Vor wenigen Tagen war ich im Havelland unterwegs und mal wieder den wundervollen Singschwänen auf der Spur, die hier den Winter verbringen. Aber zunächst begegnete mir ein stattlicher Starenschwarm und gleich darauf ein noch stattlicherer Schwarm von rund 150 Wachholderdrosseln. Besonders fasziniert hat mich dann allerdings dieser Silberreiher, der im winterlichen Gegenlicht plötzlich am Schilf aufstieg.
Und das gibt mir die Gelegenheit, den kleinen Unterschied zwischen Silberreiher, Seidenreiher und Küstenreiher anzusprechen. Den Graureiher kennt man ja.
Silberreiher sind in Brandenburg häufiger zu beobachten – gerade auch im Winter. Meist steht der Vogel nah am Schilf und lauert auf die nächste Fischspeise, oder er watet durch seichtes Wasser. Ungemein flink schlägt er zu. Da ist er genauso auf Zack wie seine fischenden Verwandten, die alle dasselbe „Werkzeug“ verwenden. Im Urania Tierreich (Rowohlt Taschenbuch 1974, Vögel Bd.1, S. 70) heißt es lapidar:
Der kräftige Dolchschnabel wirkt bei der Jagd wie eine Pizette oder wie ein Speer.
Die Überraschung
Dieser Silberreiher in der Havelaue hat mich total überrascht. Er war ganz plötzlich aufgeflogen und hatte sich beschwert, weil ich ihm offenbar zu nahe gekommen war. Aber er landete rasch wieder an einer Stelle, wo das Wasser noch nicht gefroren war und die Chance bestand, einen Fisch zu ergattern. Das hohe Schilf und dessen Schatten boten ihm gute Deckung bei der sich neigenden Sonne.
Leider sind die Fotos in der Schärfe suboptimal, denn mit meiner neuen Kamera muss ich noch Erfahrung sammeln. Aber dieses Licht! Immerhin sind die dunklen Beine und der gelbe Schnabel, der sich zur Brutzeit ebenfalls dunkel färbt, zu erkennen. Ganz deutlich sieht man sie auf den nächsten Fotos.
Zwei Eisläufer
Letzten Winter hatte ich das Vergnügen, zwei Reiher auf dem glatten Eis der Berliner Havel zu beobachten, genauer gesagt an einem Bootsteg im Wannsee, der bekanntlich von der Havel gespeist wird: Da stehen ein etwas versteckter Graureiher und ein Silberreiher; der eine mausgrau, der andere schneeweiß.
Beide fanden diese Glätte nicht wirklich gut, aber es gab hier an den Stützpfeilern des Bootsstegs offenes Wasser, das zum Fischen einlud. Darum waren sie geblieben.
Sehr schön ist hier auch der S-förmig gebogene Hals zu sehen, der für die Reiher beim Fliegen und Schreiten so typisch ist. Dadurch lassen sie sich gut von den verwandten Störchen unterscheiden, die mit langgestrecktem Hals unterwegs sind. Zu den Schreitvögel zählen neben den Reihern und Störchen übrigens auch Ibisse und Dommeln.
Von Moden und Austern
Einen weiteren Reiher habe ich im Sommer in der Bretagne bei den „cultivateurs des huîtres” beobachten können.
Er war ebenfalls weiß, aber etwas kleiner und graziler gebaut, und seine gelben Füße verrieten ihn als andersartigen Kollegen: ein Seidenreiher.
Diese Art ist bei uns bisher eine Ausnahmeerscheinung, denn wegen der besonders schönen Federn wurde der Seidenreiher in Europa im 19. Jahrhundert vielerorts ausgerottet. Im Urania Tierreich lese ich (S. 71):
Unter den Reihern treten uns einige sehr ansprechende Vogelgestalten mit recht bunter Gefiederfärbung oder mit Federgebilden entgegen, die in ihrer zarten Schönheit mit dem Schmuck von Leierschwänzen und Pradiesvögeln wetteifern – und eben darum ihre Träger zu Tausenden und aber Tausenden zu Opfern des Molochs Mode werden ließen.
Nicht viel besser erging es dem oben beschriebenen Silberreiher, dessen Bestand hierzulande auch nur langsam anwächst.
Die damals so begehrten Schmuckfedern, die bei beiden Arten im Rückengefieder wachsen und im Nacken vom Kopf herabhängen, sprießen übrigens nur zur Paarungszeit.
In den Niederlanden brüten seit den 1990er Jahren endlich wieder mehrere Paare des Seidenreihers. Das entnehme ich dem Atlas deutscher Brutvogelarten. Und einiges spricht dafür, dass sich die Population von dort allmählich nach Osten ausbreitet.
Im klaren Wasser des Belon – der Gezeitenzone mit den weltweit besten Austern – erkennt man den Unterschied des gelbfüssigen Seidenreihers zum schwarzfüßigen Silberreiher unmittelbar.
In den Bretagne-Krimis von Jean-Luc Bannalec, einer beliebten Reiselektüre, ist der Seidenreiher aber meines Wissens noch nicht aufgetaucht. Schade eigentlich.
Und ja, auch der Küstenreiher, der bei uns nicht vorkommt, hat gelbe Füße. In der Regel ist das Gefieder ebenfalls weiß, aber es gibt auch eine dunkle Morphe, also grau-gefiederte Exemplare. Und die sah ich im Oman; übrigens ein spannendes Land.
Silberreiher | Grande aigrette | Great egret | Casmerodius albus
Hallo Elke,
zur Ergänzung deiner Reiherkunde kommt hier ein Foto vom Grünreiher, den ich in Kuba an einem schilfreichen See in der Nähe von Viñales sah.
Das hört sich spannend an, Christian. Wir können die „Kleine Reiherkunde“ dann ja um die „Kubanische Reiherkunde“ erweitern. Sicher hast du häufig Kuhreiher gesehen, zumindest dann, wenn Vieh in der Nähe war. Sie sind rund 10 cm kleiner als der Silberreiher und der Schnabel ist nicht so lang.
Liebe Elke,
vielen Dank für deine Ausführungen zu den Unterscheiden der „weißen Reiher“, die auf den ersten Blick gleich aussehen. Das motiviert mich zur weiteren Recherche, denn gerade stieß ich auf Kuba auf das gleiche Phänomen. Überall sieht man weiße Reiher, gerne direkt bei Rindern und Pferden. Der Reiseführer benennt diese pauschal als weiße Reiher (coco blanco), die als Insektenfresser in Symbiose mit Rindern leben (vermutlich ist der Kuhreiher gemeint?). Bis wir schließlich bei einer vogelkundlichen Führung erfuhren, dass es mehrere weiße Arten gibt – unter anderem einen blauen Reiher, der im Jugendkleid weiß ist. – Da muss ich also die Fotos etwas genauer auswerten.
Liebe Elke, bin begeistert über die Aufnahmequalität Deiner neuen Kamera :)) Top !!
Silberreiher sehe ich eigentlich häufig hier im Umland. Sie sind aber sehr scheu. Letztes Jahr im Oktober war ich
in Vetschau/Spreewald an den Fischteichen. Man läßt dort im Herbst das Wasser ab – nebst anderen Wasservögeln
wie Graureiher, Komorane etc. fanden sich dort mind. 40 bis 50 Silberreiher ein. Da die Sicht leider wegen der Büsche
fotografisch sehr ungünstig war und das Licht schon abnahm, konnt ich nur mittelmäßige Aufnahmen machen. Aber
es war grandios, das zu beobachten 🙂
Man muss ja auch nicht immer Fotos machen. Oft ist es ja wundervoll – im wahrsten Sinne des Wortes – einfach zuzuschauen. Mit den Silberreihern haben wir in Brandenburg wirklich Glück, und wenn ich nicht so spontan losgebraust wäre, hätte ich dich gefragt, ob du mitkommen willst. Dorthin, wo wir uns trafen. Übrigens habe ich mit wachsender Begeisterung deinen Tipp „Im Herzen des Tals“ gelesen. Da kommt demnächst eine kleine Besprechung bei den „books“.