Vögel aus der Gruppe der sogenannten Würger, die als Zugvögel den Sommer in Europa verbringen, sind in ihren Gefiederfarben eher unauffällig: Wie beim Neuntöter dominieren hier Grau, Braun, Beige und etwas Schwarz. In der Dornbuchsavanne Namibias begegnete mir ein ganz anderer Würger, der Rotbauchwürger.
Namensgebend ist das Karminrot des Bauchgefieders. Wie ein Feuerball leuchtet seine Unterseite in der zur Trockenzeit ausgedörrten Landschaft.
Während hiesige Würger meist gut sichtbar auf einem Zweigende oder auf der Spitze einer Tanne hocken und nach Beute Ausschau halten, treibt sich der Rotbauchwürger im Gestrüpp der Akazien und Mopanebäume der trockenen Savanne herum.
Wer den Gesang dieses Vogels schon kennt, wird vermutlich durch seine lauten Flötentöne auf ihn aufmerksam. Ansonsten sieht man ihn am ehesten, wenn er am Boden nach Insekten und kleinen Wirbeltieren sucht.
Aus der Nähe
Auf der Düsternbrook Gästefarm, die etwa eineinhalb Stunden von Windhuk entfernt ist, hatte ich das Glück, dass ein Pärchen aus dem Geäst herabflog, um nahe einer tropfenden Wasserleitung Futter zu finden.
Dass es sich um ein Paar handelte, ist sicher, denn die beiden waren immer gemeinsam unterwegs – was für verpaarte Rotbauchwürger typisch ist. Außerdem konnte ich sie, wie in einem Duett, gemeinsam flöten hören – auch das ist typisch. Und: Bei diesem Würger ist das Federkleid der Geschlechter identisch gefärbt: roter Bauch, schwarzer Kopf und Rücken, weißer Flügelstreifen.
Echte Würger?
Es gibt weltweit rund 70 Würgerarten. Früher bildeten sie gemeinsam eine Familie in der biologischen Systematik. Heute werden Buschwürger wie der Rotbauchwürger als eigene Familie (Malaconotidae) abgegrenzt, aber durchaus noch als Würger bezeichnet.
Ihren Namen verdanken alle Würger der Art und Weise, wie etwa der schon erwähnte Neuntöter oder Rotrückenwürger (Lanius collurio) zu seiner Nahrung kommt: Er spießt ein großes Insekt oder ein kleines Wirbeltier auf den Dorn eines Busches, manchmal auf einen Stacheldrahtzaun, oder er klemmt seine Beute zwischen Zweigen ein, um sie früher oder später zu verspeisen.
Die intensiv gefärbten Würgerarten, die in Afrika heimisch sind, gehören jedenfalls zur Gruppe der Buschwürger. Im Urania Tierreich lese ich (Urania Tierreich, 1974, Rowohlt, Vögel Bd. 3, S. 354)
An leuchtender Buntheit übertreffen die rein afrikanischen Buschwürger alle ihre Verwandten. Der Bergbuschwürger (Telophorus doherty) ist oben schön goldig olivgrün, der Bauch strahlend goldgelb, die Stirn und die von einem Wangen- und Brustband schwarz eingerahmte Kehle satt karminrot.
Mich erinnerten die Rotbauchwürger, von denen es hin und wieder auch gelbbauchige Exemplare gibt, mit ihrem kräftigen Schnabel, dem langen Schwanz und den stacksigen Beinen, mit denen sie am Boden und im Gestrüpp auf Nahrungssuche gehen, sehr stark an unsere Elstern.
In der Vogelwelt gibt es in der Tat noch viel zu entdecken, und in der Wissenschaft immer wieder etwas zu korrigieren. Schützen wir die Vielfalt der Arten und die forschende Neugier!
Rotbauchwürger | Pie grièche à poitrine cramoisie | Chrimson-breasted Shrike | Lanarius attrococcineus
Liebe Elke,
ist es möglich hier bei uns in Österreich ( Nähe Linz ) einen Rotbauchwürger in freier Natur gesichtet zu haben. Meine Eltern sind der Meinung so einen schönen rotbauchigen eher großen Vogel gesehen zu haben.
LG Anita
Liebe Anita,
ich kann mir nicht vorstellen, dass es ein Rotbauchwürger war – außer es war ein Vogel, der aus einer Voliere entkommen ist. Das gibt es ja immer wieder einmal.
Von den Vögeln mit rotem Bauch kommt aber der Gimpel in Frage, denn bei den Männchen leuchten die roten Bäuche jetzt noch besonders schön. Den Gimpel habe ich lange nicht mehr gesehen, darum steht über ihn noch nichts im Blog.
Viele Grüße von Elke
Liebe Elke,
vielen Dank für den interessanten Beitrag und die schönen Bilder über den Rotbauch-Würger.
Wirklich eine Augenweide diese stolzen Vögel in der kargen afrikanischen Landschaft.
Ein Bekannter verbringt mit seiner Ehefrau regelmäßig seinen Urlaub in Nationalparks in Südafrika, um Tiere und Vögel zu fotografieren.
Ich kenne mich mit den Vogelarten dort nicht so gut aus, war aber überrascht, wie bunt manche Vögel in kargen, steppigen Gebieten sind.
Wie kommt es eigentlich, dass die Vögel dort so ein auffälliges Gefieder haben? Sie sind so für Greifvögel doch leichte Beute, sollte man meinen.
Liebe Grüße
Cornelia
Liebe Cornelia,
danke für deine interessante Frage. Eben diese habe ich mir auch gestellt und denke, es gibt unterschiedliche Antworten darauf – beziehungsweise mehrere Gründe. Zum einen sind natürlich gerade die Vögel mit auffälligem Gefieder für uns attaktiv – und wir fotografieren sie gern. Es ist aber auch so, dass beim Rotbauchwürger und anderen Arten, etwa den Glanzstaren, der Rücken pechschwarz ist und das Gefieder in der Sonne stark schillert – ein auf Vögel spezilisierter Greif wird die potentielle Beute also vielleicht kaum bemerken. (Dazu müsste ich natürlich mehr über das Sehvermögen von Ader & Co. wissen.) Mir scheint es auch so zu sein, dass die Greife in ariden Zonen eher auf Kriechtiere wie Schlangen und Eidechsen oder an den Gewässern auf Fische spezialisiert sind. Schließlich, und davon werde ich noch berichten, gibt es viele kleine unscheinbare Vogelarten, die sich vom gelblich bis rötlichen Boden kaum abheben und zusätzlich im dornigen Gestrüpp der Akazien gut geschützt sind. Ich denke da etwa an den Weißbrauen-Heckensänger … viele Grüße von Elke.