Tanz auf dem Eis

16. Januar 2022 | Große Vögel, Schwan & Schwan | 0 Kommentare

Zwei Schwäne auf glattem, blaufarbenem Eis; einer schlägt mit den Flügeln

Der Tanz auf glattem Eis (Videoausschnitt)

Der Gang über glattes Eis fällt vielen Vogelarten schwer. Das gilt besonders für die etwas massigen Höckerschwäne, die wie Stockenten und Wildgänse – bedingt durch ihren Körperbau – watschelnd unterwegs sind. Zudem endet bei diesen Wasservögeln der Fuß in vier Zehen, von denen drei mit Schwimmhäuten verbunden sind. Rutschfest ist das nicht.

Verschneites Ufer mit Erlen und gelber Schilfzone am Ufer, wo das Wasser gefroren ist.

Es war an der Berliner Havel, wo ich an einer flachen Bucht beobachten konnte, wie schwierig es für den Höckerschwan ist, auf spiegelglattem Eis die Balance zu halten. Aber zunächst ein Blick auf die zugefrorene Wasserfläche in Ufernähe, denn die Stimmung war zauberhaft.

Zwei Schwäne an einem Wasserloch im Eis, einer steht am Rand, einer schwimmt

Wasserfläche auf der Eisdecke, die sich zum Ruhen und zur Gefiederpflege nutzen lässt.

Eine kleine eisfreie Fläche, vermutlich nur eine Pfütze auf dem Eis, hatten sich die Schwäne nah am Ufer erhalten, weil immer wieder einige dort getrunken, geruht und sich geputzt hatten. Ein Schwanenpaar schien das eisige Wasser förmlich zu genießen. Es fühlte sich jedoch offensichtlich gestört, als ein weiterer Artgenosse dazu kam. Ein Störenfried!¹

Drei Schwäne an einem Wasserloch im Eis, die erregt sind. Einer streckt den Hals vor.

Der Störenfried wird unfreundlich begrüßt …

Drei Schwäne am Wasserloch im Eis - einer trinkt Wasser.

… und zieht zischend ab.

Allerdings verließ das Paar seinen eisfreien Tümpel ebenfalls kurz darauf. Es wollte offenbar in den Bereich der noch fließenden und nicht überfrorenen Havel wechseln. Doch ich denke, den Gang zum offenen Wasser hatten sich die Zwei einfacher vorgestellt.

Zu Fuß unterwegs

Zwei Entenvögel als Strichzeichnung: oben stehend, unten gehend mit Körpergewicht auf rechter Hälfte.

Entenvögel beim Stehen und Gehen

Wasser ist dasjenige Element, in dem sich Höckerschwäne wohlfühlen. Leicht mit den Füßen paddelnd treiben sie dahin – oder werden plötzlich sehr munter, wenn sie ihr Brutrevier verteidigen oder einen Konkurrenten verjagen wollen.

Der großartige deutsche Ornithologe Oskar Heinroth hat darauf hingewiesen, dass der Schwan sich zügig niedersetzt, sobald das Wasser seine Füße umspült; auch wenn die Tiefe zum Schwimmen nicht ausreicht. (Das ist weiter oben auf dem dritten Foto sehr gut zu erkennen.)

Beim Gehen auf festem Grund schwankt der Körper ganz beachtlich von links nach rechts. Denn Schwäne haben, wie auch andere Mitglieder der Familie der Entenvögel (Anatidae), einen breiten Unterbau und ihre Beine sind weit außen angebracht. Das stabilisiert den Vogel auf dem Wasser, macht ihn beim Schwimmen weniger kippelig.

Als „Lastkahn“ bezeichnete ihn folgerichtig das Autorenpaar Ursula und Heinz-Georg Klös in Grzimeks Tierleben (Zürich 1968, Bd.7), dort heißt es auf Seite 252

Eine besondere Anpassung an die Erfordernisse des Schwimmens ist der breite Querschnitt der meisten Entenvögel. Dieser breite „Lastkahn“ ist vom Wind oder Wellengang nur schwer aus dem Gleichgewicht zu bringen.

Die breitbeinige Konstruktion verursacht andererseits das auffällige Schwanken beim Gehen, also den Watschelgang. Alfred Hilprecht drückte das in Höckerschwan, Singschwan, Zwergschwan (1970, Neue Brehm-Bücherei, Bd. 177, Wittenberg/Magdeburg,) so aus, Seite 29

Sie machen auf dem Lande eine etwas unglückliche Figur. Der massige Körper ruht auf viel zu kurzen, aber stämmigen Beinen, der Gang ist schwerfällig wankend und unsicher watschelnd …

Ein am Ufer gehender Schwan, der einen Fuß gehpben hat und das gleichgewicht verlagert hat.

Der Höckerschwan hat kräftige schwarze Füße, deren Zehen mit Schwimmhäuten verbunden sind.

Beim Gehen sind die Füße des Schwans ein wenig nach innen gedreht, und das Gewicht wird bei jedem Schritt vom linken auf das rechte Bein verlagert – und umgekehrt. Kein Wunder also, dass Höckerschwäne und ihre Verwandten auf dem Eis leicht aus der Balance geraten und manche flügelschlagend nach dem Gleichgewicht suchen. Der Eistanz, der ist darum für sie nicht mehr als eine Notlösung.

 

¹ Was für ein wunderbares Wort: Störenfried. Da kommt einer – im Vordergrund – und stört den Frieden der beiden anderen.

Höckerschwan | Cygne tuberculé | Mute swan | Cygnus olor

Liebe Fans meiner Fotos, ich freue mich, wenn euch das eine oder andere Foto so gefällt, dass ihr es von meiner Website herunterladen möchtet. Allerdings sind alle mit ©Copyright geschützt. Darum fragt mich bitte per E-Mail vor jedem Download. Elke Brüser

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Textes en français

Si cela t’intéresse: Ma chère amie Annie Riou a traduit quelques articles du blog en français. Et depuis 2023 Juliette Rakei, étudiante de la zoologie à Berlin et bilingue, fait des traductions. Merci! Tu les trouves ici.

Vogel des Jahres

Zwei schwarz-weiße Vögel mit teils schillernden Flügeln stehen sich gegenüber, unter ihnen ein kleiner Jungvogel.

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2022  Das Rotkehlchen

Wiedehopf mit gesträubter Haube - Ausschnitt aus einer Grafik im "Naumann" Bd.IV

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Männlicher und weiblicher Star im Frühjahr im Prachtkleid - mit weißen Tupfern auf schwarzem Grund - auf einen Zweig sitzend.

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2017  Der Waldkauz

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

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Seevogel des Jahres

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

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2021  Die Weißwangengans

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2020  Die Fluss-Seeschwalbe

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2019  Die Eiderente

Drei Sandregenpfeifer stehen am Meeresstrand. Links das Weibchen, rechts ein blasser gefärbter Jungvogel und in der Mitte das Männchen auf einem Stein. Jungtier

2018  Der Sandregenpfeifer

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2017  Die Eisente

Drei Basstölpel in verschiedenen Altersstufen: weißes Baby, dunkler Jungvogel und weißer Altvogel mit gelblichem Kopf.

2016  Der Basstölpel

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