Die Amsel

Cover des Buches "Die Amsel" mit einem schwarzen Männchen, das auf einem Pfahl sitzt.Das rund 450 Seiten starke Buch über die Amsel gehört zu den vielen Highlights in der wunderbaren Reihe „Die Neue Brehm-Bücherei“ (NB-B). Der Autor ist Burkhard Stephan. Die Bücher haben immer DIN A5 Format.

Worum es sich bei dieser Buchserie handelt, möchte ich kurz erläutern: Sie wurde 1949 in Lutherstadt Wittenberg gegründet, erscheint heute in Magdeburg und bietet biologisch Interessierten regelmäßig Monographien – vorwiegend – zu Vögeln, aber auch zu anderen Tieren und Pflanzen.

Mittlerweile sind über 500 dieser kleinformatigen Bände entstanden. Sie enthalten vielfach das, was Vogelbeobachter und Vogelbeobachterinnen genauer wissen möchten. Gerne zitiere ich aus diesen Büchern, darf die ein oder andere Skizze übernehmen.

Ein Schmetterling und ein Kolibri suagen mit langem "Rüssel" den Nektar eine trichterförmigen BlüteErstaunlicherweise hatte gleich die erste Ausgabe (Nr. 1) eine wirklich exotische Vogelgruppe zum Thema: Die Kolibris von Otto Kleinschmidt.

Der Autor war, was für alle Autoren und die raren Autorinnen der NB-B gilt, ein Experte auf dem Gebiet, über das er anschaulich und klug illustriert geschrieben hat.

Diese Abbildung macht zum Beispiel klar, wie ähnlich die Nahrungsaufnahme von Kolibris und Schwärmern – einer Schmetterlingsgruppe – ist. Beide saugen flügelschlagend beziehungsweise schwirrend den Nektar aus trichterförmigen Blüten.

Eine Leseprobe aus dem Band Die Kolibris von 1949, Seite 16

Der Körperbau der Kolibris ist ganz dem BLÜTENBESUCH angepaßt, der mit wenigen Ausnahmen im Fluge, vor der Blüte schwebend, stattfindet wie bei der mit langem Saugrüssel ausgestatteten Schmetterlingsgruppe der sogenannten Schwärmer.

Fachkundig

Fachkundig und unaufgeregt hat auch Burkhard Stephan, der lange am Museum für Naturkunde an der Humboldt-Universität in Berlin tätig war, über einen der alltäglichsten Vögel unserer Region berichtet: Die Amsel (NB-B Nr. 95). Die erste Ausgabe erschien 1953 im A. Ziemsen Verlag. In meinem Regal stehen auch die Neuausgabe von 1985 sowie die überarbeitete zweite Ausgabe von 1999. Eine Fundgrube!

Was immer ich über die Amsel suche, ich finde fast alles in diesem handlichen Büchlein, das mit seinem guten Inhalts-, Stichwort- und Quellenverzeichnis meist rasch weiter hilft. Es geht in einzelnen Kapiteln um das äußere Erscheinungsbild, um die Fortbewegung, den Gesang und optische Leistungen des Vogels. Es geht um sein Habitat, Nahrung, Sozialleben, Alter, Fortpflanzung Mauser und Zugverhalten.

Eigene Beobachtungen

In jedem Kapitel wird der Stand des Wissens um das Jahr 2000 mit Tabellen und Grafiken akribisch genau wiedergegeben. Und für jede wichtige Information wird die Quelle zitiert. Manchmal spielen eigene Beobachtungen des Autors eine Rolle. Sie machen das Leben der Amsel plastischer. Dann und wann illustrieren sie auch die kleinen Hindernisse bei der Vogelbeobachtung.

Über eine der vier von ihm selbst beobachteten Kopulationen berichtet Burkhard Stephan zum Beispiel so, Seite 159

Blankenfelde, südl. Berlin, 21.05.91 4.05 Uhr (SA 4.30 Uhr) Paarung auf dem Schuppendach in einem Garten. 3 kurze Kopulationen, worauf sich das Männchen ca. 2 m entfernte, das Weibchen flog zu ihm, und es folgte eine weitere Kopulation. Beide flogen ab, die weitere Sicht war durch Haus und Sträucher versperrt.

Was mich an der NB-B zusätzlich fasziniert, ist der Blick nach Osten. DDR-Wissenschaftler, die viele der teils antiquarischen Ausgaben verantworten, hatten die Möglichkeit, Publikationen von osteuropäischen Kollegen und aus ehemaligen Staaten der Sowjetunion zu lesen und auszuwerten. Dadurch erfahren wir beispielsweise nicht nur wann in Mecklenburg-Vorpommern oder Zürich die Verstädterung der Amsel begann, sondern auch, wann sich etwa in Kasachstan die ursprüngliche Waldbewohnerin in den Gärten und Parks großer Dörfer angesiedelt hat.

Noch ein Beispiel: Beim Nestbau mit Zweigen, feuchter Erde, Halmen, Moos  und Flechten führt der Autor eine Untersuchung aus Baku in Aserbaidschan an, Seite 160

MUSTAFAJEVA (1965) ermittelte 34 Pflanzenarten. In einigen Nestern befanden sich Federn, Haare von Pferden, Schafen und anderen Tieren (T. m. aterrimus, Aserbaidschan).  

Gut erklärt und illustriert

Auch Phänomene, die komplex oder noch nicht abschließend erforscht sind, werden gut erklärt. Was steckt dahinter, dass manche Amseln helle Flecken im Gefieder haben oder fast weiße Flügelränder? Sind weiße Amseln Albinos – oder was sind sie?

Wer Vögel mit hellen Federpartien noch nicht gesehen hat, findet zu diesem Thema  Schwarzweiß-Fotos auf Seite 28 und Seite 196. Auch viele andere Informationen sind mit Fotos belegt.

Was aber dieses Buch zu einem der Highlights der NB-B-Reihe macht, sind die Strichzeichnungen des Autors. Es gibt diese auch in vielen anderen Bändchen der Serie. Ihr Vorteil: Sie halten genau das Wesentliche fest, zum Beispiel bei der Gefiederpflege der Amsel auf Seite 149

Acht Strichzeichnungen von einer Amsel, die badet.

Für wissbegierige Kinder: NBB junior

Wem das Buch von Burkhard Stephan zu ausführlich und kleinteilig erscheint, der kann sich Die Amsel von Stefan Bosch und Peter W.W. Lurz besorgen.

Buchcover mit schwarzer AmselDas gebundene Büchlein enthält auf 72 Seiten alle wichtigen Informationen und ist reich illustriert. Es kann eine gute Grundlage bilden, um mit Kindern über die Amsel zu sprechen; je nach Alter und Interesse werden sie es auch selbst lesen.

Sicher eignet sich das smarte Buch als Lektüre für ErzieherInnen und LehrerInnen, zumal es diverse Erläuterungen und einige Spielanleitungen enthält.

 

Die Amsel
Autor: Burkhard Stephan
Verlag: Westarp Wissenschaften/VerlagsKG Wolf
Jahr: 1999 (2. Aufl.)

Die Amsel (junior)
Autoren: Stefan Bosch und Peter W.W. Lurz
Verlag: VerlagsKG Wolf, Magdeburg
Jahr: 2016



Liebe Fans meiner Fotos, ich freue mich, wenn euch das eine oder andere Foto so gefällt, dass ihr es von meiner Website herunterladen möchtet. Allerdings sind alle mit ©Copyright geschützt. Darum fragt mich bitte per E-Mail vor jedem Download. Elke Brüser

2 Kommentare zu “Die Amsel

  1. Liebe Elke, ich freue mich jedes Mal, wenn wieder eine Fortsetzung von Dir geschrieben wurde! Danke dafür! Frage: welche Anforderungen sollte ein gutes Fernglas für die Vogelbeobachtung erfüllen. Ich möchte mich von meinem Operngucker mal emanzipieren und „richtig“ nah beobachten können…
    Danke für einen Tip, wo uns doch die Corona Zeiten umso mehr ins Freie bitten.
    Bleib gesund ! Sabine

    1. @ Sabine: Danke für deinen Kommentar! Für alle, die Vögel beobachten, ist die Frage nach dem richtigen Fernglas ein wichtiges Thema. Es lässt sich allerdings nicht gut vom Schreibtisch aus beantworten, was jeweils das richtige Glas ist. Ich kann nur empfehlen, sich zunächst in dem Buch „Birding für Ahnungslose“ oder anderweitig kundig zu machen, um zu wissen, was Kennziffern wie 8×40 in den Verkaufsangeboten bedeuten. Dann überlegen, ob ein größeres und schwereres Glas in Frage kommt – diese erleichtern generell die Beobachtung, müssen aber mitgeschleppt werden. Schließlich überlegen, wie viel Geld zur Verfügung steht… Und dann unbedingt ein Geschäft für Kameras und Ferngläser aufsuchen und verschiedene Gläser testen. (Meine persönliche Bitte: Dort nicht nur ausprobieren, wie gut das Glas auf der Nase sitzt und wie gut es die Dinge heranholt, sondern auch kaufen!) Oft lässt sich der Preis übrigens verhandeln, also auf das Niveau bringen, mit dem die (nicht-online) Konkurrenz wirbt. Viel Erfolg dabei!

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