Um den Halsbandsittich zu sehen, hätte ich nicht in das Sultanat Oman reisen müssen, aber manchmal ergeben sich in der Ferne eben besondere Gelegenheiten. Dieses Mal war es das Balzfüttern der grünschillernden, rotschnäbeligen, langschwänzigen Papageien auf dem Dach meines Hotels.
Balzfüttern ist unter Vögeln häufig. Gemeint ist, dass – als Teil der Balz – das männliche Tier seine Partnerin füttert: entweder wird nur so getan als ob oder es wird tatsächlich Futter übergeben. Man spricht auch von der Übergabe eines „Hochzeitsgeschenks“.
Der Bewegungsablauf ist stark ritualisiert, eine klassische Instinkthandlung im Sinne von Konrad Lorenz. Ich konnte den Ablauf x-mal hintereinander filmen: Das männliche Tiere legt den Kopf etwas zur Seite, würgt Futter hoch und steckt es in den leicht geöffneten Schnabel der Partnerin. Gut zu erkennen im GIF.
Außerdem erkennbar: Ihr fehlt das Halsband und links sowie rechts sitzen zwei neugierige, grün schimmernde Zuschauer. Mehrmals hintereinander und sehr stereotyp lief diese Verhaltenssequenz ab. Vermutlich rein symbolisch bei dieser Papageienart. (Wer weiß es genauer?)
Was dahinter steckt
Wie und warum Balzfüttern entstanden ist, hat Verhaltensbiologen immer wieder beschäftigt. Irenäus Eibl-Eibesfeldt versicherte, dass „Balzfüttern aus dem Bereich der Brutpflege stammt“ (Grundriß der vergleichenden Verhaltensforschung, 1980, S. 195), und Klaus Immelmann erklärte im Wörterbuch der Verhaltensforschung, 1982, S. 40
Ursprünglich hatte die Fütterung des Weibchens durch das Männchen wahrscheinlich eine ernährungsphysiologische Bedeutung: Sie versorgte das Weibchen während der Zeit der Eiproduktion und der Bebrütung des Geleges zusätzlich oder ausschließlich mit Nahrung.
Sicher ist, dass Balzfüttern nicht „aus Spaß an der Freude“ geschieht: Zum Beispiel kann das weibliche Tier am Fütterungsverhalten ablesen, wie gut der Vater in spe den Nachwuchs satt machen kann – wichtig für den Reproduktionserfolg. Das ist die soziobiologische Sicht auf die Dinge. (John R. Krebs & Nicolas B. Davies, 1984, Einführung in die Verhaltensökologie, S. 169)
Auf Wanderschaft
Der Halsbandsittich stammt ursprünglich aus afrikanischen Ländern wie dem Senegal und Guinea am Rande der Sahelzone. Sein Verbreitungsgebiet zieht sich von dort bis in den Sudan. Und weitere Unterarten leben in einem Gebiet, das sich über Äthiopien und Somalia bis nach Indien und Sri Lanka zieht.
Allerdings lebt der kleine Papagei nicht nur in diesen Stammesgebieten, sondern hat sich auch in den arabischen Golfstaaten und bis nach Europa ausgebreitet: Bereits 1969 ließen sich einige – wohl den Besitzern entfleuchte Tiere – in den Grünanlagen von Köln blicken. Die Höhlenbrüter überstehen unseren Winter offensichtlich gut, vermehren sich eifrig, und mittlerweile treiben sich in der Stadt über 3000 Tiere herum. Längst haben sie sich entlang des Rheins weiter ausgebreitet. Und in den Medien sorgen sie regelmäßig für Schlagzeilen.
Nicht nur in Europa, auch im Oman sind Halsbandsittiche so genannte Neozoen – eine Wortschöpfung aus dem Griechischen: neo für neu und zoia für Tier. Solche Einwanderer, man spricht auch von invasiven Arten, kommen ursprünglich aus einer anderen Region und haben es geschafft, sich in einem neuen Gebiet anzusiedeln und langfristig zu leben.
Halsbandsittiche haben keinesfalls nur Freund*innen, denn sie sind gierige Fruchtesser, fliegen grüppchenweise lärmend herum, und wenn sie in Gärten einfallen, haben Obstbäume schlechte Karten. Dieses Paar hatte sich kurzfristig im Hotelgarten nahe der Hauptstadt Muscat niedergelassen.
Und zu guter Letzt noch das: Der Halsbandsittich heißt auch Kleiner Alexandersittich. Das geht auf das Konto von Alexander der Große, der einige der hübschen Vögel aus Vorderasien mit nach Griechenland brachte. Ihren lateinischen Namen verdanken die grünschillernden Sittiche übrigens Rudolf Kramer, einem Ornithologen des 19. Jahrhunderts aus dem heutigen Österreich.
Ich werde noch einige Male über das Vogelleben im Sultanat Oman berichten. Wer sich selbst informieren will, hier mein Buchtipp:
Jens Eriksen & Reginald Victor, Oman Bird List (ed.7), 2013, Sultan Quaboos University (ISBN: 978-99969-0-218-5)
Halsbandsittich | Perruche (verte) à collier | Ring-necked Parakeet oder Rose-ringed Parakeet | Psittacula krameri
Hallo Elke,
vielen Dank für den schönen Artikel über die Sittiche. Ich finde ihn sehr schön geschrieben und Sie haben sehr tolle Fotos der Tiere gemacht.
Einzig eine Formulierung halte ich für unglücklich:
„Neozoen […] Solche Einwanderer, man spricht auch von invasiven Arten[…].“ Nicht alle Neobiota sind invasiv! Als invasiv gelten diese erst, wenn Schädigungen für die Umwelt, die Wirtschaft oder die Gesundheit bestehen bzw angenommen werden können.
Viele Grüße
Patrick
Danke für den Hinweis Patrick. Ich stimme dir zu, meine „invasiv“ aber auch zunächst ganz neutral – also im lateinischen Wortsinn (invadere = hineingehen, eindringen). Wie sich dieses Eindringen oder Vordringen dann jeweils auf andere Arten auswirkt, ist eine weitere und spannende Frage.
Wer mehr über die Halsbandsittiche am Rhein erfahren möchte, der kann das übrigens (für wenig Geld) bei den Korrespondenten aus der Vogelwelt: https://www.riffreporter.de/flugbegleiter-koralle/httpswwwriffreporterdehalsbandsittiche/
Hallo Elke,
man kann Halsbandsittiche auch in Deutschland entdecken.
Gestern, am 4.3.2017 habe ich in Düsseldorf in einem Park (Spee’s Graben) nähe des Rheins etliche dieser exotischen Vögel beobachten können.
Grüße Waltraud
http://www.hofbauer-birding.de
Genau. Und ich las, dass sie bei uns nicht nur durch Lärm und Dreck einigen Ärger machen, sondern auch weil sie ihre Bruthöhlen gern in die wärmedämmende Fassadenverkleidung von Häusern bauen. So wie Buntspechte. Anderseits könnte man ihnen auch Angebote zum Nisten machen … und die Nebelkrähen, die in Berlin nisten, sind frühmorgens auch ganz schön laut. Ich höre sie aber lieber als Verkehrslärm.