Singschwäne sind eigentlich mein winterliches Highlight auf den Feldern und an den Flussläufen von Brandenburg. Die schneeweißen Vögel kommen ab November aus dem Hohen Norden, wo sie im Frühjahr brüten und ihre Jungen fit machen. Mit anderen Worten: Sie sind bei uns typische Wintergäste. Mittlerweile bleiben auch einige Paare ganzjährig in Deutschland. Wer Glück hat, sieht sie zum Beispiel im Oberspreewald oder in Schleswig-Holstein nahe Rendsburg brüten.
Im Spreewald ist mir bisher keine Singschwanfamilie begegnet, aber dafür nun in Schweden. Und das kam so: Aus reiner Neugier hatte ich auf einem Parkplatz gehalten, wo hinter Büschen ein schöner Vogelbeobachtungsstand versteckt war. Bis dorthin waren es nur wenige hundert Meter. Auf dem kleinen See dann die Überraschung: eine Singschwanfamilie mit drei Jungen. Sie gingen gerade ans Ufer, um sich einer ausgiebigen Morgentoilette zu widmen.
Anfangs war ich noch sehr weit entfernt, wollte die Situation aber rasch festhalten. Darum ist dieses Foto vom “Aussteigen” aus dem Wasser unscharf. Singschwäne legen Wert auf eine sichere Fluchtdistanz, zumal sie in vielen osteuropäischen Regionen und Russland geschossen werden. Doch diese Familie entschied sich, nicht davon zu schwimmen, sondern zu bleiben. Offenbar sind ihr Vogelgucker und Vogelguckerinnen nicht unbekannt und gelten als ungefährlich.
Vom Sinn der Morgentoilette
Kaum an Land, widmeten sich alle der Gefiederpflege. Die ist während der Mauser besonders wichtig, denn wenn neue Federn sprießen, müssen die alten aus dem dichten Federkleid gezuppelt werden. Die Vögel juckt gewissermaßen das Fell – also die Haut, durch die sich die Federn herausschieben. Zwischendurch werden wie zum Durchlüften die noch kleinen Flügel geschlagen.
Bei den adulte Schwänen mausern die männlichen Tiere während der Brutzeit, die weiblichen danach. Junge Singschwäne sind nach dem Schlüpfen zunächst von einem wärmenden Flaum umgeben, nach und nach bekommen sie dann „richtige Federn“. Es dauert, bis ihre Schwungfedern zu voller Größe herangewachsen sind. Darum können sie erst mit etwa zweieinhalb Monaten fliegen.
Kleines Protokoll: Was geschah?
Zunächst kam ein Elternteil mit den Jungen angeschwommen und ging als erstes an Land. Die Jungen folgten ihm, und das Entenvolk, das sich dort gesonnt hatte, musste ins Wasser ausweichen.
Kurz darauf näherte sich sehr gemächlich aus derselben Richtung der zweite Altvogel und gesellte sich zu den anderen.
Wie immer war einer der adulten Schwäne besonders wachsam und behielt auch mich im Auge, während sich die anderen ausgiebig putzten oder sich einen Schluck Wasser gönnten.
Schön zu erkennen ist bei den adulten Tieren der sehr gerade hellgelbe Schnabel, der keinen Höcker hat. Typisch für Singschwäne im Vergleich zu den Höckerschwänen! Das Gefieder der Jungen hat einen grauen Grundton. Ihr Schnabel ist so wie die Beine gefärbt: rosa.
Mit der Zeit hatte sich die Familie an den Besuch auf dem Beobachtungsstand gewöhnt. Da putzten sich alle fünf Singschwäne gleichzeitig und wirkten mit ihren geschlungenen Hälsen wie ein Knäuel.
Kompliment an die Schweden
In Schweden gibt es viele wunderschöne Beobachtungsstände für Vogelbegeisterte und tolle Schutzzonen für die Pflanzen und Tiere.
In der etwas versteckten Hütte nahe Östhammar überraschte mich ein kleiner Behälter, der an der hölzernen Brüstung festgeklemmt war.
Darin steckte ein Heft, in dem Ornithologen auf den Tag und die Stunde genau notiert hatten, welche Vogelarten vor Ort gesichtet worden waren.
Außerdem gab es ein schwedisches Vogelbestimmungsbuch und eine Infomappe über dieses kleine Naturschutzgebiet in Mittelschweden. Alles war frei zugänglich und wunderbar gepflegt.
Auf der Karte lässt sich beim Vergrößern durch Anklicken des Bildes übrigens auch der Parkplatz erahnen und man erkennt, dass die Schwäne und andere Wasservögel direkten Zugang zum Meer haben. Dort gelangen sie in eine wunderschöne Schärenregion.
Singschwan | Cygne chanteur | Whooper swan | Cygnus cygnus
Toller Beitrag! In Schweden sind die Gelbschnäbel eben eher „normal“ als bei uns, hier muss man sie zur Brutzeit dann doch schon wirklich suchen.
…in Halle waren es meines Wissens dieses Jahr (wie in den letzten Jahren) auch wieder 2 Junge 😉
Danke Nico. Du hast mich bei einer Kranich-Exkursion ja als Singschwan-Experte auf die Singschwäne gebracht!
Danke Elke für diesen ausführlichen Bericht. War wieder sehr informativ. Die Schweden können stolz sein auf ihr Umweltbewußtsein und wie sie damit umgehen. Sie haben aber auch eine ganz andere Fläche zur Verfügung :).
Im Oberspreewald gibt es auch eine Singschwanfamilie, die nicht mehr zieht und von Nabu betreut wird. Ich habe sie im November 2016 beim ersten Schnee aufnehmen können und war sehr überrascht, daß sie so früh einflogen. Bis ich den Bericht der dort ansässigen Singschwäne las. Ich werde Dir ein paar Fotos von ihnen zuschicken.
Wie gut, dass ich den Oberspreewald in meiner Einleitung nicht vergessen habe ;-), entnahm ich dem zuverlässigen Atlas Deutscher Brutvogelarten. Ich hörte sogar, dass in Halle ein Singschwanpaar brütet. Und ich danke dir für die Fotos!