Die Schnatterente ist eine aparte Erscheinung. Das gilt besonders für das männliche Geschlecht im Prachtkleid. Im Flug und auf dem Wasser ist diese Entenart gut an ihrem weißen „Spiegel“ zu erkennen, der von einzelnen Federn der Armschwingen gebildet wird. Sie stehen direkt nebeneinander am Rand des Flügels und heben sich vom Graubraun des Gefieders deutlich ab. So entsteht ein kleines Feld, der sogenannte Spiegel.
Bei der etwas größeren Stockente, der die Schnatterente in Vielem ähnelt, ist dieser Spiegel oder Flügelspiegel leuchtend blau und nur an den Rändern weiß gesäumt.
Nicht nur im Prachtkleid, das nach der Mauser im Spätsommer beziehungsweise im Herbst erscheint, ist der jeweils arttypische Spiegel gut zu erkennen, sondern auch im unauffälligeren Schlichtkleid. Er ist darum ein relevantes Bestimmungsmerkmal.
Der Unterschied in der Spiegelfärbung hilft insbesondere, die Damen der Schnatterente und der Stockente selbst in der Ferne auseinander zu halten. Mit ihrem graubraunen, etwas scheckigen Federkleid sind sie einander ansonsten zum Verwechseln ähnlich.
Passendes Biotop
Mir ist die Schnatterente auf Gewässern des Nuthe-Nieplitz-Naturparks schon mehrfach begegnet, denn das Biotop entspricht ihren Anforderungen. In dem fast schon antiken Büchlein Unsere Wildenten von Alfred Willy Boback (Die Neue Brehm-Bücherei, 1954, Bd. 131) lese ich über den Lebensraum der Schnatterente auf Seite 23,
Bevorzugt werden von ihr stehende oder träge fließende Binnengewässer mit reichlichem Pflanzenwuchs, besonders größere Teiche mit freier Wasserfläche. Das Gebirge meidet sie.
Mauserzeit am Schilfrand
Es ist übrigens nicht immer leicht, der Schnatterente so nah zu kommen, dass die Feinheiten ihres Gefieders durch das Fernglas gut sichtbar oder fotografisch abbildbar sind. Da lohnt es abzuwarten, bis sich die Vögel dem Ufer nähern. Die grau-melierte Brust der Erpel ist zum Beispiel ein echter Hingucker. Welch feines Muster hat sich „Mutter Natur“ da einfallen lassen!
Wer genau hinschaut erkennt bei gutem Lichteinfall auch die kastanienbraune bis rostrote Färbung der Flügeloberseite, konkret der sogenannten Armdecken. Je nach Bewölkung, Beschattung oder Tageszeit fällt diese leicht rötliche, nur hingehauchte Tönung mehr oder minder stark auf.
Im September 2019 stieß ich zufällig auf Schnatterenten am Ende der Mauserzeit. Sie waren am Schilfrand gut vor Greifvögeln wie dem Seeadler und vor allzu neugierigen Menschaugen geschützt. Zum Glück fühlten sie sich – nachdem ich mich auf einen Baumstumpf gesetzt hatte – ganz offensichtlich nicht gestört: Sehr entspannt pflegten sie ihr Gefieder, das von losgelösten Federchen durchsetzt war. Auch auf dem Wasser schwammen diese als flauschige Schiffchen.
Nach der Gefiederpflege waren Männchen und Weibchen hungrig. Sie durchseihten mit abgesenktem Hals oberflächlich das Wasser, um so Insekten und deren Larven, kleine Schnecken, Fisch- und Froschlaich herauszufiltern. Hauptsächlich ernährt sich die Schnatterente allerdings pflanzlich, etwa von Wasserpflanzen wie den Laichkräutern, von Samen und dem Wurzelwerk der Riedgräser, aber auch von Wiesengräsern. Auf dem Wasser sieht man sie manchmal auch gründeln wie Stockenten oder der Höckerschwan.
Schnatterente in der Balzzeit
Die Schnatterente ist auf der Nordhalbkugel weit verbreitet. Ihr Brutgebiet erstreckt sich von Nordamerika über bestimmte Regionen in Nordeuropa und weiter durch Asien bis an die Pazifikküste bei Japan. In Deutschland nimmt der Bestand seit Jahren zu.
Wichtige Brutgebiete liegen hierzulande im Norddeutschen Tiefland, also zwischen der Nordseeküste und der Oder. Zwar befinden sich die wichtigsten Brutgebiete in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, aber über Flüsse wie Weser und Elbe gelangt die Schnatterente immer weiter ins Binnenland. Kein Wunder, dass sie via Elbe und Havel auch die Nuthe-Nieplitz-Niederung südwestlich von Berlin erreicht hat.¹
Dort konnte ich Anfang April verpaarte Schnatterenten beobachten, die allerdings noch nicht mit der Brut beschäftigt waren. Dazu erklärte mir Lothar Kalbe, Buchautor und jahrzehntelanger Kenner und Beschützer dieser wunderbaren naturgeschützten Region, am Telefon:
Einige Paare der Schnatterente brüten hier jedes Jahr, aber dieses Jahr sind sie spät dran. Das liegt natürlich an den Witterungsbedingungen.
Dass es 2023 so lange nass und kalt blieb, war mein Glück. Denn so konnte ich ein Verhalten beobachten, das als Teil des Balzverhaltens zu werten ist, obwohl es zunächt nicht danach aussieht. Um das zu erklären, muss ich etwas ausholen.
Am Beispiel der Haubentaucher und zuletzt der Höckerschwäne haben ich schon beschrieben, dass die beiden Geschlechter im Rahmen der Balz ganz bestimmte, weitgehend ererbte Verhaltensmuster zeigen und diese aufeinander abstimmen. Das ist bei den Schwimmenten – auch Gründelenten² genannt – nicht anders. Typisch sind bei ihnen zum Beispiel Kopfnicken, Putz- und Schüttelbewegungen, ein Aufrichten usw.
Der Nobelpreisträger Konrad Lorenz hat das Verhalten der Schwimmenten (Anatiden) intensiv erforscht.³ Dazu hat er unter anderem die Abläufe bei der Balz in einzelne Verhaltensweisen zerlegt und klar gemacht, dass diese im Kontext der Balz als Signal für das Gegenüber zu werten sind – und keine andere Funktion haben. Dass bedeutet, dass beispielsweise eine Putzbewegung, die üblicherweise das Gefieder reinigen soll, vom Forscher anders zu bewerten ist und von den balzenden Enten tatsächlich als Signal „gemeint” ist.
Bei den bereits verpaarten Schnatterenten, die Anfang April auf dem Weiher schwammen, war deutlich, dass sie in permanenter Abstimmung und meist nebeneinander unterwegs waren. Bei manchen Verhaltensweisen war zudem ihre Signalfunktion unübersehbar: So tauchten von Zeit zu Zeit beide Geschlechter wie beim Gründeln kopfüber und mit dem Steert nach oben ins Wasser. Zwischendurch schüttelten sie sacht ihr Gefieder.
Das zitternde Sich-Schütteln hatte keinen erkennbaren Zweck, vielmehr war es deutlich ein Ausdrucksverhalten mit Signalfunktion. Solche Zwiesprache bedeutet nicht, dass die Geschlechtspartner immer und synchron dasselbe tun, aber dass sie sich aufeinander einstellen, kommunizieren.
Der folgende Videoausschnitt spiegelt das wider: Es ist die Ente, die zunächst das Körperzittern zeigt, bevor der Erpel dann kurz den Kopf (das Kinn) hebt – auch das ein typisches Balzsignal – und danach mit einer Gründelbewegung und Körperzittern antwortet.
Auf naturnahen Gewässern ist oft viel los: Da landet plötzlich ein Schar Graugänse, Stockenten fliegen unvermittelt auf und Rothalstaucher markieren lauthals Reviergrenzen. Die Schnatterente gilt als recht verträglicher Wasservogel – im Gegensatz zum sehr territorialen Blässhuhn. Zu Konflikten kommt es natürlich dennoch, etwa wenn ein Artgenosse einem Paar zu nahe kommt. Dann wird er mit lautem Geschnatter verjagt.
¹ Kai C. Gedeon u.a., Atlas Deutscher Brutvogelarten (ADEBAR), 2014, S. 98-99
² Den Schwimm- oder Gründelenten (Stockente, Schnatterente, Krickente …) werden die Tauchenten (Reiherente, Kolbenente, Tafelente …) gegenübergestellt.
³ Konrad Lorenz, Vergleichende Bewegungsstudien an Anatiden, Journal für Ornithologie, 1941, Bd.79 (Sonderheft)
Schnatterente | Canard chipeau | Gadwall | Mareca strepera (Anas strepera)
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