Gut versteckter Farbtupfer

Eine Kappenammer sitzt im Dorngebüsch und zeigt außer dem rotbraunen Rücken auch die schwarze Kappe, weil sie sich gerade umdreht.
Aufmerksame Kappenammer in einem Spierstrauch (Spiraea crenata)

Diese farbenprächtige Ammer habe ich von weither mitgebracht. Ich traf sie nahe der Grenze von Armenien zu Bergkarabach – dem Zankapfel zwischen Armenien und Aserbaidschan. Anders als etwa die Goldammer und die Grauammer kommt dieser Singvogel im Sommer normalerweise nicht zur Brut bis Westeuropa. Man kann ihn aber in der Türkei und an der Mittelmeerküste von Süditalien über Kroatien und Griechenland bis Israel antreffen.

Allerdings machte mich jetzt ein versierter Ornithologe darauf aufmerksam, dass der hübsche Vogel auch in Deutschland hin und wieder gesichtet wird: Seit 1977 gibt es bisher 13 Nachweise. Und 2017 hat eine Kappenammer nahe Tübingen sogar gebrütet.

Attraktive Herren

So leuchtend gelb, mit rotbraunem Rücken und einer pechschwarzen Kappe geschmückt, sind übrigens nur die männlichen Tiere. Ganz unscheinbar – und damit sicherer – sind hingegen die weiblichen. Wer auffällig leuchtet muss sich ein wenig verbergen. Das wusste auch mein Beobachtungs“objekt“.

Drei gezeichnete Ammern; ein typischer männlicher Vogel, ein blass-brauner Jungvogel und das hellbraune Weibchen - ohne schwarze Kappe.
Drei Kappenammern: männlicher, weiblicher und junger Vogel (Grafikausschnitt: M. S. Adamian & D. Klem (Jr.). Brids of Armenia, Armerican Univ. of Armenia, 1997, S. 129)

Leider sah ich nur einen männlichen Vertreter, der sich immer wieder vor mir versteckte und „kritisch“ beäugte, bis er sich dann doch nicht mehr gestört fühlte. Vermutlich war das Weibchen nicht weit entfernt, brütete verborgen irgendwo im Dorngestrüpp.

Die ziemlich gut versteckte Kappenammer möchte natürlich wissen, was hinter ihr los ist.

Oben die Bärin …

Ich gebe zu, dass ich von dieser armenischen Kappenammer total fasziniert war. Verstehen kann man das vielleicht, wenn ich den Lebensraum des Vogels skizziere.

Felsige Bergwände und etwas Grün weiter unten durch Matten und Bäume.
Bergwelt im süd-östlichen Armenien, wo neben den Kappenammern auch die Braunbären leben.

In Bestimmungsbüchern wie dem guten Kosmos Vogelführer (Lars Svensson, 2017, S. 400) steht ziemlich lapidar über das Habitat:

Brütet in offenen, trockenen Gebieten mit Büschen… auf Lichtungen und trockeneren Berghängen mit dornigen Sträuchern und einzelnen Bäumen.

Weiß-gelbe wilde rosen wachsen zwischen braun-grauem Gestein.
Rosenblüten zwischen Felsgestein

Das traf zwar auf diese Gegend Armeniens, die ich mit einer Gruppe Ornithologen besucht habe, durchaus zu. Allerdings war die Natur atemberaubend schön. Gerade hatten wir den Selimpass auf 2410 m Höhe hinter uns, kamen ins idyllische Tal des Yeghegis, der von den Hängen naher Dreitausender herabströmt, vor uns stiegen mächtige Felswände auf … und was erblickte einer der Vogelbeobachter mit seinem Fernglas etwa auf halber Höhe?

Eine Braunbärin mit ihrem Jungen.

Leider habe ich die beiden nicht gesehen, denn sie sind sehr rasch hinter den Felsvorsprüngen verschwunden. Aber es waren nicht die einzigen Bären, die sich in dieser abgelegenen Gegend kurz den deutschen Birdern zeigten – und rasch verschwanden.

… unten ein Farbtupfer

Felsige Bergkämme und frisch ergrünte Büsche und Matten.
Frisches Grün und im Gebüsch verborgen: die Kappenammer

Weiter unten sah die Landschaft im Mai wunderbar grün und nahezu lieblich aus. Doch das dornige Buschwerk ließ erahnen, dass diese Region im Sommerhalbjahr vor allem eines ist: trocken.

Hier also beobachtete ich die farbenprächtige Kappenammer, ein gelb-braun-schwarzer Farbtupfer. Sie saß in einem Kerb-Spierstrauch (Spiraea crenata), wie ich über einen heißen Draht via Lüneburger Heide nach Armenien erfuhr.

Der gelbe Tupfer hat eine typische Ammer-Gestalt mit dem kräftigen Schnabel und der „flachen Stirn“, in die der Schnabel fast unmerklich übergeht. Auffällig auch der relativ lange Schwanz, und beeindruckt hat mich, wie Herr Kappenammer zwischen Blättern, Blüten und Fruchtständen herumbalancierte.

Kappenammer im Profil, mit dem kräftigen Schnabel und flacher Stirn.

Kappenammer balanciert in Gebüsch.
Kräftiger Schnabel, flache Stirn und immer in gewagter Balance

Nach Singen war dem hübschen Kerl offenbar nicht zumute. Im Urania Tierreich, das zunächst in Leipzig erschien (1969) und sich vornehmlich an DDR-Bürger richtete, lese ich in meiner Ausgabe (Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1974, Bd. 6, S. 479)

So manchem, der seinen Urlaub im Frühjahr an der bulgarischen Küste verbrachte, mag in offenem Buschland und an Straßenrändern ein volltönendes rollendes Gezwitscher aufgefallen sein, dessen Urheber er dann in einem gut sperlingsgroßen Finkenvogel mit rotbraunem Rücken, schön gelber Unterseite und tiefschwarzem Oberkopf erkannte, der Kappenammer (Emberiza melanocephala).

Kappenammer von vorne, so dass man gut die gelbe Unterseite sieht.
Und wie die gelbe Unterseite leuchtet.

Die attraktiven Kappenammern, die etwa in Armenien, in der Türkei und anderen Ländern des östlichen Mittelmeerraumes oder des Kaukasus brüten, verbringen den Winter übrigens in Indien. Der winterlichen Kälte und dem Schnee in diesen Regionen entfliehen sie, indem sie nach Süd-Osten ziehen.

Kappenammer in Großaufnahme und im Schnabel ein Stück Zweiglein.
Und hier kappt der kräftige Schnabel einen kleinen Zweig. Noch besser zu sehen, wenn man das Foto anklickt.

Kappenammer | Bruant mélanocéphale | Black-Headed Bunting | Emberiza melanocephala



Liebe Fans meiner Fotos, ich freue mich, wenn euch das eine oder andere Foto so gefällt, dass ihr es von meiner Website herunterladen möchtet. Allerdings sind alle mit ©Copyright geschützt. Darum fragt mich bitte per E-Mail vor jedem Download. Elke Brüser

Kommentar zu “Gut versteckter Farbtupfer

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert