Gefährdeter Zaungast

28. Oktober 2016 | Kleine Vögel | 0 Kommentare

Wiesenpiper sitzt auf einem Zaunpfahl, einem Platz von dem aus er zum Singen aufsteigen kann.

Wiesenpieper auf seiner Singwarte

Der kleine Wiesenpieper mit seinem etwas matten, weiß-braun gesprenkelten Federkleid wirkt auf den ersten Blick wenig aufregend – welch ein Kontrast zu einem langbeinigen, rotgeschnäbelten Weißstorch oder dem farbenfrohen Stieglitz.

Aber man muss diesen Pieper, der vor allem dem Baumpieper sehr ähnlich ist, in Ruhe und genau betrachten, um seine elegante Schönheit zu erfassen. Treffend beschrieben ist er hier (Brehms Tierleben, Leipzig und Wien, 1900, S. 242):

Die Federn der Oberseite sind olivenbraun, schwach olivengrün überflogen, durch dunkelbraune verwaschene Schaftflecken gezeichnet, die des Bürzels lebhafter und mehr einfarbig, ein Streifen über den Augen, Backen und Unterteile zart rotgelblich, seitlich etwas dunkler und hier wie auf dem Kropf und Brust, mit breiten, braunschwarzen Schaftstrichen geziert, ein Strich unter dem Auge und ein bis auf die Halsseiten reichender Bartstreifen schwarz …

Und das ist nicht einmal die Hälfte der Beschreibung, die Alfred Brehm in einer Zeit geliefert hat, in der die Photographie noch in den Kinderschuhen steckte, aber das Auge umso aufmerksamer hinsah.

Wiesenpieper auf Zaunphal schaut in die Kamera.

Der Wiesenpieper hat mich im Blick

Dieser hübsche Vertreter überraschte mich jedenfalls auf der Hallig Hooge, es war Anfang Mai. Eigentlich wollte ich zu den Eiderenten. Solange ich fast bewegungslos stand, blieb der Wiesenpieper auf seinem Zaunpfahl sitzen – seiner Singwarte. Von dort startet er, wenn er aufsteigt und im Fluge singt. Ich freute mich, ihn hier en passant entdeckt zu haben.

Denn das muss man wissen: Es gibt ihn noch, den Wiesenpieper. Aber wie viele andere Vögel, die im „Offenland“ leben – also nicht im Wald , sondern auf Wiesen und Feldern –, ist er immens gefährdet. Über die Vogelarten auf der aktuellen Roten Liste und was sie bedroht, schrieb Thomas Krumenacker in dem sehr lesenswerten Artikel Sie sind weg (Süddeutsche Zeitung vom 26.10.2016).

Der einstmals häufige Wiesenpieper beispielsweise hat in den vergangenen Jahren die Hälfte seines Bestandes eingebüßt und steht nun neben Kiebitz, Braunkehlchen und Turteltaube in der zweithöchsten Gefährdungsstufe „stark gefährdet“, unmittelbar vor der Schwelle zur höchsten Stufe „vom Aussterben bedroht.

Schema des Nests an einer Böschung - ausgepolsterte Mulde mit Halmen überstanden

Nest des Wiesenpiepers (H. Hötker 1990)

Auch in anderen europäischen Staaten brüten immer weniger Wiesenpieper. Zum Beispiel in Frankreich, wo der kleine Geselle vor allem im Nordwesten und in der zentralen Bergregion, dem Massif Central, vorkommt, nahm und nimmt sein Bestand ebenfalls stark ab.

Für seine Brut ist der Wiesenpieper auf feuchte Wiesen und Viehweiden, auf Dünen und Moorgebiete angewiesen. Dort besetzt das Paar ein Revier, baut auf dem Boden – gern an Böschungen – ein Nest, brütet die 2 cm langen Eier aus und gemeinsam ziehen die Eltern ihre Nachkommen auf. Von geeigneten Biotopen für die Brut gibt es bei uns aber immer weniger. Genau das ist das Problem.


Wiesenpieper | Pipit farlouse | Meadow pipit | Anthus pratensis

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Du ahnst es vielleicht schon: Im Wort Birding steckt der englische „bird“. Unter Vogelfreunden ist das ein Schlagwort für die Beobachtung der gefiederten Tierwelt – im Feld, wie man so schön sagt. Also draußen. Ein paar Anmerkungen dazu findest du → hier.

Frau mit Fernglas beobachtet etwas in der Ferne

Mit Fernglas und Kamera auf Vogel-„Jagd“ zu gehen, ist mancherorts geradezu ein Sport und von Wetteifer geprägt. Ich halte aber wenig davon, möglichst viele und auch seltene Arten aufspüren zu wollen, um sie akribisch in Listen zu erfassen. Mein Ding ist: stehen bleiben, lauschen und schauen, was Tiere so treiben.

Textes en français

Si cela t’intéresse: Ma chère amie Annie Riou a traduit quelques articles du blog en français. Et depuis 2023 Juliette Rakei, étudiante de la zoologie à Berlin et bilingue, fait des traductions. Merci! Tu les trouves ici.

Vogel des Jahres

Zwei schwarz-weiße Vögel mit teils schillernden Flügeln stehen sich gegenüber, unter ihnen ein kleiner Jungvogel.

2024  Der Kiebitz

Zwei Braunkehlchen sitzen auf einer Distelblüte, es sind Männchen und Weibchen.

2023  Das Braunkehlchen

Ein Rotkehlchen hockt auf einem Ast und füttert mit einem Wurm, den es im Schnabel hält, einen Jungvogel.

2022  Das Rotkehlchen

Wiedehopf mit gesträubter Haube - Ausschnitt aus einer Grafik im "Naumann" Bd.IV

2021  Der Wiedehopf

Eine rosabrüstige Taube sitzt auf einem Ast und blickt mit ihrem roten Auge zu uns.

2020  Die Turteltaube

Vier Lerchenvögel, in der Mitte ein adultes männliches Tier mit kleiner Holle.

2019  Die Feldlerche

Männlicher und weiblicher Star im Frühjahr im Prachtkleid - mit weißen Tupfern auf schwarzem Grund - auf einen Zweig sitzend.

2018  Der Star

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2017  Der Waldkauz

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2016  Der Stieglitz

Seevogel des Jahres

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2024  Der Sterntaucher

Brandseeschwalbe mit schwarzem Schädel und Mähne steht auf einem Felsen am Meer.

2023  Die Brandseeschwalbe

Ein möwenartiger Vogel steht auf einem Felsstein im nordisch anmutenden Meer

2022  Der Eissturmvogel

Der Jahresseevogel 2021 als Zeichnung: Zwei Weißwangengänse mit weißer Stirn und weißer Kehle vor einem nordischen Meer mit steilen Felsen.

2021  Die Weißwangengans

Auf einem Felsvorsprung am Meer steht eine Fluss-Seeschwalbe mit deutlich schwarzer Schnabelspitze. Links eine Zwergseeschwalbe und hinter ihr eine Küstenseeschwalbe.

2020  Die Fluss-Seeschwalbe

Eine schwarzweiß gemusterte Eiderente mit pfirsichfarbener Brust paddelt mit den Füßen im grünlich Meerwasser.

2019  Die Eiderente

Drei Sandregenpfeifer stehen am Meeresstrand. Links das Weibchen, rechts ein blasser gefärbter Jungvogel und in der Mitte das Männchen auf einem Stein. Jungtier

2018  Der Sandregenpfeifer

Vier Eisenten hocken auf Steinen im Wasser: großes männliches Tier mit brauner Brust, helleres weibliches Tier und zwei ebenfalls helle Jungvögel.

2017  Die Eisente

Drei Basstölpel in verschiedenen Altersstufen: weißes Baby, dunkler Jungvogel und weißer Altvogel mit gelblichem Kopf.

2016  Der Basstölpel

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