worte zeigen, was ich mit dem Fernglas sah, mit der Kamera festhalten konnte und was mich total fasziniert hat. Wir schauen direkt auf eine Buhne – also jene Steinwälle, die einen Steg formen und als Wellenbrecher die Küste schützen sollen.
Und ihr seht schon, dass die Buhne in der Kurve belebter ist, als man auf den ersten Blick vermutet.
Kräftig herangezoomt, lassen sich die vielen Austernfischer erkennen. Sie dösten in der Sonne, die hin und wieder durchkam. Aber nicht nur das. Das letzte Foto zeigt: Vor der Buhne schwammen Brandgänse, und sehr weit draußen lagen Seehunde auf einer Sandbank.
Kälteschutz
Ich muss gestehen, meine Hände waren rasch wie durchgefroren. Dieses Problem haben Watvögel im kalten Watt oder Wasser nicht. Ihr Federkleid wärmt sie, und was von den Beinen unten herausschaut, ist bei Vögeln gut vor Erfrierungen geschützt.
Die unteren Extremitäten bestehen nämlich fast nur aus Knochen und Haut. Muskeln, die gut durchblutet werden (müssen), gibt es hier nicht. Nur ein ganz feines Netz aus Blutgefäßen sorgt dafür, dass die Beine weder festfrieren noch steif werden. Da das Gefäßnetz in den Beinen so filigran ist, geht den Vögel zudem kaum Wärme verloren. Weitere Anpassungen an die Kälte sind einen eigenen Blogpost wert. Dazu also ein andermal.
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