Die Niedliche

Männliche Krickente im Prachtkleid mit grüner Kopfzeichnung und gelbem Steißfleck

Im Herbst ist von unseren Singvögeln nicht viel zu sehen, aber Enten wie die kleine Krickente kommen im November groß heraus. Sie und andere aus der Verwandtschaft der Entenvögel tragen bereits das attraktive Prachtkleid, das von der Paarungbildung im Spätherbst bis zur Brut im Frühjahr halten muss – auch wenn es zischenzeitlich noch etwas aufgefrischt wird.

Auf den ersten Blick: Stockenten, auf den zweiten: Krickenten

Es lohnt sich jedenfalls auf jedem Gewässer genauer hinzuschauen, wer da eigentlich herumschwimmt. Denn vielfach vermuten wir im matten Novemberlicht eine Stockente, es ist dann aber vielleicht doch eine Löffelente mit ausladendem Schnabel, eine Tafelente oder eben eine farbenprächtige Krickente.

Deren Name rührt übrigens von der Lautgebung her. Der Ruf des Männchens wird als melodischer Pfiff beschrieben, der aber eher wie ein flötendes krü – krü als ein scharfes krick klingt. Einzelne Rufe können ein- bis zweisilbig sein und werden auch im Flug geäußert.

Aufenthalt am Watt

Kürzlich war ich an der Wesermündung bei Bremerhaven – meiner alten Heimat – auf einer Radtour und sah  flussaufwärts in einer kleinen, schilfbestandenen Bucht: Krickenten! Sie rasten hier für längere Zeit, wenn sie aus ihren nördlichen Brutgebieten, die über Skandinavien bis Nordrussland reichen, südwestwärts ziehen.

Blick auf die Weser und Bremerhaven
Schilfgürtel an der Weser mit gründelnden Enten

Aus der Ferne unterscheiden sich Krickenten wenig von den allgegenwärtigen Stockenten, sofern die auffällige Kopfzeichnung der Männchen nicht sichtbar ist. Jungvögel und die Weibchen beider Arten ähneln mit ihrem braungemusterten Federkleid einander sehr.

Aber Stockenten sind rund 10 cm „länger”. Außerdem: Ruhig sitzend und auch im Flug, da lässt sich bei guten Lichtverhältnissen ein farbiges Feld im Flügel ausmachen. Dieser „Flügelspiegel“ ist bei der Stockente blau, hingegen grün bei der Krickente. Green-winged Teal wurden letztere im englischsprachigen Raum daher früher genannt. Durchgesetzt hat sich dort allerdings der Begriff Eurasian Teal

Insgesamt ist die Krickente kleiner und wirkt rundlicher als die Stockente. Sie ist sogar die kleinste hiesige Entenart. Auffällig ist außerdem ihre Körperhaltung – also wie sie ihren Kopf trägt. Der Hals ist dabei stark S-förmig gebogen.

Typische Kopfhaltung: gebogener Hals

Aus der Nähe und mit dem Fernglas betrachtet, zeigen sich weitere Unterschiede, etwa bei den Herren – also den Erpeln – fallen ein gelber Steißfleck und die helle Brust auf. Während männliche Stockenten im Prachtkleid einen metallischgrünen Kopf, schwarze Erpellocken und eine dunkelbraune Brust haben.

Der grüne „Spiegel“ auf dem Flügel hilft, die Art zu identifizieren.

Was ich zunächst an der Weser sah, waren schlafende oder zumindest ruhende Vögel, die sich am Rand des Deiches auf Blasentang oder alten Pflastersteinen niedergelassen hatten. Sie hockten wasserseits an einem Plattenweg, den nur wenige Menschen zum Spaziergehen oder Radfahren wählen. Die meisten Menschen sind oben auf dem Deich unterwegs.

Manche der Krickenten blickten mit einem Auge zu mir, als ich die Kamera auf sie richtete, dösten dann weiter oder begannen sich zu putzen. Dass ich ruhig auf dem Boden saß, entspannte sie offensichtlich, so dass sie nicht vom Ufer weg- und auf das Meer hinausflogen.

Noch fehlt bei dieser Krickente die schöne Gesichtszeichnung.

Es ist schon lange bekannt, dass viele Vogelarten erst während des Zugs in ihr Winterquartier den Federwechsel, also die Mauser, abschließen.

Das war auch bei der Gruppe von rund 20 Krickenten an der Weser unübersehnbar.

Ich konnte daher sowohl Individuen entdecken, die weitgehend durchgemausert waren als auch andere, die noch nicht alle typischen Merkmale des Prachtkleides entwickelt hatten. Da fehlen dann zum Beispiel noch die grünen Federchen, die das Auge zum Nacken hin ellipsenförmig einrahmen.

Mauser: Kleiderwechsel

Die Krickente macht während und nach der Brutzeit eine Vollmauser durch, bei der sie unter anderem die großen Federn der Schwingen und des Schwanzes verliert und zeitweise flugunfähig ist. Durch diese sommerliche Mauser entsteht bei Männchen und Weibchen zunächst ein „langweiliges“ Federkleid. Es wird auch Schlichtkleid oder Sommerkleid genannt.

Erst im Oktober wachsen bei den Erpeln die schmucken Federn, die das auffällige Prachtkleid – auch Hochzeitskleid genannt – ausmachen. In der Wissenschaft heißt es heute statt Prachtkleid ganz trocken „definitives Basiskleid“.²

Der von mir hochgeschätzte und gern zitierte Ornithologe Johann Friedrich Naumann charakterisierte im 19. Jahrhunderts den alljährlich wiederkehrenden Federwechsel noch viel blumiger und sprach von einer Schönheitsmauser (Die Naturgeschichte der Vögel Mitteleuropas, 1887-1905, 3. Aufl., Bd. X, S. 99)

Die Schönheitsmauser, im Oktober und November, welche auch den Männchen dieser Art das unscheinliche Sommerkleid nimmt und ihnen dafür das hochzeitliche Prachtkleid, das man auch Frühlings – oder Winterkleide nennen könnte, bringt, wird oft erst auf ihrer Reise in wärmere Länder beendigt.

Anfang Oktober befinden sich die Vögel also noch in einem Zwischenstadium, sind nicht durchgemausert. Die Erpel sehen recht unterschiedlich aus, weil die einen früher, die anderen später mit dem Kleiderwechsel begonnen haben. Anders gesagt: Ich würde sie gerne im November sehen. In voller Pracht. Doch an die Wesermündung komme ich demnächst nicht. Aber vielleicht bietet sich in Berlin oder Brandenburg noch eine Gelegenheit, denn auf vielen größeren Gewässern in Deutschland ist mit Krickenten zu rechnen. Sie sind keine Rarität.³

Hier ist Mitte Oktober die „Schönheitsmauser“ weit gediehen, aber nicht abgeschlossen.

Krickente beim Durchschnattern

Bei meinem Radausflug an der Weser hatte ich das Vergnügen, Krickenten bei ihrer sehenswerten Art der Nahrungsaufnahme zu beobachten. Im Watt sieht das dann so aus:

Sie filtrieren beziehungsweise durchseihen Wasser und Schlick des Watts, wobei der Schnabel oft mit Schlamm „verziert” ist. Als ein Durchschnattern oder Durchschlabbern ließe sich das Ganze auch bezeichnen.

Im Watt wird die Schickschicht durchschnattert

Viele Enten, Gänse und diverse Watvögel besuchen zu dieser Jahreszeit – und eigentlich das ganze Jahr über – aus gutem Grund dieses Fleckchen Erde, wo das moorige Wasser des Flüsschens Lune in das Watt der Weser mündet. Es ist an dieser Stelle nämlich ein naturgeschütztes Gebiet entstanden, nachdem nördlich von Bremerhaven der Containerhafen ständig wuchs und Bremenports für Ausgleichsmaßnahmen sorgen musste. Denn: Viel Natur vor und hinter dem Deich ist vernichtet worden, Rastgebiete für Vögel gingen so verloren. Ein kleine, teils wiedervernässte Fläche ist nun immerhin vor weiterer Industrieansiedlung und Hafenanlagen geschützt.

Das Land, die Luneplate, ist von Gräben durchzogen, und mehrere Teiche eignen sich als sichere Schlafplätze für Krick- und Löffelenten, Grau- und Weißwangengänse und weitere Arten. Weil das Schutzgebiet direkt ans Weserufer grenzt, wirken sich Ebbe und Flut der Nordsee aus: Der Wasserstand der Gewässer wechselt, und in der schilfbestandenen Weserbucht ist der Meeresboden mal überflutet, mal liegt er frei. Es handelt sich um eine Flachwasserzone, ein nahrungsreiches Wattgebiet.

Das wissen zum Beispiel die Krickenten zu schätzen. Sie suchen und finden dort: Insekten und deren Larven, Würmer, Weichtiere und andere Wattbewohner.

Hier wird geschlabbert …

Das Gelände ist ideal für die Krickente, die zu den Schwimmenten oder auch Gründelenten gehört – die also anders als die Reiherente und andere Tauchenten, ihre Nahrung nicht abtauchend ergattert. Krickenten können auch kopfüber gründeln, wobei das Hinterende senkrecht aus dem Wasser ragt. Aber im Schlickwatt filtrieren sie das seichte Wasser, die Pfützen und die aufgeweichte Schlickschicht laufend oder schwimmend.

Bei höherem Wasserstand durchsuchen sie im Schwimm-Modus das Flachwasser, wobei der Kopf untergetaucht ist. Das kennen wir etwa von der Löffelente, die ich an der Luneplate auch bereits beobachten konnte.

 

Andere Gäste

Während ich noch den Krickenten zusah, flogen plötzlich weitere Gäste in die Schlickwattzone am Schilf ein. Ganz unerwartet und schnell kamen sie angeflogen und waren nach einem Schwenk plötzlich wie verschwunden.

Das lag an den bräunlichen Farbtönen der Umgebung und dem kontrastarmen Federkleid der Vögel, das sie vor Prädatoren schützt. Ihre roten Beine sind zwar auffällig und lang, aber sehr dünn. Sie kamen jedenfalls nicht um zu gründeln, zu schlabbern oder zu schnattern, sondern um zu stochern: Rotschenkel waren es, auf hohen Stelzen und mit langem Schnabel.

Stochernde Rotschenkel und eine Krickente im Wasser

Eine Krickente bahnt sich ihren Weg zwischen Rotschenkeln ins Wasser.

Und schließlich konnte ich noch beobachten, wie Spaziergänger mit Hund ein paar ruhende Krickenten aufscheuchten. Aber wie üblich flogen sie nur kurz hoch und ein Stückchen aufs Meer hinaus. Passiert das mehrfach am Tag, ist es kräftezehrender Stress für die Vögel. Mein Rat an Hundebesitzer und Hundebesitzerinnen: Abstand zu den Enten halten und den Hund kurz genug anleinen.

Und warum ist die Krickente nun „niedlich“ – wie im Titel dieses Blogposts formuliert? Da lasse ich abschließend Johann Friedrich Naumann zu Wort kommem, Seite 103

Die Krickente ist bei ihrer Kleinheit und dem herrlich gezeichneten Gefieder des männlichen Hochzeitskleides eine unserer schönsten und niedlichsten Arten.

 

¹ Teal heißt nichts weiter als Krickente.
² Sébastien Reber: Entenvögel, Kosmos, Stuttgart 2017
³ Als Brutvogel ist die Krickente hierzulande im norddeutschen Tiefland und westwärts bis in die Niederrheinische Tiefebene verbreitet. Auch im Mittelgebirge brütet sie bis 500 m Höhe. Im Süden ist sie seltener und weniger häufig als die verwandtet Knäkente.

Krickente | Sarcelle d’hiver | Eurasian Teal | Anas crecca



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