Die Monate August und September sind bei vielen schwimmenden Vogelarten die Zeit des Federwechsels. Das lässt sich bei einem Spaziergang durch einen beliebigen Stadtpark mit Teich oder am Seeufer leicht besichtigen: Federn treiben auf der Wasserfläche und liegen im Gras.
Manche Teichbewohner sehen nun nicht besonders attraktiv aus. Meist ruhen sie träge am Ufer oder dümpeln mit einem oder zwei geschlossenen Augen auf dem Wasser dahin.
Die üblichen Streitereien unter Blässhühnern sind in diesen Monaten ebenso wenig zu beobachten wie Verfolgungsjagden unter Stockenten. Der Grund ist die Mauser, bei der neue Federn aus der Haut wachsen und dabei die alten herausschieben. Dieser Federwechsel kostet die Tiere viel Energie und behindert das Fliegen. Zeitweise sind manche flugunfähig.
Bei Wassergefieder haben wir es im Spätsommer oft mit einer Vollmauser zu tun: die kleineren, wärmenden Körperfedern werden nach und nach ebenso ersetzt wie das Großgefieder, also etwa die Federn an den Schwingen. Mehrere Wochen dauert der Austausch, bei dem gewissermaßen zerschlissenes, ausgebleichtes Material abgesondert und ersetzt wird; auf dass die Vögel gut durch den Winter kommen.
Mauser der Entenvögel
Während mache Vögel ihr altes Gefieder längerfristig durch ein unauffälliges ersetzen, bilden andere zügig jenes prächtige Federkleid aus, mit dem sie sich im Herbst verpaaren und im zeitigen Frühjahr für Nachkommen sorgen. Dazu gehören die Männchen der Stockente und der Mandarinente.
Anfang September lässt sich der Kleiderwechsel bei diesen beiden Gründelenten² gut beobachten. Die Tiere wirken manchmal geradezu drollig, weil etwa bei den Männchen (= Erpel) der „Kopfputz“ noch nicht voll ausgebildet ist oder Muster im Gefieder noch verwaschen sind. So haben die Erpel zwar bereits einen dunklen Scheitel, aber die Federn, die den aufrichtbaren Schopf oder Kamm bilden, müssen noch wachsen.
Und großartig finden es die mausernden Parkenten offensichtlich, wenn sie – wie hier in einem Berliner Stadtpark – mit Haferflocken gefüttert werden. Das bringt neue Energie, und ist als Nahrung sicher leichter verdaulich als die Eicheln, die sie im Gras finden.
Was immer wieder auffällt: In der Mauserzeit putzen sich die Vögel geradezu akribisch. Kleine Federchen fliegen dann um sie herum, kleben am Schnabel oder sonstwo. Und ich habe den Eindruck, dass ihnen wirklich „das Fell juckt“.
Auch bei Jungvögeln, die das erste Mal mausern, lässt sich das beobachten. Am Beispiel junger Habichte, habe ich das schon früher beschrieben. Und nun ein Videoschnipsel von einer adulten Stockente bei der Gefiederpflege:
Federkleid: neue Begriffe
Manchmal wird in der Biologie die Fachterminologie geändert, weil die alte unschlüssig erscheint oder neue Befunde vorliegen. Nicht immer sind alle Naturinteressierten erfreut, denn Änderungen in der Terminologie bedeuten, sich von alten Gewohnheiten zu verabschieden und umdenken zu müssen.
Beim Gefieder der Vögel sprach man bislang – ausgehend vom äußeren Erscheinungsbild – von Prachtkleid und Schlichtkleid. Auch das Begriffspaar Brutkleid und Ruhekleid war üblich. Verwendet werden die Begriffe auch weiterhin.
Neuerdings ist das Unterscheidungskriterium zeitlicher Art: Das Gefieder, das die Vögel am längsten tragen, ist das Basiskleid.* Bei Enten entspricht das dem Prachtkleid. Wenn sie nach einem Gefiederwechsel ein anderes Kleid tragen, handelt es sich um ein Alternativkleid. Es gibt diverse Mauserstrategien, die zu den verschiedenen Kleidern führen.³ Komplizierter wird das Ganze, wenn auch die Mauservorgänge von Jungvögeln einbezogen werden. Aber dazu ein anderes Mal.
Bei Zeiten aufgehübscht
Während Stock- und Mandarinente schon ab Oktober ihr Prachtkleid tragen und die Verpaarung beginnt, tauschen andere Wasservögel ihr schlichtes Federkleid später aus. Erst im Frühjahr sind sie dann so attraktiv, wie wir es vom Haubentaucher kennen. Dieser macht im September und Oktober eine „Sommermauser“ durch und vor der Fortpflanzungszeit, also im Februar und März, eine „Wintermauser“.
Nicht nur Lappentaucher wie der Hauben- und der Rothalstaucher, sondern auch Reiher legen erst spät ihr „Hochzeitskleid“ an, zu dem neben farbenprächtigem Gefieder meist auch eine Umfärbung der Beine und des Schnabels gehört.
Der über Monate unauffällige Rallenreiher entwickelt zwischen Januar und Mai zum Beispiel ein gold-gelbes Gewand mit langen Federn im Nackenbereich. Von diesen auffälligen Schmuckfedern hebt sich zur Fortpflanzungszeit der blaue Schnabel mit schwarzer Spitze wunderbar ab.
Vom Unterschied: Sexualdimorphismus
Das auffällige Prachtkleid, Brut- oder Hochzeitskleid ist für männliche Vögel kennzeichnend beziehungsweise bei ihnen besonders ausgeprägt. Bei weiblichen Vögeln hat in der Regel die Tarnung oberste Priorität – zumal bei Arten, wo nur die Weibchen brüten. Die Evolution hat ihnen folgerichtig via Selektion ein unauffälliges Äußeres beschert. Es ist jeweils angepasst an das Habitat, in dem sie leben, brüten und ihre Jungen durchbringen.
Der Sexualdimorphismus, also die äußerlichen Unterschiede zwischen den beiden Geschlechtern – morph (gr.) steht für Gestalt oder Form –, ist von Art zu Art verschieden stark entwickelt. Das ist kein Zufall, sondern Folge der biologischen Selektion.4 Hier spielt unter anderem das sexuelle Wahlverhalten der Weibchen eine Rolle: Nicht nur große, starke Männchen versprechen optimalen Bruterfolg, sondern auch prächtig gefärbte. Denn der Gefiederzustand lässt auf den Gesundheitszustand und Fortpflanzungserfolg schließen.**
Doch solche Männchen, die kleine Fischchen oder andere Geschenke überbringen, sprechen ebenfalls für besondere Fitness und lassen fürsorgliches Brutverhalten erwarten – sofern sie dabei involviert sind. Es geht also nicht nur um Demonstration von Stärke und äußerliche Pracht.
Bei manchen Vogelarten lassen sich Männchen und Weibchen jedenfalls im Gefieder kaum unterscheiden, etwa bei diversen Möwenarten, auch beim Kranich und beim Storch. Das kann daran liegen, dass wir die Merkmale übersehen oder daran, dass bestimmte Verhaltensweisen – man denke nur an den Gesang – das biologische Geschlecht markieren.
¹ Die Rotwangen-Schmuckschildkröte (Trachemys scripta elegans) lebt ursprünglich in Nordamerika. Sie wird in Europa als Haustier gehalten und – wie an diesem Berliner Gewässer – von Haltern oder Halterinnen ausgesetzt. In Süßwasserseen sind diese Sumpfschildkröten jedoch eine problematische Konkurrenz für die heimische Natur.
² Gründelenten suchen kopfüber nach Nahrung, sie tauchen in der Regel nicht. Ihr Prinzip: Köpfchen unter Wasser, Schwänzchen in die Höh‘.
³ Mehr dazu in: Sébastian Reeber, Entenvögel, Stuttgart 2017
4 Siehe u.a. Irby J. Lovette, John W. Fitzpatrick (Hrsg.), Handbook of Bird Biology, Wiley 2018 (S. 71 ff, Sexual Selection)
* Das Federkleid, das adulte Vögel Jahr für Jahr wieder anlegen und dann langfristig tragen, nennt sich definitives Basiskleid.
**Auch wenn Weibchen ihre Wahl nicht – in unserem Sinne – bewusst treffen, entscheiden sie sich auf der Grundlage dieser positiven Korrelation für die „vielversprechenderen” Männchen. Das lässt sich evoutionsbiologisch gut erklären.
Stockente = Anas platyrhynchos / Mandarinente = Aix galericulata
Haubentaucher = Podiceps cristatus / Rallenreiher = Ardeola ralloides
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