Der Buchfink ist noch ein Allerweltsvogel, wenn man an seine Verbreitung in Europa denkt. So wie Amsel, Kohl- und Blaumeisen die Futterhäuser und unsere Gärten bevölkern – sofern sie naturnah gestaltet sind –, so sieht oder hört man den Buchfink nicht nur im Wald, sondern auch in städtischen Grünanlagen mit altem Baumbestand. Und auch auf parkähnlichen Friedhöfen leben und brüten oft Buchfinken.
Wenn Anfang Mai die Bäume stark belaubt sind, kann man die unermüdlichen Sänger im Geäst nicht ohne weiteres entdecken, aber der auffällige Gesang verrät immer, wo sie gerade sitzen. Buchfinken singen nicht nur zu Paarungszeit, sondern auch im Juni schmettern sie noch lautstark ihre Strophen.
Um den kleinen Kerl zu stoppen, bitte in der unteren Zeile ganz links auf das Stoppsymbol || tippen.
Welch ein Einsatz, welche Verausgabung! Nicht umsonst schrieb Johann Friedrich Naumann über den Gesang (Naturgeschichte der Vögel Mitteleuropas, 1887-1905, 3. Aufl., Bd. III, S. 336):
Welche Anstrengungen er dem Vogel macht, sieht man an den Bewegungen der aufgeblasenen Kehle, des halb geöffneten Schnabels und zum Teil auch des übrigen Körpers.
Was dem Buchfink schmeckt
In der Brutsaison ernährt der Buchfink sich und seine Nachkommen von „animalischer“ Kost, wie es so schön heißt: Raupen und Käfer, Motten, Spinnen, Blattläuse, diverse Insekteneier und Larven stehen darum im Frühjahr auf dem Speiseplan.
Außerhalb der Brutsaison ist der Buchfink mehr oder minder „Vegetarier“. Denn er ernährt sich dann vorwiegend von all den Samen, die von Gräsern und Ackerkräutern, von Gehölzen wie Birke, Ahorn und Buche gebildet werden. In den Sommermonaten und danach nascht der hübsche Fink allerlei Beeren – von der Vogelkirsche über Holunder bis zur Mistel.
Buchfinken sieht man sowohl zwischen Zweigen nach Nahrung suchen als auch am Boden, denn die reifen Samen fallen natürlich herab. Und dort, wo Pferde gehalten und gefüttert werden, freut sich der Fink über die Zusatzkost – wie ich das mal auf Nordseeinsel Neuwerk beobachten konnte.
Gern am Boden
Von oben und aus der Ferne betrachtet, kann man den Buchfink mit seinem bräunlichen Gefieder durchaus für einen Sperling halten. Das gilt besonders außerhalb der Brutzeit, wenn die Farben nachlassen, und für die blasseren weiblichen Vögel gilt es das ganze Jahr über.
Aber es gibt drei deutliche Unterscheidungsmerkmale zwischen den beiden Finkenarten Sperling und Buchfink:
Der Kopf, genauer gesagt der Scheitel, des männlichen Buchfinken ist einfarbig grau.
Der sogenannte Mantel, also die Federchen hinter dem Hals und auf dem Rücken, sind nicht gemustert wie beim Sperling, sondern schlicht rötlich-braun.
Bereits im Sitzen, aber vor allem wenn er auffliegt, leuchten auf den Flügeln je zwei kleine weiße Flächen. Solche auffälligen „Spiegel“ haben unsere Spatzen nicht.
Nicht allein das Federkleid männlicher und weiblicher Buchfinken unterscheidet sich stark: Nur die „Herren“ singen, und zwar so unermüdlich, dass die Vögel früher sehr beliebte Stubenvögel waren – also im Käfig lebten.
Finkenmanöver
Und nicht nur das: In Thüringen und im Harz entstand bereits vor 500 Jahren eine spezielle Leidenschaft für den Gesang, der aus wenigen, ständig wiederholten Strophen besteht. Weil er durchdringend und hart klingt, werden die Strophen Schläge genannt. Sie unterscheiden sich regional erheblich.
Da also die Vögel unterschiedlich kräftig und regional verschieden singen, lag es nahe – zumindest in Zeiten vor TV-Berieselung und Socialmedia-Wahn – einen Wettstreit um die schönsten und besten Sänger durchzuführen.
Zu diesem „Finkenmanöver“ trafen sich alljährlich die Vogelhalter und animierten ihre Buchfinken, ausgiebig zu singen. Zum Glück sind die grausamen Techniken der Vogelhalter, die Buchfinken mit geblendeten Artgenossen und Leimruten fingen, um sie zu guten Sängern zu machen, bei uns passé.
Allerdings ist auch der Wettstreit, der im Harz bis heute jedes Jahr im Juni durchgeführt wird, umstritten – obwohl das Finkenmanöver als Immaterielles Kulturerbe durch die UNESCO gelistet ist. Denn eigentlich dürfen nur gezüchtete Vögel dabei „antreten“ und definitiv keine Wildfänge aus der Natur. Aber wird das ausreichend kontrolliert?
In grünen Großstädten wie Berlin kann man jedenfalls vielerorts auf Buchfinken treffen und selbst im Juni noch ihre „Schläge“ hören. Wer möchte sie denn in einen Käfig stecken?
Hier habe ich keine Endlosschleife eingestellt, aber man kann die Strophe, also den Schlag, immer wieder abspielen … und das kommt dann der Realität ziemlich nahe. Denn eine variantenreich singende Nachtigall ist der Buchfink nicht.
Buchfink | Pinson | Common Chaffinch | Fringilla coelebs
Liebe Elke,
schöner Beitrag!
Bei mir im Garten „schlägt“ auch so ein unermüdlicher Sänger 😉
Die Strophe meines „Garten-Mitbewohners“ klingt wie „Silenzio“, weshalb ich lange gesucht habe, bis ich ihn identifizieren konnte, denn sehen geschweige denn erkennen, kann ich den kleinen „Radaubruder“ nicht. Für mich heißt er aber weiterhin schlicht „Silenzio“ … 🙂
Seit einigen Tagen höre ich wieder seinen Ruf und kann mich nur schmunzeln daran erfreuen: „Ah, mein Herr Silenzio ist wieder da …“
Liebe Grüße
Susanne
Vielen Dank Susanne für deine liebe Rückmeldung. Zu manchen Gartenbewohnern entwickele ich auch ein persönliches Verhältnis – und warte schon sehnsüchtig auf die Mönchsgrasmücke, die sich immer so versteckt hält.
Liebe Elke, heute haben wir uns auf der Rückfahrt von einer Fahrradtour an der sächsischen Elbe an deinem neuen Blogbeitrag und den Buchfink-Gesang erfreut. Beste Grüße von Christl, Karin, Ursula, Börni und mir
Ulli
Lieber Ulli,
wie schön, dass mein Buchfink euch begleitet hat.