Der Gang über glattes Eis fällt vielen Vogelarten schwer. Das gilt besonders für die etwas massigen Höckerschwäne, die wie Stockenten und Wildgänse – bedingt durch ihren Körperbau – watschelnd unterwegs sind. Zudem endet bei diesen Wasservögeln der Fuß in vier Zehen, von denen drei mit Schwimmhäuten verbunden sind. Rutschfest ist das nicht.
Es war an der Berliner Havel, wo ich an einer flachen Bucht beobachten konnte, wie schwierig es für den Höckerschwan ist, auf spiegelglattem Eis die Balance zu halten. Aber zunächst ein Blick auf die zugefrorene Wasserfläche in Ufernähe, denn die Stimmung war zauberhaft.
Eine kleine eisfreie Fläche, vermutlich nur eine Pfütze auf dem Eis, hatten sich die Schwäne nah am Ufer erhalten, weil immer wieder einige dort getrunken, geruht und sich geputzt hatten. Ein Schwanenpaar schien das eisige Wasser förmlich zu genießen. Es fühlte sich jedoch offensichtlich gestört, als ein weiterer Artgenosse dazu kam. Ein Störenfried!¹
Allerdings verließ das Paar seinen eisfreien Tümpel ebenfalls kurz darauf. Es wollte offenbar in den Bereich der noch fließenden und nicht überfrorenen Havel wechseln. Doch ich denke, den Gang zum offenen Wasser hatten sich die Zwei einfacher vorgestellt.
Zu Fuß unterwegs
Wasser ist dasjenige Element, in dem sich Höckerschwäne wohlfühlen. Leicht mit den Füßen paddelnd treiben sie dahin – oder werden plötzlich sehr munter, wenn sie ihr Brutrevier verteidigen oder einen Konkurrenten verjagen wollen.
Der großartige deutsche Ornithologe Oskar Heinroth hat darauf hingewiesen, dass der Schwan sich zügig niedersetzt, sobald das Wasser seine Füße umspült; auch wenn die Tiefe zum Schwimmen nicht ausreicht. (Das ist weiter oben auf dem dritten Foto sehr gut zu erkennen.)
Beim Gehen auf festem Grund schwankt der Körper ganz beachtlich von links nach rechts. Denn Schwäne haben, wie auch andere Mitglieder der Familie der Entenvögel (Anatidae), einen breiten Unterbau und ihre Beine sind weit außen angebracht. Das stabilisiert den Vogel auf dem Wasser, macht ihn beim Schwimmen weniger kippelig.
Als „Lastkahn“ bezeichnete ihn folgerichtig das Autorenpaar Ursula und Heinz-Georg Klös in Grzimeks Tierleben (Zürich 1968, Bd.7), dort heißt es auf Seite 252
Eine besondere Anpassung an die Erfordernisse des Schwimmens ist der breite Querschnitt der meisten Entenvögel. Dieser breite „Lastkahn“ ist vom Wind oder Wellengang nur schwer aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Die breitbeinige Konstruktion verursacht andererseits das auffällige Schwanken beim Gehen, also den Watschelgang. Alfred Hilprecht drückte das in Höckerschwan, Singschwan, Zwergschwan (1970, Neue Brehm-Bücherei, Bd. 177, Wittenberg/Magdeburg,) so aus, Seite 29
Sie machen auf dem Lande eine etwas unglückliche Figur. Der massige Körper ruht auf viel zu kurzen, aber stämmigen Beinen, der Gang ist schwerfällig wankend und unsicher watschelnd …
Beim Gehen sind die Füße des Schwans ein wenig nach innen gedreht, und das Gewicht wird bei jedem Schritt vom linken auf das rechte Bein verlagert – und umgekehrt. Kein Wunder also, dass Höckerschwäne und ihre Verwandten auf dem Eis leicht aus der Balance geraten und manche flügelschlagend nach dem Gleichgewicht suchen. Der Eistanz, der ist darum für sie nicht mehr als eine Notlösung.
¹ Was für ein wunderbares Wort: Störenfried. Da kommt einer – im Vordergrund – und stört den Frieden der beiden anderen.
Höckerschwan | Cygne tuberculé | Mute swan | Cygnus olor
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