Dieser Vogel, dessen metallisch glänzendes Gefieder sofort beeindruckt, ist ein Ibis. Er trägt einen ungewöhnlichen deutschen Namen: Hagedasch. Aber dazu später.
Bekannter und durch sein schwarz-weißes Federkleid vielleicht noch attraktiver, ist sein „Bruder“: der Pharaonenibis oder Heilige Ibis, der früher mit den alljährlichen Fluten des Nils in Ägypten eintraf und entsprechend verehrt wurde.
Wer einen von diesen beiden Ibisvertretern sehen möchte und in hiesigen Zoologischen Gärten kein Glück hatte, der muss ins südliche Afrika reisen.¹
Da leben der Hagedasch wie auch der Pharaonenibis² in sumpfigen Gebieten, an Flussrändern oder auf Stränden, die teils mit Mangroven durchsetzt sind. Dort suchen sie nach Nahrung, fliegen jedoch zum Schlafen und Nisten ins Geäst von Bäumen.
Einen Nahverwandten des Hagedasch können wir in Deutschland beobachten, den Sichler (Plegadis falcinellus) – auch Brauner Sichler genannt. Und ein entfernterer Verwandter des Hagedasch ist der weiße Löffler (Platalea leucorodia), der sich erfreulicherweise auf den Ostfriesischen Inseln der Nordsee aus Brutvogel ausbreitet!
Bedrohte Ibisse
Ibisse und Löffler bilden in der biologischen Systematik eine gemeinsame Familie: Threskiornithidae. Noch existieren 26 Ibis-Arten und 6 Löffler-Arten, lese ich in dem wertvollen Handbook of the Birds of the World (Barcelona 1992, Bd. 1, S. 472). Doch viele von ihnen sind gefährdet. Früher war beispielweise bei uns die Jagd auf ihr Fleisch – insbesondere das zarte der Jungvögel – ausschlaggebend. Um 1900 waren zudem ihre schillernden Federn in Mode, was den Ibissen fast zum Verhängnis wurde.
Heute sind viele Ibissarten wie auch der Sichler vor allem durch zunehmende Habitatverluste via Austrocknung und Kultivierung bedroht. Gerade die Vernichtung von Wasserinsekten, Amphibien und Krebstieren durch Pestizide gefährdet sie weltweit. Denn im feuchten Boden stochern die Vögel mit ihrem langen, leicht gebogenen Schnabel nach solcher Nahrung.
Der südafrikanische Hagedasch, um den es hier geht, ist offenbar anpassungsfähig und sucht sogar städtische Grünanlagen und Gärten auf – vor allem wenn dort gesprengt wird. Sein Bestand ist derzeit daher nicht bedroht.
Der Hagedasch von Namibia
Ich stieß auf den Hagedasch bei einem frühmorgendlichen Spaziergang durch die Savanne. Zu zweit waren wir unterwegs mit einem fantastischen Guide, der vermutlich jeden beachtenswerten Laut und jede verdächtige Bewegung in der Ferne wahrnehmen konnte – und mit einem Gewehr bewaffnet war. Nicht umsonst, denn wir durchstreiften ein Gebiet, in dem durstige Elefanten das nahe Wasserloch oder das Flussufer aufsuchen, Löwen und Geparden auf Beute aus sind. Aber um große Säugetiere geht es hier nicht, sondern um den Hagedasch.
Den ersten sah ich an einer Biegung des Kawango³, wo der grün und bronzefarben schillernde Vogel sich von seinem Hintergrund kaum abhob. Zunächst war er am Boden unterwegs, dann flog er ins Laubwerk der Bäume, die diesen breiten und für die Caprivi-Region so wichtigen Fluss säumen. Zwischen den Blättern war er im Prinzip perfekt getarnt.
Sein Gefieder, dessen Schimmern auf Strukturfarben zurückgeht, hat mich sofort begeistert. Durchaus ein Hingucker ist der etwa gänsegroßer Vogel einerseits, obwohl er andererseits keine besonders elegante oder farbenfrohe Schönheit darstellt.
Spezielle Nahrungssuche
Manche Ibisarten – die breitschnäbligen Löffler – ziehen ihren Schnabel bei der Nahrungssuche von links nach rechts durch das Wasser. Oft sind sie als Gruppe unterwegs und brüten in Kolonien. Da macht der Hagedasch eine Ausnahme. Er lebt eher als Einzelgänger beziehungsweise als Paar, aber bei Ortswechseln – wenn etwa die Nahrung knapp wird – fliegen auch diese Vögel in Gruppen von 50 Tieren und mehr.
Die Nahrungssuche ist ein andauerndes Stochern. Wieder und wieder stecken sie ihren Schnabel in das sumpfige Gelände, wobei sie nicht visuell die Beute ausmachen, sondern taktil. Sie spüren also im Schlamm oder Morast, was Fressbar ist. Dieses Verhalten ist gut durch einen englischen Begriff gekennzeichnet: to probe – also sondieren. Dass der Schnabel bei ihrer Art sich zu verköstigen schlammig verfärbt ist, wundert nicht.
Hagedasch bei Sonnenuntergang
Ein anderes Mal traf ich auf den Hagedasch bei einer abendlichen Bootstour auf dem Zambesi. Die Sonne ging bereits unter, dadurch ist der Vogel in ein rötliches Licht getaucht. Er war mit ausgiebiger Gefiederpflege beschäftigt, bereitete sich sozusagen auf die Nachtruhe vor.
Charakteristisch für den Hagedasch ist nicht nur das bronzefarbene, grünlich schimmernde Gefieder seiner Flügel – genau gesagt der Oberflügeldecken –, sondern auch sein feiner roter Kamm auf dem Schnabel. Jungvögel haben diesen übrigens noch nicht.
Und woher stammt der Name dieser fernen Ibisart? Sicher geht er auf den Ruf des Vogels zurück. Der klingt nämlich wie ein lautes „Haaa“ oder „Ha-ha-hadeda“. Womöglich haben die Briten als passionnierte Birder oder die heimischen Südafrikaner besonders gut hingehört, weshalb er im Englischen „Hadeda Ibis“ beziehungsweise „Hadada Ibis“ getauft wurde.
¹ Ich besuchte Namibia 2019 und habe mehrfach über meine Vogelbeobachtungen berichtet, z.B. Klaffschnabel, Strauß, Schreiseeadler, Monteirotoko, Weißstirnspint, Rotbauchwürger …
² In der Erstfassung dieses Textes habe ich die neue Nomenklatur für deutsche Vogelnamen nicht berücksichtigt, wie sie etwa in Vogelwarte (Band 58, Heft 1, 2020) publiziert ist. Der aktuelle Trivialnamen für „Heiliger Ibis“ ist demnach „Pharaonenibis“. Mein Kollege Thomas Krumenacker machte mich dankenswerterweise darauf aufmerksam, und ich werde das höchstinteressante Thema der Namensgebung von Vogelarten sicher einmal gesondert aufgreifen. (Elke Brüser 2.8.2021)
³ Der Okawango, der sich in ein gewaltige Becken von Botswana ergießt, heißt als Grenzfluss zwischen Namibia und Angola „Kawango”.
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