Mit weißem Spiegel

23. April 2023 | Große Vögel | 0 Kommentare

Männliche Schnatterente vor Röhricht auf dem Wasser schwimmend

Erpel der Schnatterente im herbstlichen Prachtkleid

Die Schnatterente ist eine aparte Erscheinung. Das gilt besonders für das männliche Geschlecht im Prachtkleid. Im Flug und auf dem Wasser ist diese Entenart gut an ihrem weißen „Spiegel“ zu erkennen, der von einzelnen Federn der Armschwingen gebildet wird. Sie stehen direkt nebeneinander am Rand des Flügels und heben sich vom Graubraun des Gefieders deutlich ab. So entsteht ein kleines Feld, der sogenannte Spiegel.

Bei der etwas größeren Stockente, der die Schnatterente in Vielem ähnelt, ist dieser Spiegel oder Flügelspiegel leuchtend blau und nur an den Rändern weiß gesäumt.

Nicht nur im Prachtkleid, das nach der Mauser im Spätsommer beziehungsweise im Herbst erscheint, ist der jeweils arttypische Spiegel gut zu erkennen, sondern auch im unauffälligeren Schlichtkleid. Er ist darum ein relevantes Bestimmungsmerkmal.

Der Unterschied in der Spiegelfärbung hilft insbesondere, die Damen der Schnatterente und der Stockente selbst in der Ferne auseinander zu halten. Mit ihrem graubraunen, etwas scheckigen Federkleid sind sie einander ansonsten zum Verwechseln ähnlich.

Zwei Enten fliegen über blaues Wasser.

Weißer Spiegel: markantes Kennzeichen der Schnatterenten auch im Flug

Passendes Biotop

Mir ist die Schnatterente auf Gewässern des Nuthe-Nieplitz-Naturparks schon mehrfach begegnet, denn das Biotop entspricht ihren Anforderungen. In dem fast schon antiken Büchlein Unsere Wildenten von Alfred Willy Boback (Die Neue Brehm-Bücherei, 1954, Bd. 131) lese ich über den Lebensraum der Schnatterente auf Seite 23,

Bevorzugt werden von ihr stehende oder träge fließende Binnengewässer mit reichlichem Pflanzenwuchs, besonders größere Teiche mit freier Wasserfläche. Das Gebirge meidet sie.

Ein schilfbestandener See mit Wasservögeln und am Ufer auch Bäume

Ein Morgen im kühlen April 2023: Enten und Gänse auf dem Weiher bei Stangenhagen

Mauserzeit am Schilfrand

Es ist übrigens nicht immer leicht, der Schnatterente so nah zu kommen, dass die Feinheiten ihres Gefieders durch das Fernglas gut sichtbar oder fotografisch abbildbar sind. Da lohnt es abzuwarten, bis sich die Vögel dem Ufer nähern. Die grau-melierte Brust der Erpel ist zum Beispiel ein echter Hingucker. Welch feines Muster hat sich „Mutter Natur“ da einfallen lassen!

Ente auf dem Wasser, wobei der Kopf im Gefieder fast verschwunden ist. Die Brust gut sichtbar.

Brustgefieder eines sich putzenden Erpels

Wer genau hinschaut erkennt bei gutem Lichteinfall auch die kastanienbraune bis rostrote Färbung der Flügeloberseite, konkret der sogenannten Armdecken. Je nach Bewölkung, Beschattung oder Tageszeit fällt diese leicht rötliche, nur hingehauchte Tönung mehr oder minder stark auf.

Männliche und weibliche Schnatterente schwimmen vor dem bräunlichen Schilfgürtel

Weibliche (links) und männliche (rechts) Schnatterente

Im September 2019 stieß ich zufällig auf Schnatterenten am Ende der Mauserzeit. Sie waren am Schilfrand gut vor Greifvögeln wie dem Seeadler und vor allzu neugierigen Menschaugen geschützt. Zum Glück fühlten sie sich – nachdem ich mich auf einen Baumstumpf gesetzt hatte – ganz offensichtlich nicht gestört: Sehr entspannt pflegten sie ihr Gefieder, das von losgelösten Federchen durchsetzt war. Auch auf dem Wasser schwammen diese als flauschige Schiffchen.

Weibliche Schnatterente schwimmt durch grüne "Entengrütze"

Die Damen der Schnatterenten haben im Gegensatz zu Stockenten einen hellen Hals.

Schnatterenten-Paar durchseiht die grüne "Entengrütze" auf dem Wasser

Bei der Nahrungssuche wird die von Entengrütze bedeckte Wasseroberfläche durchseiht

Nach der Gefiederpflege waren Männchen und Weibchen hungrig. Sie durchseihten mit abgesenktem Hals oberflächlich das Wasser, um so Insekten und deren Larven, kleine Schnecken, Fisch- und Froschlaich herauszufiltern. Hauptsächlich ernährt sich die Schnatterente allerdings pflanzlich, etwa von Wasserpflanzen wie den Laichkräutern, von Samen und dem Wurzelwerk der Riedgräser, aber auch von Wiesengräsern. Auf dem Wasser sieht man sie manchmal auch gründeln wie Stockenten oder der Höckerschwan.

Schnatterente in der Balzzeit

Die Schnatterente ist auf der Nordhalbkugel weit verbreitet. Ihr Brutgebiet erstreckt sich von Nordamerika über bestimmte Regionen in Nordeuropa und weiter durch Asien bis an die Pazifikküste bei Japan. In Deutschland nimmt der Bestand seit Jahren zu.

Wichtige Brutgebiete liegen hierzulande im Norddeutschen Tiefland, also zwischen der Nordseeküste und der Oder. Zwar befinden sich die wichtigsten Brutgebiete in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, aber über Flüsse wie Weser und Elbe gelangt die Schnatterente immer weiter ins Binnenland. Kein Wunder, dass sie via Elbe und Havel auch die Nuthe-Nieplitz-Niederung südwestlich von Berlin erreicht hat.¹

Auf einem See schwimmen große Graugänse und Schnatterenten

Zwei Paare Schnatterenten und drei große Graugänse

Dort konnte ich Anfang April verpaarte Schnatterenten beobachten, die allerdings noch nicht mit der Brut beschäftigt waren. Dazu erklärte mir Lothar Kalbe, Buchautor und jahrzehntelanger Kenner und Beschützer dieser wunderbaren naturgeschützten Region, am Telefon:

Einige Paare der Schnatterente brüten hier jedes Jahr, aber dieses Jahr sind sie spät dran. Das liegt natürlich an den Witterungsbedingungen.

Dass es 2023 so lange nass und kalt blieb, war mein Glück. Denn so konnte ich ein Verhalten beobachten, das als Teil des Balzverhaltens zu werten ist, obwohl es zunächt nicht danach aussieht. Um das zu erklären, muss ich etwas ausholen.

Am Beispiel der Haubentaucher und zuletzt der Höckerschwäne haben ich schon beschrieben, dass die beiden Geschlechter im Rahmen der Balz ganz bestimmte, weitgehend ererbte Verhaltensmuster zeigen und diese aufeinander abstimmen. Das ist bei den Schwimmenten – auch Gründelenten² genannt – nicht anders. Typisch sind bei ihnen zum Beispiel Kopfnicken, Putz- und Schüttelbewegungen, ein Aufrichten usw.

Der Nobelpreisträger Konrad Lorenz hat das Verhalten der Schwimmenten (Anatiden) intensiv erforscht.³ Dazu hat er unter anderem die Abläufe bei der Balz in einzelne Verhaltensweisen zerlegt und klar gemacht, dass diese im Kontext der Balz als Signal für das Gegenüber zu werten sind – und keine andere Funktion haben. Dass bedeutet, dass beispielsweise eine Putzbewegung, die üblicherweise das Gefieder reinigen soll, vom Forscher anders zu bewerten ist und von den balzenden Enten tatsächlich als Signal „gemeint” ist.

Zwei Schnatterenten schwimmen auf dem See, im Vordergrund wächst Schilf

ein braunes Schnatterentenpaar schwimmt dem schilfbestandenen Ufer entgegen

Gelb gesäumter Schnabel bei der Schnatterente, dunkler Schnabel beim Erpel.

Bei den bereits verpaarten Schnatterenten, die Anfang April auf dem Weiher schwammen, war deutlich, dass sie in permanenter Abstimmung und meist nebeneinander unterwegs waren. Bei manchen Verhaltensweisen war zudem ihre Signalfunktion unübersehbar: So tauchten von Zeit zu Zeit beide Geschlechter wie beim Gründeln kopfüber und mit dem Steert nach oben ins Wasser. Zwischendurch schüttelten sie sacht ihr Gefieder.

Zwei Schnatterenten auf dem Wasser, eine kopfüber im Wasser.

Zwei Schnatterenten kopfüber im Wasser treibend.

Das zitternde Sich-Schütteln hatte keinen erkennbaren Zweck, vielmehr war es deutlich ein Ausdrucksverhalten mit Signalfunktion. Solche Zwiesprache bedeutet nicht, dass die Geschlechtspartner immer und synchron dasselbe tun, aber dass sie sich aufeinander einstellen, kommunizieren.

Der folgende Videoausschnitt spiegelt das wider: Es ist die Ente, die zunächst das Körperzittern zeigt, bevor der Erpel dann kurz den Kopf (das Kinn) hebt – auch das ein typisches Balzsignal – und danach mit einer Gründelbewegung und Körperzittern antwortet.

Auf naturnahen Gewässern ist oft viel los: Da landet plötzlich ein Schar Graugänse, Stockenten fliegen unvermittelt auf und Rothalstaucher markieren lauthals Reviergrenzen. Die Schnatterente gilt als recht verträglicher Wasservogel – im Gegensatz zum sehr territorialen Blässhuhn. Zu Konflikten kommt es natürlich dennoch, etwa wenn ein Artgenosse einem Paar zu nahe kommt. Dann wird er mit lautem Geschnatter verjagt.

Drei Schnatterenten fliegen über einer Wasserfläche auf. Der Schnabel ist zum lauten Rufen geöffnet.

Rasantes Abheben mit Protestgeschrei – und der weiße Spiegel ist unverkennbar.

¹ Kai C. Gedeon u.a., Atlas Deutscher Brutvogelarten (ADEBAR), 2014, S. 98-99
² Den Schwimm- oder Gründelenten (Stockente, Schnatterente, Krickente …) werden die Tauchenten (Reiherente, Kolbenente, Tafelente …) gegenübergestellt.
³ Konrad Lorenz, Vergleichende Bewegungsstudien an Anatiden, Journal für Ornithologie, 1941, Bd.79 (Sonderheft)

Schnatterente | Canard chipeau | Gadwall | Mareca strepera (Anas strepera)

Liebe Fans meiner Fotos, ich freue mich, wenn euch das eine oder andere Foto so gefällt, dass ihr es von meiner Website herunterladen möchtet. Allerdings sind alle mit ©Copyright geschützt. Darum fragt mich bitte per E-Mail vor jedem Download. Elke Brüser

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Frau mit Fernglas beobachtet etwas in der Ferne

Mit Fernglas und Kamera auf Vogel-„Jagd“ zu gehen, ist mancherorts geradezu ein Sport und von Wetteifer geprägt. Ich halte aber wenig davon, möglichst viele und auch seltene Arten aufspüren zu wollen, um sie akribisch in Listen zu erfassen. Mein Ding ist: stehen bleiben, lauschen und schauen, was Tiere so treiben.

Textes en français

Si cela t’intéresse: Ma chère amie Annie Riou a traduit quelques articles du blog en français. Et depuis 2023 Juliette Rakei, étudiante de la zoologie à Berlin et bilingue, fait des traductions. Merci! Tu les trouves ici.

Vogel des Jahres

Zwei schwarz-weiße Vögel mit teils schillernden Flügeln stehen sich gegenüber, unter ihnen ein kleiner Jungvogel.

2024  Der Kiebitz

Zwei Braunkehlchen sitzen auf einer Distelblüte, es sind Männchen und Weibchen.

2023  Das Braunkehlchen

Ein Rotkehlchen hockt auf einem Ast und füttert mit einem Wurm, den es im Schnabel hält, einen Jungvogel.

2022  Das Rotkehlchen

Wiedehopf mit gesträubter Haube - Ausschnitt aus einer Grafik im "Naumann" Bd.IV

2021  Der Wiedehopf

Eine rosabrüstige Taube sitzt auf einem Ast und blickt mit ihrem roten Auge zu uns.

2020  Die Turteltaube

Vier Lerchenvögel, in der Mitte ein adultes männliches Tier mit kleiner Holle.

2019  Die Feldlerche

Männlicher und weiblicher Star im Frühjahr im Prachtkleid - mit weißen Tupfern auf schwarzem Grund - auf einen Zweig sitzend.

2018  Der Star

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2017  Der Waldkauz

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2016  Der Stieglitz

Seevogel des Jahres

Ein Waldkauz sitzt auf einem Ast; kolorierte Zeichnung aus Brehms Tierleben.

2024  Der Sterntaucher

Brandseeschwalbe mit schwarzem Schädel und Mähne steht auf einem Felsen am Meer.

2023  Die Brandseeschwalbe

Ein möwenartiger Vogel steht auf einem Felsstein im nordisch anmutenden Meer

2022  Der Eissturmvogel

Der Jahresseevogel 2021 als Zeichnung: Zwei Weißwangengänse mit weißer Stirn und weißer Kehle vor einem nordischen Meer mit steilen Felsen.

2021  Die Weißwangengans

Auf einem Felsvorsprung am Meer steht eine Fluss-Seeschwalbe mit deutlich schwarzer Schnabelspitze. Links eine Zwergseeschwalbe und hinter ihr eine Küstenseeschwalbe.

2020  Die Fluss-Seeschwalbe

Eine schwarzweiß gemusterte Eiderente mit pfirsichfarbener Brust paddelt mit den Füßen im grünlich Meerwasser.

2019  Die Eiderente

Drei Sandregenpfeifer stehen am Meeresstrand. Links das Weibchen, rechts ein blasser gefärbter Jungvogel und in der Mitte das Männchen auf einem Stein. Jungtier

2018  Der Sandregenpfeifer

Vier Eisenten hocken auf Steinen im Wasser: großes männliches Tier mit brauner Brust, helleres weibliches Tier und zwei ebenfalls helle Jungvögel.

2017  Die Eisente

Drei Basstölpel in verschiedenen Altersstufen: weißes Baby, dunkler Jungvogel und weißer Altvogel mit gelblichem Kopf.

2016  Der Basstölpel

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