Der Fasan ist ein auffälliger Vogel. Das liegt an seiner Größe und, speziell bei den männlichen Vertretern der Art, an dem farbenprächtigen, schillernden Gefieder. Eindrucksvoll sind seine leuchtendroten Kopfseiten und der lange Schwanz.
Bei den weiblichen Fasanen hat die Tarnung Vorrang. Sie sind zwischen Gräsern und Beerensträuchern häufig kaum zu entdecken, zumal in geduckter Stellung.
Aber ihr bräunliches, in hellen und dunklen Tönen gemustertes Gefieder ist ebenfalls sehenswert.
Unterwegs sind Fasane vor allem in den frühen Morgenstunden und wenn gegen Abend bald die Sonne untergeht.
Vor allem dann kommen die etwa Hühner-großen Vögel aus der Deckung.
Als mir zuletzt Fasane begegneten, war ich auf der Nordseeinsel Spiekeroog. Mit Heringsmöwe, Silber- und Lachmöwe, mit Austernfischer, Rotschenkel und anderen Watvögeln hatte ich dort gerechnet, aber Fasane … ?
Tatsächlich begegnen sie uns auf der kleinen ostfriesischen Insel in den Dünen und nahe der Salzwiesen am Wattenmeer: Wenig scheu und unweit menschlicher Behausungen spazieren sie dort herum. Ich werde noch berichten warum und wie diese schlecht fliegenden Hühnervögel – dazu zählen sie – vom Festland aus auf die Insel gekommen sind. Zunächst einige Beobachtungen und Eindrücke vom Fasanenleben auf Spiekeroog.
Gefiederwechsel im Spätsommer
Ende Juli, Anfang August sind die Fasane voll im Gefiederwechsel. Manchen fehlt in dieser Zeit der attraktive – bei den Männchen 35 bis 45 cm und bei den Weibchen 20 bis 25 cm lange – Schwanz, bei anderen ist er unansehnlich. Das gilt um diese Jahreszeit auch für das übrige Gefieder. Es mangelt hier und da an Federn, und gleichzeitig sprießen neue in ganz frischen Farben.
Außerdem leuchtet beim Männchen die nackte, unbefiederte Haut der roten Kopfseiten nicht so kräftig wie zur Balzzeit, wenn sie links und rechts zu sogenannten Rosen förmlich aufblüht – also deutlich anschwillt.
Der erste Fasanenhahn, der mir auf Spiekeroog begegnete, hatte seine Schwanzfedern verloren und sie noch nicht ersetzt. Das hinderte ihn nicht daran, aufrecht in seinem Revier herumzustolzieren. Seine Erregung drückte er mit einsilbigen gok-Rufen aus und markierte damit zugleich sein Revier.
Mal schaute er zu mir, mal rief er, dann wieder widmete er sich den dunklen Früchten der Krähenbeere, die hier bodendeckend zwischen Dünengras, neben den roten Vogelbeeren und gelbem Sanddorn wuchs.
Fasane sind weder Wald- noch Wiesenvögel, sondern bevorzugen die offene oder halboffene Kulturlandschaft. Dass der beobachtete Hahn alleine unterwegs war, ist nicht verwunderlich. Es ist bei den Herren dieser Vogelart im Sommer üblich.
Die weiblichen Vögel kümmern sich alleine um Nest, Eier und Nachkommen. Darum sind männliche Fasane meist alleine anzutreffen, sobald sie ihre Gene bei diversen Begattungen auf mehrere Fasanendamen in ihrem Revier übertragen haben.
Einblicke ins Familienleben
Fasane sind polygyn, das heißt die Männchen begatten mehrere (poly) Weibchen (gyn) und vertreiben Rivalen. Früher sprach man von Haremsbildung, aber polygyn ist sachlicher und ergänzt den Begriff polyandrisch – also die Konstellation, bei der ein Weibchen sich von mehr als einem Männchen begatten lässt beziehungsweise diese dazu auffordert. (Das kommt zum Beispiel bei den Uferschwalben vor, wie ich kürzlich berichtet habe.)
Weibliche Fasane sind untereinander verträglicher als die Hähne. Im Frühjahr, während der Balzzeit, leben mehrere mit einem männlichen Fasan in seinem Revier. Da gibt es durchaus heftige Auseinandersetzungen, aber wesentlich kämpferischer ist der Hahn, der sein Revier gegenüber Rivalen behaupten muss. Wie wir es von Hahnenkämpfen bei Haushühnern kennen, attackieren sich die Gegner mit den scharfen Krallen und Spornen an ihren kräftigen Zehen.
Kurz vor der Eiablage sondern sich die Weibchen ab, um zu brüten. Nach dreieinhalb Wochen sind die acht bis zehn Eier ausgebrütet. Aber das ist für die Hennen weniger als die halbe Miete: Ihre Jungen sind zwar typische Nestflüchter, die schon wenige Stunde nach dem Schlüpfen das Nest verlassen und selbstständig Nahrung aufnehmen, aber sie kämen alleine nicht durch.
Wochenlang kümmert sich die Henne um den Nachwuchs: Sie zeigt den Jungen was schmeckt, und sie scharrt – ähnlich wie ein Haushuhn – am Boden, um Insekten oder Würmer freizulegen. Außerdem warnt und schützt sie die Jungen vor Prädatoren. Im Übrigen sind die Fasanenkinder wie ihre Mutter geradezu perfekt getarnt.
70 bis 80 Tage sind die Jungen vom Weibchen abhängig, schreibt Anita Schäffer in der Vogelzeitschrift Der Falke.¹ Weiter lese sich dort, dass die kleinen Fasane schon nach 14 Tagen fliegen können und mit drei bis vier Wochen so schlafen wie in der Regel ihre Eltern auch: auf Bäumen. Dort sind sie vor vierbeinigen Prädatoren weitgehend sicher.
Der Fasan und sein zeitweiliges Gruppenleben
Im Herbst lockern sich die um das Weibchen zentrierten Familienverbände auf. Insgesamt sind die Vögel in dieser Zeit deutlich sozialer als etwa während der Balzzeit im Frühjahr. Im Winter bilden sich dann oft größere Gruppen, die teils aus vielen Weibchen bestehen, teils aus ein paar Männchen. Kleine gemischte Gruppen gibt es auch.
Ich hatte Ende Juli das Glück, frühmorgens eine lockere Gemeinschaft von Fasanen zu entdecken. Zwei männliche Vögel, ein Weibchen und vier diesjährige Jungvögel waren bei den Salzwiesen nah am Hafen unterwegs.
Dass hinter den Vögeln der streng geschützte, violette Strandflieder blühte, machte die spätsommerliche Szenerie besonders schön.
Jagdeifer auch auf Spiekeroog
Der hiesige Fasan heißt auch Jagdfasan. Dass er in Westeuropa überhaupt vorkommt, verdankt er seinem schmackhaften Fleisch* und seinem attraktiven Outfit. Die bei uns lebenden Vögel wurden ihres hübschen Gefieders wegen schon vor Jahrhunderten aus Vorderasien eingeführt und in Volieren gehalten. Manche entkamen und überlebten in der Freiheit, andere wurden gezielt „eingebürgert“ sowie vermehrt, um sie als Wild zu jagen und ihr Fleisch zu essen. So geschah es auch auf Spiekeroog, wo der Vogel heute nicht mehr als Neoszoon oder invasive Art zu betrachten ist. Zu lange schon lebt er dort.
Wer ist wer?
Der Fasan (Phasianus colchius) gehört zur biologischen Ordnung der Hühnervögel. Er zählt wie das Rebhuhn, das Rothuhn und das Helmperlhuhn zu den Glattfußhühnern. Im Gegensatz zu den Raufußhühnern, etwa Birk- und Auerhuhn, sind die Füße beziehungsweise Beine der Glattfußhühner unbefiedert.
Von den rund 30 verschiedenen Unterarten sind hierzulande zwei häufig und kommen auch als Mischformen vor: Die eine Unterart ist die chinesische Variante Phasianius colchius torquatus, mit weißem Halsring, auch Ringfasan oder Chinesischer Reisfasan genannt. Die andere Unterart Phasianus colchius colchius stammt ursprünglich aus dem Gebiett zwischen Schwarzem Meer und Kaspischem Meer. Diese Variante wird als Böhmischer Jagdfasan oder wegen seiner kupferfarbenen Tönung auch als Kupferfasan bezeichnet wird.
Auf Spiekeroog wurden 1880 die Kaninchen, die dort mit ihren ausgedehnten unterirdischen Bauten die Dünen gefährdeten, gezielt ausgerottet und stattdessen Feldhasen zu Jagdzwecken ausgesetzt. 1920 wurde dann der Jagdfasan auf die Insel gebracht, um die heimische Küche zu bereichern. Als miserable Flieger, die sie sind, kommen sie von dort nicht auf das Festland.
Seither wird zur Jagd auf der idyllischen Nordseeinsel geblasen, wenn im Herbst offiziell die mehrmonatige Jagdzeit beginnt (in Niedersachsen vom 1. Oktober bis 15. Januar). In Jagdzeitschriften wird dafür auch geworben.²
Nicht nur Fasane kommen dann vor die Flinte, sondern auch Feldhasen und sogar die eine oder andere Schnepfe beim Zwischenstopp auf ihrem Weg ins Winterquartier. (Jagdzeit der Waldschnepfe in Niedersachen: 16. Oktober bis 31. Dezember).**
Davon sind Urlauber und Urlauberinnen nicht immer begeistert.³
Aber da die Pachtverträge mit der Jägerschaft noch laufen, wird auch dieses und nächstes Jahr auf Spiekeroog – das heißt im Nationalpark Wattenmeer ! – zur Jagd geblasen. Allerdings sinken deutschlandweit beim Fasan die Abschusszahlen.*** Für viele Touristen und ihre Kinder sind die Fasane ein Highlight. Das sind sie als künstlich eingeführte und gezüchtete Art aus Sicht von Biologen und Biologinnen nicht.****
¹ Anita Schäffer, Halsringe und Harems: Jagdfasan. Der Falke. Journal für Vogelbeobachter, 9, 2015, S. 9 – 11
² Markus Deutsch, Traumrevier: Treibjagd auf Spiekeroog. Wild und Hund, 8. Okt 2015
³ Imke Othmanns: Urlauber ärgern sich über Jagd auf Spiekeroog, Ostfriesen-Zeitung 26.11.2021
*Als Kind habe ich oft die von der Decke herabhängenden Fasane beim – damals so genannten – Kolonialwarenhändler bestaunt. Auf den Tisch kamen sie bei uns nie.
** Dass Waldschnepfen hierzulande weiterhin geschossen werden dürfen, ist mir unverständlich.
*** Einer Info des Jagdverbands ist zu entnehmen, dass die Zahl der jährlich geschossenen Fasane rückläufig ist. Waren es bis 2007/2008 noch 350 000 bis 450 000 pro Jahr, liegt die Größe der sogenannten Jagdstrecke seit 2013/2014 bei unter 100 000 Fasanen oder knapp darüber.
**** Jagdfasane werden seit vielen Jahrzehnten und noch heute in spezialisierten Farmen für die Ansprüche von Jägerschaft und Ziervogelliebhabern gezüchtet und vermehrt. Sie werden u.a. im Internet angeboten und im Hinblick auf die Jagdsaison ausgesetzt.
Jagdfasan oder Fasan | Faisan de Colchide | Ring-necked Pheasant | Phasianus colchicus
Ein schöner Beitrag! Ich möchte dazu eine Geschichte empfehlen: „Rotkrause, die Geschichte des Fasanen aus dem Dontal“. Es handelt sich dabei um eine der wunderbaren Tiergeschichten von Ernest Thompson Seton in einem der Lieblingsbücher meiner Kindheit: „Bingo und andere Tiergeschichten“, im Kosmos Verlag erschienen, die aus seinen Beobachtungen als Naturforscher und Wanderer entstanden.
Ich hatte bis vor kurzem ein Wochenendhaus im Sankt Jürgen Land an der Wümme (bei Bremen), eine von Fleets durchzogene, stille Wiesen – und Moorlandschaft, in der die Fasanen sich gerne aufgehalten haben; ihre Rufe gehörten einfach dazu.
Danke für diesen schönen Tipp, Angelina. Als gebürtige Bremerhavenerin kenne ich Stankt Jürgen Land gut (sehr grün und sehr schön), bin auch manchmal in der Gegend. Und tatsächlich habe ich dort beim letzten Besuch Fasane gesehen. Meine Grüße gehen in Richtung Bremen, Elke.