Die Tage um Pfingsten sind alljährlich auch ornithologisch eine Freude, jedenfalls für Habichtbegeisterte. Denn die Junghabichte, wegen ihres leicht rötlichen Gefieders auch Rothabichte¹ genannt, werden flügge. Sie treiben sich im Geäst ihres Horstbaumes herum und wagen immer weitere Ausflüge: zunächst hüpfend und flatternd von Ast zu Ast, dann von Baum zu Baum fliegend.
Weil junge Habichte gerne über und neben dem Horst im Geäst sitzen, werden die etwa sechs bis acht Wochen alten Vögel auch Ästlinge genannt. Sie tragen nun nicht mehr die weißen Nestlingsdunen, sondern entwickeln ein rötlich braunes Gefieder mit dem sich fliegen lässt. Und sie sind dadurch unauffälliger.
Manchmal ist es darum für uns nicht leicht, sie im Laubwerk zu entdecken. Aber meistens verraten sie sich durch ihr „Lahnen”: ein immer wieder einsetzendes Rufen, das den Altvögeln gilt. Ich übersetze es am liebsten mit: „Hunger, Hunger.“
Äußerst amüsant
Den Ästlingen zuzuschauen, ist äußerst amüsant. Sie sind neugierig, reagieren auf alles Mögliche in der Umgebung – und auf uns wirken sie geradezu verspielt.
Das bestätigte sich am Pfingstsonntag, als der jüngste Spross von vier Geschwistern – alle waren von den Greifvogel-Experten um Norbert Kenntner längst beringt – geraume Zeit auf einem Ast verweilte.²
Der junge Habicht schaute in der Gegend herum und putzte sich ein wenig. Denn wenn sich die weißen Federchen der Nestlingszeit – die Nestlingsdunen – ablösen, dann nerven sie ganz offensichtlich. Sie werden mit dem Schnabel abgezupft. Manchmal schüttelt der Vogel sein Gefieder.
In diesem Fall war eine Feder mit dem Schnabel auf abenteuerliche Weise verbunden und ließ sich nicht abschütteln. Sie hing wie an einem seidenen Faden am Vogelschnabel – vermutlich handelte es sich um eine Fadenfeder, die mit Blut oder anderen Speiseresten am Schnabel festklebte. Ob sie vom Jungvogel selbst stammte, ist gar nicht mal sicher. Sie kann durchaus vom Horst zu ihm geschwebt sein.
Junger Habicht: Federspiel in vier Akten
Das komplette Video des Federspiels, das sich in dieser Situation plötzlich ergab, würde das Blog-Format sprengen. Ich habe es in vier Abschnitte aufgeteilt. Wer genauer hinhört, bemerkt vor allem im letzten Abschnitt das Lahnen der anderen Junghabichte, die in benachbarten Baumkronen hockten.
Erster Akt: Wie es begann
Zweiter Akt: Wie es weiter ging
Dritter Akt: Wie ein Idee zündet
Vierter Akt: Wie die Sache endet
Das also war das Ende des Federspiels, an dem ich vermutlich mehr Freude hatte als der junge Habicht. Mit anderen Worten: Nicht nur die Schönheit liegt im Augen des Betrachters, auch das Vergnügen.
¹ Rothabicht ist ein Begriff aus der Jägersprache.
² Von einer Habichtberingung durch das NABU-Team um Norbert Kenntner habe ich bereits ausführlich berichtet.
³ Die Nestlingsdunen sind keine Dunen im eigentlichen Sinne, sondern kleine Konturfedern.
Habicht | Autour des palombes | Goshawk | Accipiter gentilis
Liebe Elke ! Endlich habe ich zu später Stunde was spannendes zum Lesen UND Lernen gefunden. Lieben Dank ! Freue mich über Weiteres! Besonders (obwohl ich schon viele, viele Vögel erfolgreich aufzog, eine Krähe nun mit Partner von fern unser Tun beobachtet, und ich auch Mauersegler in „die frische Luft“ brachte, hat mich die Dohle interessiert. Zwei konnte ich erfolgreich aufziehen und auswildern, aber unser letzter weiblicher Clown ist schon das 3. Jahr bei uns.? lebt völlig frei im „Wild „Garten, schläft nachts in seiner Aufzuchtvoliere und hilft, oh Schreck, bei Garten arbeiten. Pikiert Blumen und erntet Beeren. Genug! Es ist einzigartig. Irgendwann wird/darf/soll er uns auch verlassen. Das wird traurig, aber ist Natur! Daß dieser ER eine SIE ist… völlig nebensächlich! (grins, grins)
Freu mich auf nächsten Beitrag !
Barbara
Das klingt ja wunderbar. Eine Dohle aufzuziehen, ist sicher aufregend und anstrengend. Aber nach allem, was ich weiß und was bekannt ist, machen die lernfähigen Rabenvögel auch viel Spaß. Das hat ja bereits Konrad Lorenz (in: Er redete mit dem Vieh … dtv 1964) sehr schön und anschaulich beschrieben.
Wunderschön, verzeihung für die spärlichen Worte, aber ich bin noch ganz frisch.
Danke Joe, ich freue mich auch über spärliche Worte sehr. 🙂
Hallo liebe Frau Büser , ich bin schon lange krank, liebe die Natur und alle Tiere. Vögel standen lange im Hintergrund…solange ich eine Katze hatte, gab es keinen Grund, sie in meinen recht kleinen Garten zu locken! Auch die nachfolgenden Hunde veränderten das Problem nur unwesentlich.
Aber als ich auch keinen Hund mehr halten konnte, suchte ich dringend neue Freunde. Ich saß, weil dann auch gehbehindert, viel in meinem Garten. Und da kamen sie mir zu Hilfe! Ich beobachte, füttere und habe sie sehr zu schätzen gelernt!
Und stolperte ganz zufällig in Ihren Blog!
Wie freue ich mich über jeden Beitrag!
Und so möchte ich mich endlich einmal
HERZLICH BEDANKEN!
ICH MÖCHTE IHN NICHT MEHR MISSEN!
Liebe Frau Stang, Ihre Worte berühren mich zutiefst. Es freut mich, dass Sie gerne meine Beiträge lesen und daran Freude haben. Das ist es ja, was ich möchte. Und: Auch ich möchte die Vögel, die mich in Dachgeschoss-Höhe und im Garten besuchen, nicht missen. Gerade hatte ich viel Freude an den Ringeltauben, die sich jedes Jahr über die Blüten der Robinien hermachen. Ich möchte diese Beobachtungen, die vielen Menschen entgehen, nicht missen. Ihnen wünsche ich alles Gute und angenehme Sommertage! Herzliche Grüße von Elke Brüser