Der Hammerkopf ist ein spannender Vogel. Was nicht nur an seiner Gestalt liegt. Er lebt im südlchen Afrika und ist hierzulande nur in Vogelparks oder Zoos zu sehen. Aktuell hat er traurige Berühmtheit erlangt: Der Zoologische Garten Berlin musste seine Pforten im November 2022 schließen, weil ein Hammerkopf dort an Vogelgrippe gestorben ist.
Wieviel Aufmerksamkeit diese Vogelart üblicherweise von großen und kleinen Zoobesuchern erhält, ist nicht bekannt. Auffällig ist der 50 – 56 Zentimeter große Vogel mit kräftigem Schnabel und seinem imposanten Federschopf allemal.
Die Federn des aufstellbaren Schopfs sind nach hinten gerichtet und erzeugen die namensgebende Kopfform. Übrigens tragen beide Geschlechter den hammerförmigen Kopfschmuck, der bei den Jungen bereits am sechsten Lebenstag erkennbar ist. Das und viel mehr verrät mir das Handbook of the Birds of the World.¹
In Brehms Tierleben aus dem Jahr 1900 ist der Hammerkopf abgebildet, sogar mit aufgerichtetem Schopf.² Damals hieß er noch Schattenvogel. Lange Zeit wurde die Art in die Storchenverwandtschaft, also die biologische Ordnung Ciconiformes, eingegliedert. Neuerdings gilt er auf Grund bestimmter Merkmale und nach genetischen Analysen als Vertreter der Pelikanartigen, also der Pelecaniformes.³
Der natürliche Lebensraum
Als Folge des grippetoten Individuums ist das öffentliche Interesse an dem hammerköpfigen Exoten aus Subsahara-Afrika hoch. Kein Zufall ist es daher, dass ich mich an meine Beobachtungen in Namibia erinnert habe und nun den Vogel in seinem eigentlichen Habitat vorstellen möchte.
Hammerköpfe leben in Regionen mit lockerem Baumbestand, sowohl in der Savanne als auch in Halbwüsten. Gewässer müssen jedoch in der Nähe sein, denn zu ihrer Hauptnahrung gehören Frösche und andere Amphibien, Krebse, Muscheln, kleine Fische u.s.w.
Ein passendes Habitat bietet auch der breite Sambesi mit seinen Sandbänken und ausgiebigem Schilfbewuchs. Dieser Grenzfluß zwischen Namibia und Angola strömt außerhalb der Regenzeit gemächlich dahin, und Schiffsverkehr gibt es hier nicht. Zwei Hammerköpfe konnte ich dort vom Boot aus in der Ferne beobachten.
Das Vogelpaar war offensichtlich hungrig. Im Flachwasser, am Rand von Sandbänken oder zwischen Wasserpflanzen, suchen Hammerköpfe regelmäßig nach Fressbarem. Manchmal treten sie mit ihren Füßen auf dem Boden herum – eine verbreitete Taktik, um verborgene Fische oder Krebschen aufzuscheuchen.
Aber der Hammerkopf kann auch mit dem Schnabel im Boden stochern. Beobachtet wurde zudem, dass er flach über die Wasserfläche fliegt und aus Fischschwärmen vorwitzige Exemplare wegschnappt, die nah an der Oberfläche schwimmen und nicht schnell genug abtauchen können.
Würmer, Insekten und kleine Säugetiere schmecken dem Hammerkopf ebenfalls. Nach denen sucht er gerne dort, wo Büffel oder Rinder weiden. Denn Huftiere wirbeln allerlei „Getier“ auf, und das ist willkommene Beute für den geflügelten „Abstauber“.
Der Hammerkopf hat übrigens manchmal Ärger mit dem afrikanischen Schreiseeadler, weil der ihm die Beute stibitzt, wenn sich eine Gelegenheit bietet. Ein ähnliches Problem hat hierzulande der Fischadler, dem der Schwarzmilan gerne seine Beute streitig macht.
Das bombastische Hammerkopf-Nest
So eindrucksvoll wie der hammerförmige Schopf ist auch das Nest dieses afrikanischen Schreitvogels. Auf ein großes Exemplar stießen wir bei einem frühmorgendlichen Rundgang in der Savanne. Eine solche Pirsch auf zwei Beinen ist ein besonderes Erlebnis – gut, dass die Löwen zu dieser Zeit (normalerweise) schlafen, unser Guide ein erfahrener Spurenleser war, ein exzellentes Gehör hatte und, für den Notfall, ein Gewehr.
Bekanntlich türmen „unsere” Störche gewaltige Nester, sogenannte Storchenhorste, auf. Auch die voluminösen Nester des Hammerkopfs sind ein Hingucker. Die bringen es auf rund 1,5 Meter im Durchmesser, sind aus bis zu 8000 Teilen gebaut und bis zu 100 Mal so schwer wie der Vogel mit seinen etwa 420 Gramm. (Das macht über 40 Kilogramm!)
Das hohe Gewicht des fast kugelförmigen Nests hängt damit zusammen, dass nicht nur Zweige und Halme verbaut werden, sondern zunächst ein kompaktes Podest entsteht, das auch viel feuchten Modder enthält. Damit werden die Einzelteile verklebt. Über der Plattform wölbt sich mit der Zeit eine Art Dach aus Zweigen.
Hammerköpfe sind ständig mit dem Nestbau beschäftigt. Sie errichten in ihrem Territorium mehrere davon und reparieren sie das ganze Jahr über. Zum Brüten brauchen sie allerdings nur ein einziges Domizil. Warum ihr Nestbautrieb – Trieb muss es durchaus heißen – derart stark ist, ist nicht klar. Klar ist aber, dass viele andere Tierarten davon profitieren.
Zu den Tierarten, die fremde Nester nutzen, gehören die Sperlinge. Sie werden nicht nur von Störchen als Untermieter akzeptiert, sondern auch vom Hammerkopf. In verlassenen Nestern brüten hingegen manchmal Eulen. Dass schließlich die dreisten Nilgänse hier nach einem Brutplatz Ausschau halten, verwundert wirklich nicht.
Etwas unheimlich sind andere Bewohner, nämlich Schlangen. Auch sie nutzen Hammerkopfnester als Behausung. Darum wird dringend davon abgeraten, die Hand in die kleine Öffnung des bombastischen Nests zu schieben.
Seltsames Verhalten
Der Hammerkopf ist sesshaft, er zieht also nicht zwischen Sommer- und Winterquartier hin und her. Er ist dämmerungs- und tagaktiv – ruht aber in der afrikanischen Mittagshitze. Bekannt ist er für eine Verhaltensweise, bei der sich ein Vogel auf den Rücken des anderen stellt. Als false-mounting wird das bezeichnet, also als falsches Besteigen.
Dieses Verhalten tritt bei Vögeln üblicherweise bei Kopulationen auf, wenn das Männchen auf das Weibchen steigt, damit die Kloaken in Kontakt kommen und Spermien übertragen werden können. Hammerköpfe besteigen einander allerdings oft, ohne dabei zu kopulieren – und wer steigt oder bestiegen wird, ist bei ihnen keine Frage des biologischen Geschlechts.
Und was soll der Balanceakt auf dem Rücken eines Männchens oder Weibchens? Es scheint dies eine soziale Geste zu sein. Sowieso sind die Vögel untereinander sehr verträglich.
¹ Handbook of the Birds of the World, Hrsg. Josep del Hoyo u.a., Lynx Edicions, Barcelona, Bd. 1, 1992
² Alfred E. Brehm: Brehms Tierleben, Leipzig & Wien, 1900, Bd 5 , S. 529 und S. 505
³ Peter H. Barthel, Christine Barthel u.a.: Deutsche Namen der Vögel der Erde, Vogelwarte 58, DO-G 2020
Hammerkopf | Ombrette du Sénégal | Hamerkop | Scopus umbretta
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