Klein und flink

16. März 2017 | Kleine Vögel | 2 Kommentare

Seeregenpfeifer frontal mit weißer Brust und dunklem Schnabel. Seine Beine spiegeln sich inder Pfütze.

Seeregenpfeifer am Spülsaum

Dieser Seeregenpfeifer war im Februar an der Küste des Omans auf Nahrungssuche. Er hat vermutlich schon einige hundert Kilometer hinter sich und wohl viele hundert Kilometer noch vor sich. Denn die kleinen Regenpfeifer fliegen enorme Strecken, um den Winter in wärmeren Regionen zu verbringen.

Fast alle Seeregenpfeifer überwintern in Afrika. Im Frühjahr ziehen sie dann entweder längs der ostafrikanischen Küste bis ans Schwarze Meer oder Kaspische Meer. Oder sie fliegen auf der westafrikanischen Seite nach Norden und bleiben für die Brut an der französischen Atlantikküste oder am Mittelmeer. Andere suchen zum Brüten die Küsten von Nord- und Ostsee.

Seeregenpfeifer von der Seite vor dem meer am Rand einer Pfütze mit schwarzem großem Auge.

Mit großen Augen kontrolliert der weiße, sandfarbene Vogel die Umgebung.

 

 

Dort, wo die Wellen an den Strand schlagen, ist der Lebensraum des Seeregenpfeifers. Er flitzt am Spülsaum herum, hat mit seinen großen Augen alles im Blick, was das Meer anspült oder sich im feuchten Boden regt.

 

 

Der legendäre Ornithologe Johann F. Naumann beschrieb das in dem Klassiker „Naturgeschichte der Vögel Mitteleuropas“ ehemals so (1900, Aufl. 3, Bd. VIII, S. 57):

Man sieht ihn auf den Rasenflächen herumlaufen, sich öfters bücken und etwas aufnehmen, auch fliegt er zu Ebbezeiten auf die Watten oder liest dort fleißig auf, was die See zurückliess, oder er fängt es in stehengebliebenem Wasserpfützen, wo man ihn nicht selten im seichten Wasser herumwaten sieht.

Bedroht

Leider brüten an der norddeutschen Küste seit Jahren immer weniger Seeregenpfeifer. In Schleswig-Holstein ist der Bestand zwischen 1970 bis 2005 um Zweidrittel geschrumpft: von 600 auf 200 Brutpaare.

Das entnehme ich dem zusammenfassenden Bericht des NABU für das Umweltministerium von Schleswig-Holstein (Dominic V. Cimiotti u.a., Möglichkeiten zum Erhalt der Brutpopulationen des Seeregenpfeifers in Schleswig-Holstein – Untersuchungen 2015). Der Bericht beginnt so:

Der Seeregenpfeifer (Charadrius alexandrinus) gehört zu den in Deutschland vom Aussterben bedrohten Brut- und Gastvogelarten.

Der Vogel beugt sich nach vorn und stochert mit dem Schnabel im weichen Boden.

Da hat er was entdeckt.

Und wer ist schuld an der Misere? Viele Faktoren spielen eine Rolle. Zum Beispiel vernichten Füchse und andere Prädatoren oft Eier und Küken der kleinen Bodenbrüter. Außerdem geht dem Seeregenpfeifer durch touristische Nutzung und Küstenschutzmaßnahmen notwendiger Lebensraum verloren. Dem versucht man in Schleswig-Holstein nun mit einem gezielten Naturschutz-Management entgegen zu treten: Abschuss von räuberischen Marderhunden, Vogelberingung, Absperrung von Brutgebieten, Kontrolle der Nester.

Ergötzlich

Dass es sich unbedingt lohnt, diesen flinken Watvogel zu schützen, indem man seinen Lebensraum absichert, hat Johann F. Naumann in Worte gefasst, die uns heute vor allem schmunzeln lassen (S. 58). Aber wer das Glück hat, Seeregenpfeifer zu entdecken, kann sich durchaus an dem possierlichen Langstreckenflieger ergötzen …

Das muntere fröhliche Wesen dieser lieblichen Geschöpfe zieht auch die Aufmerksamkeit schlichter Menschen auf sich und dient zu Zeiten zur ergötzlichen Unterhaltung.

Seeregenpfeifer mit dem Rücken zu ankommenden Welle steht in eienr Pfütze und wartet wohl auf angespültes Futter.

Auf Nahrungssuche in der Gezeitenzone. Und immer auf der Hut vor großen Wellen.

Seeregenpfeifer haben einige recht ähnliche Verwandte: den etwas größeren Sandregenpfeifer, den Flußregenpfeifer – der im Binnenland zu sehen ist – und den wunderschönen Goldregenpfeifer, der bei uns auf dem Weg in seine skandinavischen Brutgebiete nur durchzieht. Auffällig und typisch für den Seeregenpfeifer sind seine dunklen Beine, die beim Fluss- und Sandregenpfeifer gelb sind. Das half mir übrigens auch ihn in der Nähe von Muscat, am Golf von Oman, zu identifizieren.

Seeregenpfeifer | Gravelot à collier interropu | Kentish plover | Charadrius alexandrinus

Liebe Fans meiner Fotos, ich freue mich, wenn euch das eine oder andere Foto so gefällt, dass ihr es von meiner Website herunterladen möchtet. Allerdings sind alle mit ©Copyright geschützt. Darum fragt mich bitte per E-Mail vor jedem Download. Elke Brüser

2 Kommentare

  1. Du weißt natürlich, dass es Schutzzonen an der Küste gibt, die man nie – oder zumindest nicht zur Brutzeit bodenbrütender Watvögel – betreten darf. Denn viel zu leicht übersehen Fußgänger ein Gelege. Um Eier und Junge aber vor Prädatoren wie Fuchs und Marder zu schützen, stellt man zum Beispiel beim Sandregenpfeifer Drahtkörbe über Nester mit Eiern. Der Altvogel kann durch das Gitter raus und rein schlüpfen – also weiter brüten. Zusätzlilch sichern Naturschützer die Gelege manchmal durch einen Drahtzaun. Beides kann aber nicht immer verhindern, dass etwa Krähen, ihren Kopf durch das Drahtgeflecht stecken und an die Eier kommen. Sehr gut beschreibt das Jan Goedelt in der aktuellen Ausgabe von „Vögel“ (2/2017, S. 24) ff) und liefert dazu von der Balz und den Jungen des Sandregenpfeifers schöne Fotos.

    Antworten
  2. Das ist mal wieder sehr spannend berichtet! Danke! Bleibt die Frage, wie man solche Bodenbrüter konkret schützen könnte… ? Gibt’s da schon Erfindungen?

    Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Abo-Werbung für den Blog "Flügelschlag und Leisetreter" mit einem Specht, ein Kunstwerk von M. Garff

Vogel gesucht?

Gut sortiert

5 von 773 Kommentaren

Alle sind vollständig unter dem zugehörigen Blogbeitrag zu lesen.

  • Elke Brüser zu Wie Möwen uns bereichernEin wunderbarer Hinweis. Dorit Liebers ist mir eine gute Bekannte, und ich möchte hinzufügen, dass am 10. Oktober um 19 Uhr eine Lesung mit Holger Teschke und Dorit Liebers im Meeresmuseum von Stralsu…
  • Bernd Seidel zu Wie Möwen uns bereichernDer Besprechung möchte ich einen Hinweis auf den Podcast zum Buch anfügen. In dem kommt die Möwenexpertin Dorit Liebers-Helbig ausgiebig zu Wort, deren ornithologische Expertise Teschkes Werk über Möw…
  • Birgit Hofer zu Der kecke Yacht-BesetzerMir ist soeben in den Strandklippen von Zakyntos ein Eisvogel begegnet. Unglaublich, was es alles gibt. Daheim in den Alpen hatte ich dieses Glück noch nie
  • Elke Brüser zu Bald beginnt die JagdDanke für diesen schönen Tipp, Angelina. Als gebürtige Bremerhavenerin kenne ich Stankt Jürgen Land gut (sehr grün und sehr schön), bin auch manchmal in der Gegend. Und tatsächlich habe ich dort beim…
  • Angelina Sörgel zu Bald beginnt die JagdEin schöner Beitrag! Ich möchte dazu eine Geschichte empfehlen: „Rotkrause, die Geschichte des Fasanen aus dem Dontal“. Es handelt sich dabei um eine der wunderbaren Tiergeschichten von Ernest Thompso…

Birding

Du ahnst es vielleicht schon: Im Wort Birding steckt der englische „bird“. Unter Vogelfreunden ist das ein Schlagwort für die Beobachtung der gefiederten Tierwelt – im Feld, wie man so schön sagt. Also draußen. Ein paar Anmerkungen dazu findest du → hier.

Frau mit Fernglas beobachtet etwas in der Ferne

Mit Fernglas und Kamera auf Vogel-„Jagd“ zu gehen, ist mancherorts geradezu ein Sport und von Wetteifer geprägt. Ich halte aber wenig davon, möglichst viele und auch seltene Arten aufspüren zu wollen, um sie akribisch in Listen zu erfassen. Mein Ding ist: stehen bleiben, lauschen und schauen, was Tiere so treiben.

Textes en français

Si cela t’intéresse: Ma chère amie Annie Riou a traduit quelques articles du blog en français. Et depuis 2023 Juliette Rakei, étudiante de la zoologie à Berlin et bilingue, fait des traductions. Merci! Tu les trouves ici.

Vogel des Jahres

Zwei schwarz-weiße Vögel mit teils schillernden Flügeln stehen sich gegenüber, unter ihnen ein kleiner Jungvogel.

2024  Der Kiebitz

Zwei Braunkehlchen sitzen auf einer Distelblüte, es sind Männchen und Weibchen.

2023  Das Braunkehlchen

Ein Rotkehlchen hockt auf einem Ast und füttert mit einem Wurm, den es im Schnabel hält, einen Jungvogel.

2022  Das Rotkehlchen

Wiedehopf mit gesträubter Haube - Ausschnitt aus einer Grafik im "Naumann" Bd.IV

2021  Der Wiedehopf

Eine rosabrüstige Taube sitzt auf einem Ast und blickt mit ihrem roten Auge zu uns.

2020  Die Turteltaube

Vier Lerchenvögel, in der Mitte ein adultes männliches Tier mit kleiner Holle.

2019  Die Feldlerche

Männlicher und weiblicher Star im Frühjahr im Prachtkleid - mit weißen Tupfern auf schwarzem Grund - auf einen Zweig sitzend.

2018  Der Star

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2017  Der Waldkauz

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2016  Der Stieglitz

Seevogel des Jahres

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2024  Der Sterntaucher

Brandseeschwalbe mit schwarzem Schädel und Mähne steht auf einem Felsen am Meer.

2023  Die Brandseeschwalbe

Ein möwenartiger Vogel steht auf einem Felsstein im nordisch anmutenden Meer

2022  Der Eissturmvogel

Der Jahresseevogel 2021 als Zeichnung: Zwei Weißwangengänse mit weißer Stirn und weißer Kehle vor einem nordischen Meer mit steilen Felsen.

2021  Die Weißwangengans

Auf einem Felsvorsprung am Meer steht eine Fluss-Seeschwalbe mit deutlich schwarzer Schnabelspitze. Links eine Zwergseeschwalbe und hinter ihr eine Küstenseeschwalbe.

2020  Die Fluss-Seeschwalbe

Eine schwarzweiß gemusterte Eiderente mit pfirsichfarbener Brust paddelt mit den Füßen im grünlich Meerwasser.

2019  Die Eiderente

Drei Sandregenpfeifer stehen am Meeresstrand. Links das Weibchen, rechts ein blasser gefärbter Jungvogel und in der Mitte das Männchen auf einem Stein. Jungtier

2018  Der Sandregenpfeifer

Vier Eisenten hocken auf Steinen im Wasser: großes männliches Tier mit brauner Brust, helleres weibliches Tier und zwei ebenfalls helle Jungvögel.

2017  Die Eisente

Drei Basstölpel in verschiedenen Altersstufen: weißes Baby, dunkler Jungvogel und weißer Altvogel mit gelblichem Kopf.

2016  Der Basstölpel

Cookie Consent mit Real Cookie Banner