Am Meer begegnen wir nicht nur verschiedenen Seevögeln, etwa Möwen und Watvögeln, die am Spülsaum oder im Watt nach Nahrung suchen, sondern auch beeindruckenden Meeressäugern.
Die Seehunde und andere Robbenarten, um die es in diesem Blogpost geht, zählen ebenso zu den Meeressäugern wie die Wale inklusive der Delfine. Schließlich gehören auch die massigen Seekühe und possierlichen Seeottern in diese Gruppe.
Robben sind wunderbar an das Leben im Wasser angepasst. Sie verlassen es zum Ruhen, speziell in der Fortpflanzungsphase und in der „Babyzeit“.
Eine dieser Anpassungen an das Wasserleben betrifft die kurzen Extremitäten, deren Zehen beziehungsweise Finger mit derben Schwimmhäuten verbunden sind und den Eindruck von Flossen erwecken: Als Flossenfüßer wird die Robbenverwandtschaft daher auch bezeichnet.
Begegnung mit drei Robben-Arten
An der Nordsee, etwa zwischen den ostfriesischen Inseln, ist die Chance groß, den Seehunden (Phoca vitulina) zu begegnen. Diese Robbenart liebt das flache Wattenmeer und ruht bei Ebbe gerne auf den trockengefallenen Sandbänken.
Auf der Düne der Insel Helgoland lebt hingegen eine größere Kolonie von Kegelrobben (Halichoerus gryptus), die immer dann mediale Aufmerksamkeit erregt, wenn dort in den Wintermonaten die Babys mit einem weißlichen Wollkleid geboren werden.¹ In der Brutsaison 2021/2022 wurden 670 Jungtiere gezählt. Kegelrobben bevorzugen als Lebensraum felsige Küstenbschnitte.
Seehund und Kegelrobben gehören neben 18 weiteren Arten zur Familie der Hundsrobben (Phocidae) – ein Begriff, der die Form ihrer „Schnauze“ aufgreift.
Eine zweite Familie der Robbenartigen bilden die Ohrenrobben (Otariidae) mit 16 verschiedenen Arten. Ihr Kennzeichen sind: Ohren.
Und obwohl Ohrenrobben weder in der Nordsee noch in der Ostsee anzutreffen sind, komme ich auch auf Vertreter dieser Familie zu sprechen, denn viele Menschen kennen die besonders lernfähigen Tiere aus Zoos, vom Zirkus oder aus Shows mit Meeressäugern. Bei den dressierten Ohrenrobben handelt es sich übrigens meist um den sozial sehr verträglichen und intelligenten Kalifornischen Seelöwen.
Persönlich hatte ich das Glück am Rande einer Birdingtour in Namibia eine große Kolonie von Südafrikanischen Seebären (Arctocephalus pusillus) in ihrem natürlichen Lebensraum beobachten zu können. Auch sie gehören zu den Ohrenrobben. Die Art wurde früher auch Zwergseebär genannt – ein überholter Begriff, denn Männchen und Weibchen sind vergleichsweise groß.
Robben: Vielfalt und doch ähnlich
Seehund, Seebär & Co. sind fleischfressende Tiere, die im und am Meer leben und deren Hände und Füße zu Ruderflossen geformt sind. In der biologischen Systematik heißt die Gruppe Pinnepedia. Dieser Begriff ist aus den lateinischen Wörten pinna für Ruder und pes/pedes für Fuß/Füße zusammengesetzt.²
Zu den Robben zählen kleine Arten wie die 75 cm lange Ringelrobbe, die unter anderem im Finnischen Meerbusen der Ostsee lebt und sich mit Fisch, Krebstieren, Tintenfischen und Muscheln begnügt, größere wie die bis zu 4 m langen Seeleoparden des Südpolarmeeres, die auch Pinguine und Wasservögel jagen, und schließlich wahre Riesen wie die Seeelefanten mit den bis zu drei Tonnen schweren Männchen. Fast alle Robbenarten leben in den kalten Meeren – der dortige Fischreichtum und ihre dicke Fettschicht unter der Haut machen es möglich.³
Kennzeichnend für alle Robbenvertreter sind die stromlinienförmige Gestalt, ein wassertaugliches, glattes Fell und ein gutes Tauchvermögen. Wer die Tiere an Land oder im Wasser beobachtet, dem fallen die Finger beziehungsweise Zehen auf.
Sie sind – wie erwähnt – mit einer derben Schwimmhaut untereinander verbunden und erfüllen je nach Tierart unterschiedliche Funktionen:
Die hinteren Extremitäten sorgen bei den Hundsrobben für den Antrieb, die vorderen sind beim Schwimmen angelegt und dienen zusätzlich der Steuerung. Bei den Ohrenrobben geht der Antrieb hingegen von den vorderen Extremitäten aus.
Schwergewichte mit Handicap
Die Anpassung an das Wasserleben macht ihnen an Land das Leben schwer. So sind die Extremitäten nicht besonders geeignet, einen gewichtigen Körper zu tragen. Robben müssen daher robben! Was das bedeutet, zeigt sich bei den Hundsrobben, die besonders gut an das Wasser angepasst sind. Ziemlich platt liegen zum Beispiel die massigen Kegelrobben auf dem Sand und heben höchstens neugierig den Kopf.
Ähnlich sieht es bei den Seehunden aus. Sie nutzen ihre Extremitäten nicht als Stütze, höchstens kurzfristig die Vorderextremitäten – wie auf dem folgenden Foto der Seehund rechts oben vorführt.
Zur Fortbewegung wird der Körper zusammengekrümmt und dann wieder abgeflacht. Und wenn es geht, dann lassen sich Robben – etwa auf abschüssigem Gelände wie einer Sandbank – einfach ins Meer rollen. Wenn Seehunde es allerdings eilig haben, das Meer zu erreichen, dann nutzen sie – wenn auch etwas unbeholfen – ihre Extremitäten, um auf mehr Tempo zu kommen.
Seehunde robben mit Tempo ins Wasser (Von einem schaukelnden Boot aus gefilmt.)
Für die schweren Kegelrobben ist die Fortbewegung an Land besonders mühsam. Und um das Wasser zu verlassen, lassen sie sich oft mit Unterstützung des Wellengangs quasi an Land spülen. Kein Wunder!
Und als Videomitschnitt sieht das dann so aus:
Wasserfreuden
Robben sind äußerst verspielt. Während gerade die Kegelrobben an Land schwerfällig und träge auf uns wirken, entfalten sie im Wasser eine unglaubliche Beweglichkeit. Mit Begeisterung habe ich ihnen beim Spiel zugeschaut. Es erinnert an das übermütige Spiel junger Hunde.
Noch toller treiben es die Ohrenrobben, die kampfspielartig im Wasser herumtoben und manchmal sogar „Spielzeug” verwenden. Ich konnte den Südafrikanischen Seebären von einem Boot aus dabei lange zuschauen. Und wie üblich war es dort im Küstenstreifen nahe Swakopmund und der Walfischbucht morgens nebelig, bevor mittags doch noch die Sonne durchkam.
Wirklich treffend haben Alwin Peddersen und Herbert Wendt, die Autoren des Robbenkapitels in Grzimeks Tierleben (Kindler, Zürich 1972, Bd. 12, Säugetiere 3), das Spiel von Robben beschrieben, Seite 382
Vor allem die jungen Seebären spielen viel. Sie vermögen schon früh einen Gegenstand, etwa den Rest eines Fisches, mit dem Mund in die Höhe zuwerfen und wieder aufzufangen – im Wasser wie auf dem Land. Durch unvermutet angebrachte Bisse leichtester Art necken sie einander, spritzen und springen sich an … Im Wasser springen manchmal mehrere genau gleichzeitig und parallel zueinander über die Oberfläche hinaus. Ihre Lernfähigkeit ist wie bei allen Ohrenrobben bedeutend.
Mehr ein Hoppeln als ein Robben
Entlang der Atlantikküste Namibias gibt es mittlerweile gewaltige Kolonien des Südafrikanischen Seebärs. Bei den adulten Tieren sind die Männchen etwa 220-240 m lang und die Weibchen erreichen immerhin 150-180 m.
Als typische Vertreter der Familie Ohrenrobben sind sie weniger stark an das Wasserleben angepasst als Seehund, Kegelrobbe und andere Hundsrobben. Das sieht man an den äußeren Ohren, die nicht völlig zurückgebildet sind, und es zeigt sich an Land: Wenn sie sitzen, stützen die vorderen Extremitäten den aufgerichteten Oberkörper gut ab. – Diese Haltung kennen wir auch von dressierten Robben, wenn sie etwa auf den nächsten zugeworfenen Fisch warten.
Die Ohrenrobben bewegen sich – etwas hoppelnd – auf ihren Vorderbeinen und unterstützt von den Hinterbeinen vorwärts. Allerdings ruht das Gewicht dabei nicht direkt auf den „Flossen“, sondern auf den sehr kräftigen Hand- beziehungsweise Fußgelenken.
Und als Illustration des Bewegungsablaufs ein kleiner Ausschnitt nochmals in Zeitlupe:
Diese quirlige Gemeinschaft am Meer ist für mich ein unvergessliches Erlebnis. Dass alljährlich ihre Anzahl auch in Namibia durch gezielte Tötung reduziert wird, ist ein schwieriges Kapitel. Denn wem gehört eigentlich der Lebensraum der Meeressäuger?
Robbenjagd: Auf die grauenhafte Verfolgung und Tötung von Robben und Robbenbabys möchte ich hier nicht eingehen. Es ging und geht den Menschen bei diesen Massakern um Robbenfett und Robbenfell. Auch als angebliche Fischräuber wurden Robben intensiv bejagt. Die Bilder und Berichte, die in den 1970er Jahren in Journale und Fernsehsendungen kamen, haben für etwas mehr Robbenschutz und bestimmte Handelsverbote gesorgt.
¹ Vorgeburtlich haben auch Seehunde ein helles, flauschiges Fell, aber es ist bei den Neugeborenen bereits durch ein weitgehend wasserdichtes Fell ersetzt.
² Die „Pinne“ kennen auch Nicht-Lateiner als das Ruder von Segelbooten und Schiffen.
³ Eine Ausnahme sind die Mönchsrobben, die in warmen Meeren vorkommen, sowohl im Mittelmeer als auch im Hawaii-Archipel.
Hundsrobben (Phocidae): Seehund (Phoca vitulina), Kegelrobbe (Halichoerus gryptus) u.a.
Ohrenrobben (Otariidae): Südafrikanischer Seebär (Arctocephalus pusillus) u.a.
0 Kommentare